Schwaben-Hass
auf eine Erklärung.
»Der Taxifahrer und Frau Litsche wurden beide von dem Taxi überrollt und getötet. Schöffler und der Pathologe sind sich einig. Es kann nicht der Polo von Frau König gewesen sein, wie wir bisher vermuteten, das Reifenprofil des Mercedes lässt sich auf den Körpern der Toten genau nachweisen. Erst nach ihrem Tod, so Schöffler und der Pathologe übereinstimmend, wurde mit beiden Leichen ein Zusammenprall mit Frau Königs Fahrzeug nachgestellt – wahrscheinlich, um den Verdacht auf sie zu lenken.«
»Nach deren Tod?« Braig dachte voller Grauen an den Tathergang, den ihm Beck gerade zu erklären versuchte. »Mein Gott, mit welchem Ausmaß an Verkommenheit haben wir es hier zu tun?«
»Es wird Zeit, dass wir die Verbrecher endlich erwischen. Wir haben uns linken lassen, voll und ganz.«
»Dann sind die Darstellungen der tageszeitung voll korrekt.«
»Es gibt nichts mehr, was ihnen widerspricht.«
Braig schwieg, hatte Mühe, die neuen Erkenntnisse zu verdauen: Frau Litsche und der junge Kurde waren von dem Taxi überrollt, dabei getötet und dann später als Leichen nochmals mit voller Absicht von Frau Königs Polo überfahren worden. Einzig und allein zu dem Zweck, ihre Abdrücke auf dem VW zu hinterlassen.
Es wird wirklich Zeit, dass wir die Verbrecher erwischen, überlegte er.
»Du hast die Nachricht aus Berlin vom Abhören der tageszeitung- Telefone erhalten?«, fragte Beck.
»Wann?«
»Gestern Abend. Ein Telekom-Techniker hat gestanden, eine große Summe kassiert zu haben: Die Rede ist von einer halben Million.«
»Eine halbe Million?«
»Mindestens. Der Mann wird noch verhört.«
»Wer sind die Auftraggeber?« Das ist die Chance, überlegte Braig, vielleicht schaffen wir es von der Seite her, endlich an die Hintermänner heranzukommen.
»Sie wissen es nicht. Felsentretter fuhr mit Bernhard Söhnle noch mit dem Nachtzug nach Berlin, um sich den Mann persönlich vorzunehmen. Der Techniker behauptet, den Auftrag und das Geld anonym erhalten zu haben. Um wen es sich handelt, sei ihm unbekannt.«
»Das ist doch absurd! Der muss doch wissen, wohin er die abgehörten Anrufe weiterleiten sollte.«
»Leider nicht. Seine Aufgabe war, alles an eine Handy-Nummer zu übermitteln. Das Handy, so viel haben die Berliner Kollegen bereits ermittelt, wird seit zwei Wochen von seinem Besitzer, einem 12-jährigen Jungen, vermisst. Wie es ihm abhanden kam, ist unbekannt. Ob Angehörige von dem Kind in die Sache verwickelt sein könnten, wissen wir noch nicht.«
Braig hörte das heftige Klopfen an seiner Tür, drehte sich um. Felsentretter war in Berlin, hatte er eben gerade vernommen, er konnte es nicht sein. Bevor er reagieren konnte, wurde die Tür geöffnet. Überrascht sah er Ann-Katrin Räuber ins Zimmer treten.
Braig sprang auf, legte den Telefonhörer zur Seite, begrüßte die Kollegin.
»Ich muss mich entschuldigen, es ist dringend«, fiel sie ihm ins Wort.
Er streckte ihr die Hand entgegen, hörte kaum, was sie sagte.
»Wir haben einen Notruf aus Berlin. Weidmann, der Redakteur der tageszeitung und Frau König befinden sich anscheinend in großer Gefahr. Sie werden verfolgt. Die beiden befinden sich in Backnang. In der Stiftskirche. Ich soll Sie begleiten. Können wir los?«
43. Kapitel
Der Spalt zwischen ihr und dem Nachbarhaus betrug mindestens einen Meter, vielleicht sogar mehr. Michaela König starrte entsetzt nach unten, sah das unüberwindbare, alles verschlingende Loch.
Die Schreie auf der Straße wurden immer lauter. Gruppen von Passanten standen am Rand der Fahrbahn, zeigten aufgeregt nach oben. Wildes, hysterisches Rufen.
Plötzlich die Stimme, wenige Meter von ihr entfernt. »Lassen Sie den Blödsinn. Gebens mir die Diskette und ich verschwinde.«
Sie kannte den Tonfall, wusste, wem die Stimme gehörte. Damals, in der Nacht in Bebenhausen, hatte sie sie zum ersten Mal gehört. »Nur ruhig Blut, Frau«, waren seine ersten Worte, als sie noch im Taxi saßen, »was machen Sie hier mitten in der Nacht?«
Dann, später, als sie Verena und den jungen Taxifahrer bereits überfahren hatten, das kräftige Fluchen: »Du Arschloch, da liegen nur zwei auf der Straße, der Kerl und die eine Frau. Die andere ist nicht dabei. Komm sofort zurück, wir müssen sie finden.«
Michaela König drehte sich zur Seite, sah den Mann aus dem Fenster starren. Er winkte, wiederholte sein Angebot: »Die Diskette und ich verschwinde sofort.«
Sie reagierte nicht, wusste nur, dass sie sie
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