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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Frauenhandel im Kosovo zu enthüllen, nicht gäbe.«
    Neundorf richtete sich in ihrem Stuhl auf, schaute ihren Kollegen skeptisch an. »Das ist seltsam. Normalerweise gibt es zumindest doch einige Gerüchte, wo wir uns genauer umsehen sollten.«
    »Ich weiß im Moment nur einen Ansatzpunkt weiterzukommen: Ich muss Frau Breidle fragen, welche Verbindungen ihr Mann zum Kosovo, nach Mazedonien oder zu Kfor-Truppen hatte. Vielleicht war er dort und ist dabei Menschenhändlern auf die Spur gekommen? Uns fehlt bisher jeder Hinweis darauf, was die Angelegenheit mit Breidles Beruf als Journalist zu tun hat. Vielleicht kann mir die Frau weiterhelfen.«
    Neundorf zog den Blumenstrauß zu sich her, roch an den Blüten, sog wohlig das Aroma ein. »Was mir dazu noch einfällt«, sagte sie dann, »wie steht es eigentlich mit deutscher Beteiligung?«
    »Die Bundeswehr?« Braig zog seine Stirn in Falten. »Du meinst, inwieweit deutsche Soldaten an den Bordell-Besuchen beteiligt sind?«
    »Das liegt doch nahe, oder?«
    »Drei oder vier Morde zur Verteidigung der Ehre deutscher Soldaten?«
    Neundorf hatte sich von ihrem Platz erhoben, nickte mit dem Kopf. »Genau das. Deutsche Soldaten tun so was nicht. Und sei es, dass ein paar Leute sterben müssen, um den Skandal vor der Öffentlichkeit zu verbergen.«

37. Kapitel
    Es war schon kurz nach Zehn, als sie die Pension in Esslingen endlich verließen. Sie hatten sich noch ein paar Stunden Schlaf gegönnt, um einigermaßen ausgeruht in den Tag zu starten, waren dann dazu übergegangen, Michaela Königs Aussehen – soweit möglich – zu verändern. Sie färbte ihre Haare in ein dunkles Blond, ließ sich von Weidmann in einem nahen Laden ein schwarzes Sweat-Shirt und helle Jeans besorgen. Noch vor dem Frühstück im Speiseraum der Pension diskutierten sie Punkt für Punkt den geplanten Ablauf des Tages. Verena Litsches Faible für alte Kirchen rekapitulierend, einigten sie sich darauf, zuerst Gotteshäuser mit einem besonderen Baustil zu untersuchen, soweit sie mit der S-Bahn oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen waren. Da die Journalistin in Tübingen gelebt und gearbeitet hatte, waren Kirchen, die nicht allzu weit von der Universitätsstadt entfernt lagen, mit besonderer Präferenz zu beachten. Aus pragmatischen Gründen wollten sie mit ihren Nachforschungen in Esslingen selbst beginnen.
    Die St. Dionys-Kirche war trotz der frühen Stunde und des Werktags interessierten Besuchern bereits zugänglich. Sie betraten das gewaltige Gotteshaus durch ein Seitenportal, blickten sich vorsichtig nach allen Seiten um. Nur ein junges Paar hielt sich – in andächtige Betrachtung des Chorgestühls versunken – im weitläufigen Inneren auf.
    Michaela König entnahm der Informationstafel ain Eingang, dass die Kirche aus dem 13. und 14. Jahrhundert stammte, fand aufgrund ihrer nervlichen Anspannung jedoch keine Ruhe, sich von der schlichten Anmut des Gotteshauses ergreifen zu lassen. Zwar hatte ihr der Tag in der Pension gut getan und die Gesellschaft des Journalisten die wohltuende Wirkung nach sich gezogen, dass ihre Angst vor den Verfolgern nicht noch weiter angewachsen war, doch lagen die schlimmen Ereignisse der vergangenen Tage nach wie vor wie eine schwere, kaum mehr tragbare Last auf ihr und lähmten jeden Gedanken an ein normales, sorgenfreies Leben.
    Weidmann versuchte alles, ihr Mut zu machen und neue Hoffnung zu vermitteln. Gut gelaunt von seiner kleinen Einkaufstour war er am Morgen in die Pension gekommen, hatte ihr die neuen Kleidungsstücke und die aktuelle Ausgabe der tageszeitung präsentiert. Das Gesicht des Bärtigen auf der Titelseite, ihr Bericht von der Ermordung Verena Litsches und des Taxifahrers sowie ihrer Verfolgung unmittelbar daneben. Der Verbrecher war gut getroffen, sein Aussehen bis auf einige Partien um die Augen und die Nase fast lebensecht skizziert.
    »Glauben Sie, dass die jetzt endlich Ruhe geben?«, hatte Weidmann fast triumphierend über den Abdruck seines Artikels auf der Titelseite gefragt.
    »Nein«, war sie nach wie vor überzeugt gewesen, »das hält die nicht davon ab, mich weiter zu jagen. Sie kennen die Verbrecher nicht, haben nicht mitbekommen, was ich erlebt habe, wissen nicht, wie gefährlich die sind. Die geben keine Ruhe, bis sie das Material haben, es ist zu brisant.«
    Sie hatte das Erlöschen des Hoffnungsschimmers in seinen Augen genau gesehen, seine Enttäuschung darüber, dass es ihm nicht gelungen war, sie

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