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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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das?«
    »Um wie viel Uhr?«
    Neundorf nickte.
    »Was weiß ich. Gegen fünf etwa schätze ich.«
    »Gegen fünf Uhr heute Morgen?« Der Anruf des Zeugen, der Hellner über die Frau gebeugt beobachtet haben wollte, war um 5.18 Uhr bei den Reutlinger Kollegen eingegangen. Der Mann hatte erwähnt, von zu Hause, seinem Festnetzanschluss anzurufen. Er habe einen frühen Trainingslauf durch die Straßen seiner Umgebung unternommen, dabei Hellner in dessen Garten gemeinsam mit der Toten entdeckt.
    Könnte von der Zeit her also stimmen, überlegte Neundorf, die Aussage des jungen Mannes im Ohr. Und auch was den vorläufigen Befund des Gerichtsmediziners anbelangte, ließ sich die Übereinstimmung erlangen. Knapp allerdings, sehr knapp. Zwischen Mitternacht und fünf Uhr, hatte Dr. Schäffler erklärt, in diesem Rahmen etwa. Was eher dafür sprach, dass die Frau schon früher getötet worden war.
    Warum war sie dann aber erst so spät entdeckt worden? Weil Hellner sie in seinem kleinen Haus mitten in der Nacht ermordet und erst am frühen Morgen in den Garten geschafft hatte, was zufällig beobachtet worden war? Oder weil eine fremde Person sie irgendwann auf seinem Grundstück getötet oder dort abgelegt hatte? Wobei ihr das Letzte doch reichlich unwahrscheinlich vorkam. Weshalb sollte jemand diese Mühe auf sich nehmen, eine Tote eigens in einen fremden Garten zu schaffen und sie dort abzulegen?
    Nein, so verrückt war doch wohl niemand. Wenn die Frau nicht an Ort und Stelle ums Leben gekommen war, dann doch wohl im Haus. In dieser doch etwas schmuddeligen Bruchbude, die so auffällig aus ihrer Umgebung herausstach, dass es schon fast in den Augen schmerzte. Und im Zusammenhang mit diesem seltsamen Menschen, der behauptete, mitten in der Nacht durch das Wehen des Windes aus dem Schlaf gerissen und dadurch auf die Leiche aufmerksam geworden zu sein. Gab es eine dümmere Ausrede?
    Sie wandte sich wieder Hellner zu, musterte seine immer noch verschlafen wirkende Miene. »Wo waren Sie heute Nacht?«, fragte sie.
    »Ich?« Hellner legte seine Stirn in Falten. »Wieso?«
    »Jetzt beantworten Sie doch ganz einfach meine Frage.«
    »Wo soll ich gewesen sein? Hier natürlich.« Er deutete zu der Tür, durch die sie gekommen war. »Im Bett. Nachts pflege ich zu schlafen.«
    »Allein?«
    »Allein, ja.«
    »Die Frau leistete Ihnen nicht zufällig Gesellschaft?« Sie gab mit einer Kopfbewegung in die Richtung des anderen Raums deutlich zu verstehen, was sie meinte.
    »Sind Sie verrückt?« Die Stimme des Mannes drohte sich zu überschlagen. »Ich kenne sie nicht. Ich sagte es Ihnen doch, ich habe die Frau noch nie gesehen.«
    Sie verfolgte, wie sein Gesicht dunkelrot anlief und sich in eine von Zorn geprägte Grimasse verwandelte. Wie in der Schauspielschule trainiert, Entrüstung so unübersehbar nach außen getragen, damit sie niemand übersieht, schoss es ihr durch den Kopf. Götz Hellner, ein besonders begabter Darsteller.
    »Ich weiß nicht, warum Sie mir unbedingt etwas anhängen wollen«, zischte der Mann mit hasserfüllter Miene, »aber mir jetzt auch noch mit einer Bettgeschichte mit einer Frau, die ich nicht kenne, zu kommen, das ist der absolute Höhepunkt.«
    Neundorf spürte das Vibrieren ihres Handys, erinnerte sich an die Kleidung der Toten. »Haben Sie irgendetwas mit den Auseinandersetzungen um
Stuttgart 21
zu tun?«, fragte sie.
    »Was soll die dumme Frage?«
    »Beantworten Sie sie doch einfach.«
    »Nein«, erklärte der Mann mit hochrotem Kopf. »Außerdem geht Sie das überhaupt nichts an.«
    »Und was tun Sie beruflich?«, fragte sie.
    Er nuschelte mehrere Worte vor sich hin. Irgendwann glaubte sie den Begriff »Baubranche« zu verstehen. Sie griff in die Tasche, warf einen kurzen Blick auf das Display ihres unermüdlich vibrierenden Mobiltelefons. Der Anruf kam aus dem Amt, brachte vielleicht neue Informationen zu der Untersuchung. Sie wandte sich von dem Mann ab, nahm das Gespräch an.
    »Wir haben einen Hellner, Götz …«, mühte sich Stöhr, zu einer konkreten Aussage zu finden.
    »Im Computer?«
    »Hm, ja. Eine seltsame Sache.«
    »Was heißt das auf deutsch?«
    »Der Tod seines Vaters.«
    »Was ist damit?« Ihre Stimme gewann an Lautstärke und Aggressivität.
    Hellner betrachtete sie misstraurisch.
    »Dieser Götz …«
    »Ja, weiter!«
    »Er war angeklagt, seinen Vater getötet zu haben.«
    »Wie bitte?«, rief sie laut.
    »Es gab einen Prozess.«
    »Und?«
    »Er wurde freigesprochen. Wenn ich das hier

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