Schwaben-Liebe
bequeme farbige Slipper an den Füßen. Neundorf sah, dass sie ihre kurzen, blonden Haare frisch gewaschen hatte, schätzte die Frau auf Anfang, Mitte vierzig. Wollte sie mit ihrer betont lebensfrohen Aufmachung von ihren psychischen Problemen ablenken?
»Mein Mann erzählte etwas von einem Unfall in der Stadt. Was habe ich damit zu tun?«
»Könnten wir in Ruhe unter vier Augen miteinander sprechen?«
Rebekka Fromm zögerte einen Moment, bat die Besucherin dann ins Haus. Eine breite, helle Diele, mehrere offene Türen, eine schmale Holztreppe ins Obergeschoss. Neundorf folgte der Frau in einen großen mit einem hellen Berberteppich ausgelegten Raum, nahm ihr gegenüber auf der weiträumigen Polstergarnitur Platz. Zeitungs- und Zeitschriftenstapel sowie einige Bücher lagen auf der Tischplatte.
»Möchten Sie gerne etwas trinken?«
Neundorf schüttelte den Kopf, war darum bemüht, möglichst schnell zum Thema zu kommen. »Ihr Mann arbeitet?«
Rebekka Fromm nickte. »Bei MTU, ja.«
»Dann sind wir im Moment ungestört.«
»Leonie kommt erst nach vier aus der Schule, ja.«
»Das mit dem Unfall war vorgeschoben«, bekannte Neundorf. »Es geht um die Fotos.« Sie hatte das letzte Wort noch nicht vollendet, als ihr Gegenüber auch schon reagierte.
Rebekka Fromm warf den Kopf nach unten, schlug sich die Hände vors Gesicht. »Oh, mein Gott, nein. Hört das denn nie auf?« Ihre Stimme erstarb unter leisem Schluchzen.
»Doch«, sagte Neundorf. »Das hört auf.« Sie wartete, bis die Frau wieder zu sich kam, wusste augenblicklich, woher deren angespannter Gesundheitszustand rührte.
Rebekka Fromm richtete sich langsam auf, sah unsicher zu ihr her. »Was wollen Sie?«, fragte sie.
»Sie brauchen keine Angst zu haben, Ihr Mann wird nichts davon erfahren. Von uns jedenfalls nicht.«
»Wie bitte?« Ihr Gegenüber sprang vom Sofa, starrte wie von einer Tarantel gebissen mit verzerrter Miene zu ihr her. »Mein Mann?« Sie riss ihre Arme in die Höhe, schnappte nach Luft.
»Er weiß Bescheid?«, fragte Neundorf vorsichtig.
»Mein Mann?« Rebekka Fromms Stimme drohte sich zu überschlagen. Sie winkte heftig ab, wandte sich zur Seite. »Wer weiß denn
nicht
Bescheid?«, rief sie dann plötzlich, so laut, dass Neundorf instinktiv die Ohren unter ihren Händen verbarg. »Wer?«
Da war ziemlich viel schiefgegangen, ahnte die Kommissarin. Was dieser ruchlose Erpresser, dessen Mörder sie hinterher war, mit seinen hinterhältigen Fotos angerichtet hatte ... War der Kerl es wirklich wert, dass sie sich diese Mühe machte?
»Dabei haben wir doch bezahlt! Alles, was er wollte.« Rebekka Fromm hatte sich unmittelbar vor ihr aufgebaut, starrte mit tränenverschleiertem Gesicht zu ihr herunter.
»Wie viel?«, fragte Neundorf.
Die Frau benötigte ein paar Sekunden, fand dann wieder zu sich. »10.000«, gab sie zur Antwort. »Euro.«
»Ohne Polizei.«
»Ohne. Er drohte ...« Sie verstummte, begann heftig zu schluchzen.
»Er drohte, die Fotos ins Internet zu stellen, wenn Sie die Polizei einschalten, richtig?«
Rebekka Fromm kramte nervös in der Tischschublade nach einem Papiertaschentuch, schnäuzte sich. Sie zerknüllte das Tuch, behielt es in der Hand, ballte sie zur Faust. »Wir haben uns genau daran gehalten. Wir haben alles gemacht, was er wollte, und das Geld bezahlt. Warum hat er die Fotos dann trotzdem ...« Die Worte erstarben in ihrem Hals. Sie starrte mit glasigen Augen zu ihrer Besucherin.
Neundorf hatte Mühe, zu begreifen. »Sie haben seine Forderungen genau erfüllt?«
»10.000«, erklärte die Frau. »Er wollte 10.000 Euro. Er dirigierte mich abends in einen Zug, ließ es mich aus dem Fenster werfen. Kurz vor Ravensburg.«
»Und dann?«
»Und dann?« Rebekka Fromm schnappte nach Luft, begann heftig zu husten.
Neundorf versuchte, sie zu beruhigen. »Bitte, Frau Fromm, ich möchte Ihnen helfen. Nehmen Sie doch bitte wieder Platz.«
»Mir helfen? Mir ist nicht mehr zu helfen. Der hat mir doch alles zerstört!« Die Frau winkte mit ihrer Rechten ab, lief dann wieder zum Sofa, setzte sich.
»Was war, nachdem Sie das Geld bezahlt hatten?«
Rebekka Fromm zog die Nase hoch. »Die Aufsichtsräte. Plötzlich hatten sie die Bilder.«
»Welche Aufsichtsräte?«
»Die von meiner Bank natürlich!«
Neundorf schaute elektrisiert auf. »Von welcher Bank?«
Rebekka Fromm nannte den Namen des Instituts.
»
Die
Bank?«, fragte die Kommissarin. Dieselbe, in der Carolin Köhler gerade in den Vorstand aufgerückt
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