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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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übersehen, er versperrte den kompletten Straßenzug. Autos und Busse warteten auf die Freigabe der Fahrbahn, ihre Fahrer hatten die Motoren abgestellt und waren mitsamt den Fahrgästen auf die Straße geeilt, um das Geschehen auf dem Dach besser verfolgen zu können.
    Braig bat Ann-Katrin Räuber, ihm den Vortritt zu lassen, sprang hastig auf die nach oben gaffende, heftig miteinander diskutierende Menge zu, zog seine Waffe. Ziegelscherben in allen Größen lagen über die Straße verstreut, mehrere Autos waren von Dellen auf dem Dach und Einschlagspuren auf den Scheiben gezeichnet. Polizeiobermeister Busch und ein weiterer Kollege mühten sich vergeblich damit ab, die Menschen auf die andere Seite der steil abfallenden Straße zu treiben.
    Braig grüßte Busch und den anderen Beamten, starrte dann nach oben, wo ein großer bulliger Mann gerade Anlauf nahm, vom Dach eines Gebäudes auf das eines niedrigeren Nachbarhauses zu springen. Die Menschenmenge hinter ihm verstummte, als der Mann in der Luft schwebte, dann prasselte ein wilder lebensgefährlicher Scherbenregen von scharfkantigen Ziegelbrocken auf die Umgebung nieder. Braig brachte sich im Eingangsbereich eines Geschäfts in Sicherheit, hörte plötzlich das Schreien der gaffenden Passanten. Er fand keine Zeit, nach oben zu schauen, vernahm einen kräftigen Schlag, glaubte zuerst, jemand habe einen Sack mit alten Kleidern aus dem Fenster auf die Straße geworfen. Erst als er das schrille, markerschütternde Kreischen mehrerer Männer und Frauen vernahm, begriff er, was geschehen war.
    Er sprang auf die Straße, sah die Überreste des Mannes vor sich liegen. Ein Klumpen aus Fleisch und Knochen, umgeben von Lachen aus Blut. Ob es sich, wie er vermutete, um den gesuchten Georg Almader handelte, war nicht mehr zu erkennen: Das Gesicht war seltsam verformt, von roten Placken überzogen.
    Das hysterische Kreischen rund um den Unfallort schien kein Ende zu nehmen. Immer neue schrille Schreie, immer neue Bekundungen von Schock und Entsetzen. Dennoch nahm die Menge der Gaffer nicht ab, sondern zu. Ständig neue Passanten strömten in die Nähe, versuchten, einen Blick auf die entstellte Leiche zu werfen, ließen Polizeiobermeister Buschs und seines Kollegen Bemühungen, den von Steinschlag gefährdeten Bereich der Straße freizuhalten, fast unmöglich werden.
    Braig sah, wie Ann-Katrin Räuber auf den Toten zustürzte, das Handy am Mund, den Ruf nach dem Notarzt auf den Lippen. Er versuchte, die junge Beamtin von der entstellten Leiche abzuschirmen, wusste aus Erfahrung, wie lange solche Bilder trotz aller Bemühungen, sie los zu werden, in der Erinnerung haften blieben und ihm persönlich auch heute noch – nach langen Jahren teilweise belastender Polizeiarbeit – zu schaffen machten. »Bitte, schauen Sie nicht genau hin.« Er wollte sie nicht von oben herab belehren, nicht als der Ältere oder gar als Mann in althergebrachter patriarchalischer Manier über sie als junge Frau verfügen. »Ich meine es gut. Ich kann es selbst nicht vergessen. Nie.«
    Sie nickte, blieb dennoch bei dem Toten stehen.
    Plötzlich hörte er den Tumult unmittelbar vor sich, keine zehn Meter entfernt. Zwei Männer rannten um die Ecke des Sportgeschäfts, eine große hagere Gestalt verfolgt von einer eher korpulenten, völlig verschwitzten Person.
    Braig schaute auf, hörte die Worte des kräftigeren Mannes, versuchte, sie zu verstehen. »Mörder, Mörder.« Er betrachtete die hagere Gestalt, glaubte plötzlich, den Mann zu erkennen. Das Phantombild auf der Titelseite der tageszeitung, einer der angeblichen Verbrecher, die Frau Litsche und den Taxifahrer getötet und Frau König über Tage hinweg verfolgt haben sollten.
    Braig sah die beiden Männer geradewegs auf sich zurennen, wurde von Ann-Katrin Räubers blitzschneller Reaktion überrascht. Die junge Beamtin schnellte nach vorn, warf sich auf den vorbeisprintenden Kriminellen, versuchte, ihn festzuhalten. Keine Handbreit vor ihm kam sie ins Straucheln; sie rutschte aus, fiel der Länge nach hin, erwischte den Mann dennoch an den Beinen. Die folgenden Sekunden liefen vor Braigs Augen wie ein in extrem langsame Zeitlupe gedehnter Film ab, Wochen, ja mehrere Monate lang sollten sie ihn nicht zur Ruhe kommen, Jahre später noch Selbstvorwürfe wegen einer falschen, zu langsamen Reaktion in ihm gären lassen.
    Der dünne, hagere Verbrecher wurde mitten im Lauf von Ann-Katrin Räubers Zugriff gebremst, drohte zu stürzen. Wütend versuchte er,

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