Schwaben-Liebe
niederließ.
»Diese andere Frau, die spurlos verschwand, ist gut zu erkennen?«
»Das erwähnte ich doch schon. Recht gut, ja.«
»Dann leiten wir ihr Bild sofort an die Medien weiter und geben es in die Fahndung. Jetzt gleich im Anschluss, haben Sie verstanden?«
»Gleich im Anschluss, jawohl.« Braig sah, dass das Gerät betriebsbereit war. Er drückte auf
Play
, nahm seine Tasse, lief zum Waschbecken. »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«
Söderhofer reagierte nicht, starrte nur auf den Bildschirm.
Die hell erleuchteten Gebäude der Thermen, die dunkle Limousine, die beiden Männer im Fond.
»Ah, der Herr Kohlscheid«, kommentierte Söderhofer. »Was macht der da?«
Braig wandte überrascht seinen Blick von der Kaffeemaschine, schaute zum Bildschirm. »Kohlscheid? Die Firma, die Brücken baut?«
»Genau«, meinte der Staatsanwalt. »Geld. Er hat mehrere Euroscheine. Wem gibt er die?«
»Sie kennen ihn nicht?« Braig konnte seine Häme nicht verbergen. »Das ist der Herr Landrat Kulzer, der da gerade einen Teil des Bestechungsgeldes des Brückenbauers entgegennimmt. Schließlich hat er ja mit Millionen von Steuergeldern die völlig unnötige Brücke errichten lassen.« Er sah, wie Söderhofer betroffen zusammenzuckte. Das passte ihm nicht in den Kram. Der feine Politiker, bei der Geldübergabe ertappt. Monatelang hatte er gelogen, seine politischen Gegner der infamen Hetze beschuldigt – und jetzt tauchte da plötzlich dieser Film auf …
Braig schenkte sich Kaffee nach, hörte das entsetzte Stöhnen seines Besuchers. Söderhofer wand sich auf dem Stuhl hin und her, schien in ihn hineinkriechen zu wollen, winselte wie ein schwer verletztes Tier. Der Film war am Ende, nur noch Flimmern auf dem Bildschirm.
Braig nahm seine Tasse, lief zu seinem Schreibtisch zurück. »Haben Sie die Frau gesehen?«
Der Staatsanwalt winkte nur ab. Bleich wie eine weiße Leinwand erhob er sich von dem Stuhl, wies auf den Monitor. »Der Film«, stieß er hervor. »Her damit!«
Braig wunderte sich über die Reaktion, holte die DVD aus dem Gerät.
»Die Fahndung sofort einstellen«, murmelte Söderhofer ungewohnt kraftlos. »Ab sofort nichts mehr an die Presse, nichts, hören Sie?«
»Sie wollen nicht …«
»Nichts an die Öffentlichkeit, Braig, ist das klar? Bei der Gesundheit Ihrer Söhne, das darf nicht an die Medien!«
28. Kapitel
Fahrten in die Bodensee-Region, sei es nach Konstanz, Radolfzell, Überlingen oder Friedrichshafen, hatte Neundorf bisher fast immer mit Urlaub oder erholsamen Wochenendtrips in Verbindung gebracht. Das Vergnügen, nach kurzer Anreise im See zu baden, eine Schiffs- oder Bootstour zu unternehmen oder einfach das beeindruckende Panorama der Schweizer Bergwelt auf sich wirken zu lassen, hatte sie in den vergangenen Jahren in den Frühlings- und Sommermonaten mehrfach genossen. Dass es ihr unmittelbar mit dem Beginn ihres Wiedereinstiegs in die seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten ausgeübte Ermittlertätigkeit beruflich auferlegt werden würde, die allseits beliebte Region mehrfach aufzusuchen, hatte sie sich in den kühnsten Träumen nicht ausgemalt.
Schon die erste Tour nach Friedrichshafen war allerdings weitaus enttäuschender verlaufen, als sie erhofft hatte. In ihrem Bemühen, den Mörder Fred Stiegelmaiers zu finden, war sie in keiner Weise weitergekommen. So sehr sie auf dem Rückweg über die Worte Carolin Köhlers nachgedacht hatte, sie war nicht recht schlau daraus geworden. Die Frau hatte selbst zugegeben, es nicht bei der Rolle des Opfers des Erpressers belassen zu haben. Carolin Köhler hatte versucht, den Mann zu identifizieren, war aber angeblich an dessen gefälschtem Ausweis gescheitert. Ihr war nichts anderes geblieben, als die finanziellen Forderungen des Mannes zu erfüllen. Sie, die beruflich offenbar so durchsetzungsfähige und erfolgreiche Managerin, die es bereits in ihrem noch relativ jungen Alter in den Vorstand einer großen Bank geschafft hatte, sollte sich letztendlich doch damit abgefunden haben, nur einen passiven Part zu spielen und dem hinterhältigen Verbrecher die aktive Rolle zu überlassen? Neundorf hatte Mühe, das zu akzeptieren.
Dass sie für den Samstagabend ein Alibi aufzuweisen hatte, musste nichts heißen. Neundorf war im Anschluss an ihr Gespräch mit Carolin Köhler bei Ulrich Balkes vorstellig geworden. Der Mann arbeitete in einer gehobenen Position bei der Stadtverwaltung und hatte das Alibi der Frau persönlich bestätigt. Was immer
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