Schwaben-Freunde: Kommissar Braigs 16. Fall (Schwaben-Krimi) (German Edition)
anschauen!«
Die Kommissarin hatte ihr privates Prepaid-Handy aus der Tasche gezogen und mehrere Seiten des Ordners fotografiert, dann Braig aufgefordert, dasselbe zu tun. »Zur Sicherheit. Damit wir das Material doppelt haben, falls irgendjemand auf die Idee kommen sollte, es zu vernichten.«
Er hatte sich die Papiere vorgenommen und schon beim ersten Anblick begriffen, was seine Kollegin in solche Aufregung versetzt hatte.
Stuttgart, 12. 06. 2013
Anwaltskanzlei Reinhold Rielke
Im Auftrag des Verbandes süddeutscher Industrieunternehmen und Gewerbetreibender erwerben wir zur Förderung der politischen Karriere und zur Profilierung seiner im öffentlichen Leben stehenden Persönlichkeit die international anerkannte BUONA-GRAPPA-MEDAILLE für Herrn Eduard Theodor Söderhofer
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Kostenpunkt: 100.000 Euro
Der Empfänger der BUONAGRAPPA-MEDAILLE verpflichtet sich, seine zukünftige Arbeit gemäß den Werten unserer Stiftung zu gestalten. Seine Grundhaltung und seine politischen Aktivitäten werden also allein an christlichen, das heißt den Interessen und dem Profit unserer Unternehmen dienenden Zielen orientiert sein
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Die Verleihung findet am 20. 11. 2012 in Stuttgart statt
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38. Kapitel
So viel zu unserem Ehrenpreisträger«, meinte Neundorf. »Bleibt nur die Hoffnung, dass wenigstens ein paar Leute unsere angebliche politische Hoffnung in einem anderen Licht sehen werden.«
Sie hatten die Arbeit der Spurensicherer und des Gerichtsmediziners begleitet, sich dann per Handy bei Claudia Steib gemeldet und um ein kurzes Gespräch nachgesucht.
»Heute Abend noch?«, hatte sich die Journalistin erkundigt.
»Heute Abend noch«, hatte Neundorf bestätigt.
»Dann müssen Sie nach Urbach kommen. Ich bin hier bei meinen Freunden, Familie Weidner.«
Keine dreißig Minuten später waren sie vor dem Mehrfamilienhaus in Urbach angelangt. Braig entdeckte den Namen auf der untersten Leiste, drückte auf die Klingel.
Die Tür wurde geöffnet, eine schmale, drahtige Frau um die Vierzig stand im Treppenhaus.
»Frau Weidner?« Er sah das zustimmende Nicken, stellte sich und seine Kollegin vor. »Wir haben mit Frau Steib telefoniert.«
»Ich weiß. Kommen Sie, bitte.« Sie ließ sie in die Wohnung eintreten, führte sie in ein seltsam möbliertes Wohnzimmer, dessen Rückfront fast bis zur Decke mit Schränken, Kisten und Kartons vollgestellt war. Im Eingangsbereich dagegen herrschte gähnende Leere. Braig hatte die Einrichtung verwundert wahrgenommen, bemerkte erst jetzt, dass zwei weitere Personen um einen Tisch im rechten Eck des Raumes saßen: Claudia Steib und ein ihnen unbekannter Mann.
»Das ist Karsten, mein Mann«, stellte ihre Gastgeberin die beiden vor, »Frau Steib ist Ihnen ja bekannt.«
Braig reichte beiden die Hand, sah, dass der Mann im Rollstuhl saß. Im selben Moment begriff er den Sinn der Einrichtung: Der Rollstuhlfahrer sollte möglichst großen Bewegungsspielraum zur Verfügung haben.
»Wollen Sie Platz nehmen und etwas trinken?« Petra Weidner wies auf zwei Stühle vor dem Fenster.
Braig und Neundorf nahmen das Angebot an, baten um Wasser. Die Frau verschwand kurz in die Küche, kehrte mit zwei Gläsern und einer Flasche zurück. Sie schenkte ihnen ein, reichte ihnen die Gläser.
Neundorf bedankte sich. »Sie sitzen zusammen und feiern?«, fragte sie.
Petra Weidner zeigte auf den Tisch vor ihnen. »Feiern? Sehen Sie irgendwo Sekt oder Champagner?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, wir haben keinen Anlass zum Feiern. Niemand hat Geburtstag. Wir sitzen einfach zusammen und plaudern.«
»So würde ich das auch sagen«, stimmte Claudia Steib ihr zu. »Und Sie? Was führt Sie beide so spät noch zu uns?«
»Die DVD«, sagte Neundorf. »Wir fragen uns, wie Sie zu diesen delikaten Aufnahmen kommen.«
»Und Ihre Fahrt nach Glupfmadingen«, ergänzte Braig, »die Sie zum gleichen Zeitpunkt wie Rassauer und Rielke machten, würde uns interessieren.«
Claudia Steib saß unbeweglich in ihrem Sessel, hielt den Blicken der Kommissare ohne mit der Wimper zu zucken stand. Karsten und Petra Weidner verfolgten die Szene mit merklicher Unruhe.
»Mein Partner ist Journalist«, begann Neundorf von Neuem. »Thomas Weiss. Er hat mir einiges über Ihre Arbeit erzählt.«
»Thomas Weiss.« Claudia Steib fuhr sich über die Stirn. »Doch, ich habe einige Artikel von ihm gelesen. Er lässt sich nicht unterkriegen.«
»Thomas hat mir auch die wahren Hintergründe Ihres
Sabbaticals
«, sie betonte das Wort,
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