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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Hano, jetzt dehnt Se doch net so. Sie wäret doch dabei, wie der mei Angela agfalle hot.«
    Braig überlegte, wovon die Frau sprach, erinnerte sich dann wieder an die Szene auf der Straße. »Dieser streunende Hund«, er warf einen Blick auf die Vermisstenanzeige, las den Namen des Tieres, »Woody, gehört Frau Layer«, versuchte er mitzudenken.
    »Uf die Idee, dem Ziefer so en verrückte Name zu gebe, muss oiner erseht komme. Des fällt bloß so überkandidelte Städter ei.«
    »Frau Layer stammt aus einer größeren Stadt?«
    »Was woiß i? Fraget Se doch die Nudelpfuscher, die wissets bestimmt!«
    »Die Kindlers? Was haben die mit Frau Layer zu tun?«
    »Hano, die hent des Weib doch nach Oettinge bracht. Ohne die Fabrik war die doch net da her zöge!«
    Braig nahm die Antwort der Frau überrascht zur Kenntnis, erkundigte sich nach den Zusammenhängen zwischen der Vermissten und der Nudelfabrik.
    »Des dürfet Se mi net frage«, wurde er beschieden, »i hoiß net Kindler.«
    »Aber Sie haben Frau Layer als vermisst gemeldet.«
    »Isch des verböte? Es isch schließlich mei Angela, die von dem Streuner ständig belästigt wird.«
    »Seit wann?«
    »Dienstag«, sagte Frieda Bachmann, »seit Dienstagmorge saut des Ziefer durch die Gegend. Dabei hat die sonscht immer genau ufpasst, dass der ja net frei rumlauft.«
    »Frau Layer führt ihren Hund normalerweise an der Leine?«
    »Immer. Nur drauße uf de Wiese lässt die den springe.«
    »Warum haben Sie sich nicht bei ihr beschwert, dass ihr Hund herumstreunt?«
    »I hans ja scho dreimal probiert – aber die isch net dahoim. Am Dienstag han i bei ihr vorbei guckt, gestern wieder und dann heut Morge – jedes Mal für d’ Katz. I sag Ihne, des isch net koscher. Mit dere isch was net in Ordnung. Die dät ihren Hund net mehrere Däg allei lasse.«
    »Frau Layer lebt allein?«
    »Fraget Se mi was Leichteres! In Oettinge jedenfalls hat se niemand bei sich.«
    »Und ihre Verwandten? Eltern oder Geschwister, wissen Sie einen Namen oder eine Adresse?«
    »Bin i von der Polizei oder Sie?«
    Braig merkte, dass die Unterhaltung nicht mehr viel brachte, bedankte sich für die Auskunft Frieda Bachmanns. So bruchstückhaft seine Informationen über die angeblich verschwundene Frau auch waren, er fühlte sich verpflichtet, ihren Verbleib zu überprüfen, schien es doch tatsächlich engere Verbindungen zwischen ihr und den Nudelfabrikanten zu geben, als er bisher gewusst hatte.
    Er nahm seine Tasse, lief zur Anrichte, füllte den Rest des Kaffees ein, gab Milch dazu. Dass der Hund einer Frau, die ihr Haustier sonst akribisch an der Leine führte, frei herumstreunte und die Herrin selbst spurlos verschwand, mochte einem Versehen entspringen – vielleicht war Sabine Layer aus beruflichen oder privaten Gründen gezwungen gewesen, Oettingen Hals über Kopf für ein paar Tage zu verlassen, hatte dabei aber vergessen, ihr Tier ins Haus zu schließen und die Nachbarn von ihrer Situation zu unterrichten. Dass dies aber genau in dem Moment geschehen war, als eine Nachbarin, mit der sie – weshalb auch immer – näher zu tun gehabt hatte, getötet wurde, ließ die Sache in einem anderen, weit problematischeren Licht erscheinen. Hatte Sabine Layer mit dem Verbrechen zu tun? War sie demselben Täter in die Hände gefallen, der auch Marianne Kindler ermordet hatte?
    Braig spürte die Schweißtropfen, die von seiner Stirn perlten, trank den Kaffee, schaltete die Maschine aus. Er hatte Mühe, sich zu konzentrieren, wusste nicht, in welche Richtung er seine Gedanken lenken sollte. Eine andere Schlussfolgerung nämlich, die das plötzliche Verschwinden Sabine Layers nicht weniger logisch erklärte, trat ihm immer deutlicher vor Augen: War die Frau vielleicht deswegen nicht mehr zu finden, weil sie ihre Nachbarin ermordet und dann blitzschnell in einen fernen Unterschlupf abgetaucht war?

11. Kapitel
    Zehn Minuten vor vier überquerte Braig den Bahnhofsvorplatz in Oettingen, nahm Kurs auf die Tordis-Hoffmann-Straße. Der Zug war bis auf den letzten Platz besetzt gewesen, müde Gesichter, vor sich hindämmernd oder hinter großformatigen Zeitungen versteckt rings um ihn verteilt, die ersten Abkömmlinge des meist in den frühen Morgenstunden begonnenen Arbeitstages. Braig hatte darauf gehofft, die Fahrzeit als Ruhepause zu genießen, wenigstens in diesen Minuten Abstand von seinen beruflichen Ermittlungen zu finden, doch so sehr er sich auch darum bemühte, seine Gedanken kreisten insgeheim weiter

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