Schwaben-Gier
haben das einige immer noch nicht begriffen.«
Sie verabschiedeten sich von dem Kollegen, betraten Braigs Büro. Der Raum war von würzigem Kaffeeduft erfüllt.
»Das ist genau die Droge, die ich jetzt dringend benötige«, erklärte Neundorf.
Er nickte, eilte zur Anrichte, sah, dass er vergessen hatte, die Kaffeemaschine auszuschalten. Ein winziger Rest dunkler Brühe schwappte aus der Kanne, als er sie über dem Waschbecken ausspülte. Er füllte Pulver und frisches Wasser ein, hörte das explosionsartige Zischen, mit dem das Gerät seinen Betrieb wieder aufnahm.
»Eifersucht«, sagte Neundorf. »Damit haben wir nichts zu tun, oder?«
Er blieb neben der Kaffeemaschine stehen, sah zu ihr hinüber. »Du meinst Frau Kindler?«
»War es doch eine Beziehungstat?«, bestätigte sie seine Vermutung.
Braig spürte seinen müden Kopf, seufzte. »Lass uns zuerst das Auto suchen. Ich weiß im Moment keinen anderen Weg.«
Neundorf nickte, wandte sich seinem Schreibtisch zu. »Ist das die Vermisstenmeldung?«, fragte sie, auf ein Blatt auf seiner Ablage deutend.
Er durchquerte den Raum, überflog den Text, reichte ihn ihr. »Felsentretter brachte sie heute Vormittag vorbei.«
»Sabine Layer«, las Neundorf laut, »Klaus-Röder-Weg 12. Drei oder vier Häuser neben der Nudelfabrik, richtig?«
»Ich denke, ja.«
»Letztes Lebenszeichen Montag neunzehn Uhr. Ist das nicht genau die Zeit …?« Sie ließ den Rest der Frage offen, sah sein zustimmendes Nicken. »Kann das Zufall sein?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich habe kein gutes Gefühl. Irgendwie ist mir das zu viel Zufall auf einmal.«
Sie nickte, bestätigte seinen Verdacht. »Wir müssen überprüfen, ob es Verbindungen zwischen Marianne Kindler und der vermissten Frau gibt. Haben wir sie im Register?«
Braig schaltete seinen Computer ein, loggte sich in die entsprechende Datei, gab den Namen ein. Sekunden später hatte er das Ergebnis. Eine Sabine Layer war unbekannt.
»Ein unbeschriebenes Blatt«, sagte sie, »wissen wir etwas über Verwandte oder Bekannte der Frau?«
»Keine Ahnung«, antwortete er, »das Papier ist meine einzige Informationsquelle. Am besten versuche ich es bei den Kollegen, bei denen die Anzeige aufgegeben wurde.«
Er gab die am oberen Rand des Blattes in nur schwer lesbaren Ziffern aufgedruckte Telefonnummer des Ludwigsburger Polizeireviers ein, hatte nach kurzem Warten einen Kollegen am Apparat. Braig schilderte sein Anliegen, erfuhr, dass die Vermisstenmeldung am frühen Morgen von einer Frau Bachmann aufgegeben worden war.
»Bachmann?«, fragte er überrascht.
»Bachmann, Frieda«, bestätigte der Kollege, »wohnhaft in Oettingen, Klaus-Röder-Weg. Wollen Sie die Rufnummer der Frau?«
Braig bat darum, notierte sie.
»Du kennst die Frau?«, fragte Neundorf, nachdem er das Gespräch beendet hatte.
»Kennen ist zu viel gesagt. Ich habe sie gestern zufällig getroffen, als ich in Oettingen war. Sie äußerte sich ziemlich abfällig über die Kindlers und die Qualität ihrer Nudeln.«
»Abfällig? Weshalb?«
»Ich weiß es nicht. Es kam mir nur seltsam vor. Wieso kaufen so viele Restaurants ihre Produkte, wenn die angeblich nichts wert sind?«
»Da steckt etwas anderes dahinter. Wir sollten uns die Frau vornehmen, vor allem jetzt nach dieser Vermisstenmeldung.«
»Ich rufe sie sofort an. Noch bevor ich fahre.« Er lief zur Anrichte, griff sich zwei Tassen, füllte sie mit Kaffee und Milch, reichte eine davon seiner Kollegin.
Neundorf bedankte sich, zeigte auf ihr Büro. »Ich mache mich an meinen Bericht. Ich hoffe, du hast mir alles korrekt erklärt. Wir hören voneinander.«
Er nickte, kehrte mit der Tasse in der Hand zu seinem Schreibtisch zurück. Sein Kopf schmerzte, er fühlte sich müde und ausgelaugt. Der Duft des Kaffees strich in seine Nase; er setzte sich, trank Schluck für Schluck, sah auf seiner Uhr, dass es auf halb drei zuging. Er stellte die Tasse zurück, griff zum Telefon.
Frieda Bachmann nahm schon nach dem ersten Läuten ab. »Ja, was isch?«
»Braig«, stellte er sich vor, dachte an die beiden Gespräche, die er vor und nach seinem Besuch der Nudelfabrik mit ihr geführt und wie sie ihn dabei bezeichnet hatte, »der Kriminaler, mit dem Sie sich gestern unterhalten haben.«
»Ja und?«
»Sie haben eine Vermisstenanzeige aufgegeben.«
»Achso, deswege rufet Sie a. Ja, des mit dem streunende Dier isch a Sauerei. Die Kugelfuhr goht mir gewaltig uf de Seier.«
»Wovon sprechen Sie?«
»Von was i red?
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