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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Augen weit auf, starrte Michaela König an.
    »Verzeihung, bitte, Verzeihung«, hauchte sie, stieß die Dame dann mit aller Kraft von sich weg. Diese rutschte zur Seite, ruderte mit den Armen nach Halt suchend in der Luft, prallte mit dem Ellbogen voll auf den Leib des Mörders. Ihr Schreien übertönte die Geräusche der Umgebung, zog die Aufmerksamkeit der Leute auf sich.
    Michaela König sah das vor Schmerz verzerrte Gesicht des Mannes. Er taumelte, versuchte mühsam, Halt zu finden. Hilfe suchend krallte sich die Frau an ihm fest.
    Michaela König spurtete über den Bahnsteig, direkt auf die Eingangstür der Bahnhofshalle zu. Sie boxte sich rücksichtslos durch die Menge, von üblen Beschimpfungen und lauten Flüchen begleitet. Haken schlagend quer durch die Halle, auf der anderen Seite zum Ausgang, dann direkt zu den Taxis.
    Das erste Fahrzeug war belegt, zwei Männer luden Gepäck in den Kofferraum. Michaela König stürzte auf das zweite Auto zu, riss die Tür auf, ließ sich auf den Sitz fallen.
    »Zum Kupferbau«, rief sie laut, »bitte, schnell.«
    Der Fahrer warf ihr einen kurzen Blick zu, nickte. »Verspätet, wie?«
    Sie war zu einer Antwort nicht fähig, starrte zur Seite, dann nach hinten, suchte den Bahnhofsplatz mit ihren Augen ab. Menschen, überall Menschen. Der Taxifahrer hatte Mühe, sein Fahrzeug in Bewegung zu setzen.
    »Bitte«, flehte sie, »schnell.«
    Er riss das Steuer nach links, hupte kräftig, fuhr im weiten Bogen um seinen Kollegen herum, der immer noch mit Gepäckstücken hantierte. Als er sich endlich in den Verkehr eingereiht hatte, sah sie den Mann vor dem Bahnhofsgebäude auftauchen. Er starrte nach allen Seiten, suchte die Straßen mit seinen Augen ab. Zwei Sekunden später schob sich ein großer Lastwagen zwischen ihn und das Taxi.

12. Kapitel
    Die Berliner tageszeitung war weder von der Auflage noch von der finanziellen Ausstattung des Verlags her eine der großen Zeitungen des Landes. Ganz im Gegenteil: Über sechzig- bis siebzigtausend verkaufte Exemplare kam das Blatt selten hinaus und die Gewissheit, über kein gesichertes finanzielles Fundament zu verfügen, gehörte zu dem Unternehmen wie die Schienen zur Eisenbahn.
    Dennoch handelte es sich bei der tageszeitung wohl um eines der bekanntesten Presseorgane Deutschlands. Fast an jedem Kiosk, auch in vielen Intellektuellen-Haushalten war das Blatt zu finden. Bekannt dafür, unabhängig von den Interessen großer Konzerne arbeiten zu können und deshalb auch besonders brenzligen politischen Verstrickungen auf den Grund zu gehen, entwickelte sich das kleine Verlagshaus innerhalb weniger Jahre zu einem Symbol freien radikaldemokratischen Journalismus.
    Die tageszeitung war erst 1979 im damaligen West-Berlin gegründet worden. Ins Leben gerufen von Intellektuellen und Studenten, die in den Jahren des RAF-Terrorismus und der darauf einsetzenden Verschärfung vieler Gesetze durch staatliche Organe die Meinungsvielfalt in Gefahr sahen, wurde das Blatt bald zu einem Hort des basisdemokratischen Widerstands gegen den drohenden autoritären Obrigkeitsstaat. Als mit dem Erstarken der Ökologie-Bewegung das rücksichtslose profitorientierte Agieren vieler Industriekonzerne langsam ins Bewusstsein einer kritischer gewordenen Öffentlichkeit geriet, war es oft die tageszeitung, die mit akribischem Fleiß und viel Mut heimliche Machenschaften scheinbar allmächtiger Multis offenlegte. Mehr und mehr sahen sich viele Betriebe gezwungen zu reagieren. Der Bekanntheitsgrad des kleinen, aber schlagkräftigen Mediums wuchs. Zwar gelang es dem David selten, einen Goliath zur Strecke zu bringen, wohl aber, ihm einen deutlichen Hieb zu versetzen. Mancher der Giganten zeigte nur Wut, viele aber auch Respekt vor dem Winzling aus Berlin.
    Dabei waren es oft Eigentore, welche die tageszeitung davon abhielten, noch engagierter ins politische Geschehen eingreifen zu können: Ein Dutzend Jahre etwa verzichtete das Blatt auf eine offiziell ernannte und bevollmächtigte Redaktionsspitze, die radikaldemokratische Struktur selber praktizierend, die man in weiten Teilen der Gesellschaft verwirklicht sehen wollte. Erst das immer mühsamere tägliche Austarieren im Kreis der festangestellten Mitarbeiter, welche Themen von wem bearbeitet werden sollten und welcher Stellenwert ihnen zukam, hatte dann die Installation einer Chefredaktion notwendig gemacht, die zur Zeit von Klaudia Kunst geführt wurde.
    Nicht weniger mühsam war der jahrelang ausgeübte Brauch der

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