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Schwaben-Herbst

Schwaben-Herbst

Titel: Schwaben-Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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fuhren mit hohem Tempo an ihnen vorbei.
    Braig suchte nach der Klingel, läutete zweimal, wartete auf eine Reaktion. Dieselbe Prozedur wie wenige Minuten zuvor.
    »Nichts los, wie?« Bareiss deutete nach oben, verfolgte Braigs erneuten vergeblichen Versuch.
    »Da scheint wirklich niemand zuhause zu sein«, erklärte der Kommissar, »kann ich es Ihnen wirklich noch zumuten, mit nach Stuttgart zu kommen?« Er sah das zustimmende Nicken des Mannes, warf einen letzten Blick nach oben. Die Wohnung lag nach wie vor im Dunkeln, hinter keinem der Fenster war eine Bewegung zu bemerken. Eine Horde lärmender Autos fuhr stadtauswärts an ihnen vorbei, wirbelte trockenes Laub in die Luft.
    Braig hielt sich die Hand vors Gesicht, versuchte sich vor dem Schmutz zu schützen, sah den Bus an der nahen Haltestelle abbremsen. Die Anstrengungen des langen Tages lasteten wie Blei auf seiner Schulter, er fühlte sich müde und ausgelaugt.
    Sie hatten das Haus vor weniger als einer Minute verlassen, waren dabei, in die Bismarckstraße abzubiegen, als Bareiss neben ihm plötzlich im Schritt verharrte. Braig lief mechanisch ohne zu überlegen weiter, spürte plötzlich den harten Griff an seinem Arm. Überrascht schaute er zur Seite, sah Bareiss’ vor Aufregung gezeichnete Miene.
    »Da ist sie«, zischte der Mann. »Hier, sehen Sie?«
    Der Kommissar folgte der Kopfbewegung seines Begleiters, entdeckte nur den schemenhaften Umriss einer Person, die offenbar den Bus verlassen hatte und jetzt leicht hinkend in die Richtung lief, aus der sie gerade kamen. Es war zu dunkel, um zu erkennen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. »Dort vorne?«
    Bareiss’ heftiges Nicken bestätigte seine Vermutung. Er riss sich aus seiner Lethargie, folgte dem Mann den Weg zurück zu dem Haus. Sie kamen gerade noch rechtzeitig, um die Person anzusprechen, die gerade dabei war, die Tür mit einem Schlüssel zu öffnen.
    »Frau Maier?«, fragte Braig laut, sah, wie die Gestalt vor ihm zusammenfuhr und sich mit vor Schreck erstarrter Miene zu ihm herumdrehte. Es handelte sich um eine junge Frau Ende Zwanzig, das konnte er jetzt sehen; inwieweit sie allerdings dem Phantombild ähnlich war, vermochte er nicht zu beurteilen, sah er sich doch ständig von den Scheinwerfern der vorbeifahrenden Autos geblendet.
    Die Frau starrte ihn und seinen Begleiter an, drückte sich an die Tür, zeigte deutliche Anzeichen von Angst.
    »Bitte, erschrecken Sie nicht«, versuchte Braig, sie zu beruhigen, als er endlich zu klaren Gedanken fand, »ich bin von der Polizei. Mein Name ist Braig.« Er griff in seine Tasche, zog seinen Ausweis, forderte sie mit einer Handbewegung auf, diesen an sich zu nehmen und zu überprüfen.
    »Polizei?« Ihre Stimme klang belegt, wie bei einem von einer Erkältung geplagten Menschen. Sie hielt die Kennkarte in der Hand, warf abwechselnd einen Blick auf das Foto und den Mann, den es darstellte.
    »Sie sind Frau Ulrike Maier?«
    Sie starrte noch immer auf den Ausweis, gab ihn dann zögernd zurück. »Was wollen Sie von mir?«
    »Wir müssen miteinander reden«, antwortete er, sah plötzlich, für den Bruchteil einer Sekunde, im Licht eines der vorbei fahrenden Autos die Verletzung über dem linken Auge der Frau. Ein dunkel umrandeter Riss von einem Sturz oder Schlag.
    »Reden? Weshalb?«
    Braig beschloss, nicht länger zu warten, sondern die Sache auf den Punkt zu bringen. »Sie wurden Opfer eines Überfalls. Deshalb.« Er sah das Zucken im Gesicht seines Gegenüber, wurde wieder von einem Scheinwerfer geblendet.
    »Wer wurde überfallen?«, fragte die Frau.
    »Sie«, sagte Braig, »in der Nacht von Freitag auf Samstag. Ich würde gerne mit Ihnen darüber reden. Wir sind auf der Suche nach dem Täter. Er hat wahrscheinlich schon mehrere Frauen überfallen und schrecklich zugerichtet. Wir benötigen Ihre Aussage. Vielleicht können Sie uns Hinweise geben, die uns zu dem Verbrecher führen.«
    Ulrike Maier trat einen halben Schritt zurück, als wolle sie sich vollends im Dunkel der Nacht vor ihm verbergen. »Sie täuschen sich«, entgegnete sie. »Ich wurde nicht überfallen.«
    »Wie bitte?« Der Kommissar hatte Mühe, sie im Auge zu behalten, ihre Mimik zu verfolgen. Die nächtliche Dunkelheit, dazu die ständigen Lichtblitze der vorbeirasenden Autos machten es unmöglich, die Frau genau zu beobachten. Er wollte ihr gerade vorschlagen, gemeinsam in ihre Wohnung zu gehen und dort weiter zu sprechen, als ein Fahrzeug wenige Meter weiter zum

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