Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
aufzumuntern und mit neuer Kraft, neuer Energie zu beseelen. So schnell würden die nicht aufgeben, spürte sie, nach all dem, was ihr in den letzten Tagen widerfahren war, würden die nicht zurückstecken, bevor sie die Diskette mit Verenas Recherchen in ihren Händen hielten.
    »Unter dem Sitz der Bänke?« Klaus Weidmann starrte auf das dunkle Holz des Mobiliars, beobachtete Michaela König, die sich in der letzten Reihe niedergelassen hatte und sorgsam das Holz unter der Bank abtastete.
    Sie nickte, rutschte langsam zur Seite. »Sie links, ich rechts. Einverstanden?«
    Der Journalist lief zum Mittelgang, setzte sich. Er bückte sich, ließ seine Hand sorgsam über die Unterseite des massiven Sitzes gleiten, schob sich langsam zur Seite. Glattes, meist lackiertes Holz, ab und an eine raue Fläche, deren Splitter ihm in die Finger stachen, alle paar Meter ein Nagel oder eine Schraube.
    Er tastete Sitzreihe um Sitzreihe ab, hielt erst ein, als sein Rücken so schmerzte, dass er sich für kurze Zeit kaum mehr bewegen konnte. Das junge Paar kam langsam näher, beachtete ihn kaum. Er schaute zur Seite, sah, wie Michaela König in gebückter Haltung auf einer Bank entlangrutschte.
    Weidmann verharrte ein paar Sekunden, sah sich um. Noch war außer den jungen Leuten niemand zu sehen.
    Mein Gott, wenn uns jetzt jemand beobachtet, überlegte er, was dann? Alarmieren die die Polizei oder stecken sie uns in die Psychiatrie?
    Er erlaubte sich keine weiteren Spekulationen, versuchte, Michaela König zu folgen.
    Zwanzig Minuten später hatten sie alle Bänke der St. Dionys-Kirche untersucht, vergeblich. Keine Diskette, keine Papiere, nichts. Nur raue, an mehreren Stellen mit kleinen Holzsplittern gespickte Hände, schmerzende Rücken.
    »Glauben Sie wirklich, dass wir das Material so finden?«, fragte er schon entmutigt.
    Michaela König warf einen Blick nach vorn zu dem an beiden Seiten des Gotteshauses aufgereihten Chorgestühl, ließ Weidmann stehen. »Wollten nicht Sie mir Mut machen?«, antwortete sie kurz.
    Er sah, wie sie sich den mit prächtigen Schnitzereien verzierten dunklen Bänken näherte, dann, nach einem Blick in den Kirchenraum die Unterseite der Sitze abzutasten begann. Zuerst links, dann rechts.
    »Wenn Sie keine Lust mehr haben, mache ich es allein.«
    Weidmann schüttelte den Kopf. »Verzeihung, so war es nicht gemeint. Mein Rücken schmerzt noch von der Nacht, meine Hände tun weh. Ich bin gerade etwas frustriert.« Er verstummte, drehte sich um, starrte zum anderen Ende des Gotteshauses hin, wo laute Stimmen zu hören waren. Eine Gruppe Jugendlicher hatte die Kirche betreten, wurde von ihrem erwachsenen Begleiter nur mühsam zur Ruhe gebracht.
    »Den Frust sollten Sie noch etwas zurückstellen. Ich fürchte, wir werden uns noch ein paar Kirchen ansehen müssen.«
    Sie verließen den jetzt von einem stetigen, teils geflüsterten, teils lauten Redeschwall erfüllten Raum, sahen die beiden Türme auf der anderen Seite des Marktplatzes. Weidmann nickte nur, als er Michaela Königs Blick bemerkte. Sie mussten die Kirche überprüfen, durften sich nicht jetzt schon von erlahmendem Elan und schmerzenden Muskeln davon abhalten lassen.
    Das katholische Münster St. Paul lag keine zweihundert Meter von der St. Dionys-Kirche entfernt. Das Gotteshaus stand offen, zeigte einen schlichten, fast protestantisch nüchternen Innenraum. Michaela König und der Journalist musterten die Kirche, sahen zwei ältere Frauen in einer der hellen, modernen Bänke sitzen. Sie verteilten sich, warteten, bis die beiden Besucherinnen gegangen waren, begannen dann wieder, die Unterseite des Holzes abzutasten. Sitzreihe um Sitzreihe, Bank um Bank. Fünfzehn Minuten später waren sie vorne angelangt. Keine Diskette. Nichts.
    Ob sie nicht doch einer völlig absurden Idee verfallen waren?
    Michaela König versuchte, die aufkommenden Zweifel zu verdrängen. Das Schatzsucherspiel, Verena Litsche hatte ihr oft genug davon erzählt. Stundenlang waren sie unterwegs gewesen, die richtige Kirche, die ausgewählte Bank zu finden. Ein todsicheres Versteck. Nichts ist so sicher wie der Ort des Herrn.
    Sie durften nicht resignieren, nicht jetzt schon, nach gerade einmal zwei Kirchen. Verena hatte doch nicht damit rechnen können, dass die Freundin alles absuchen musste.
    »Und jetzt?«, fragte Weidmann.
    Sie liefen schweigend zum Ausgang, nickten einer jungen Frau freundlich zu, die eine Kerze anzündete.
    »Wir müssen in eine andere

Weitere Kostenlose Bücher