Schwaben-Messe
worden waren. »Das reicht!« hatte Gübler handschriftlich darunter geschmiert.
Braig schüttelte den Kopf, schimpfte vor sich hin. Wozu sollte der Befund reichen? Das Ergebnis besagte nichts, überhaupt nichts. Jeder Sachverständige würde den Frauen bescheinigen, dass die aufgespürten Öl- und Benzinreste auf den Betrieb ihrer landwirtschaftlichen Fahrzeuge zurückgingen, somit keinerlei Beweiskraft im Sinne der Beschuldigung hätten, sie seien beim Übergießen eines Menschen verschüttet worden. Die pflanzlichen Öle waren entweder auf geerntete Pflanzen zurückzuführen oder auf die von Frau Krauter erwähnte Methode, ihre Strohpuppen des besseren Geruchs wegen damit zu beträufeln.
Braig schaufelte missmutig die Kartoffelröstis in sich hinein, ärgerte sich über Güblers nervige Anmerkungen. Diese Befunde reichten nie und nimmer zu einer Anklage gegen Frau Krauter, vor allem jetzt nicht, da sich der Tote nicht als Roger Grandel, sondern als Jonas Altmaier entpuppt hatte, von dem bis jetzt keine einzige Spur in Richtung Gabriele Krauters wies.
Braig trank seine Cola, fuhr die beiden Rolltreppen hinunter zur S-Bahn, döste dann auf der kurzen Fahrt bis Echterdingen.
Gerhard Stöhr erwartete ihn am Bahnhof.
Sie fuhren zu dem Haus, in dem die drei Arbeiter der Firma Löser in den letzten Tagen damit beschäftigt gewesen waren, die neue Heizung einzubauen, läuteten. Irma Steiger, die Eigentümerin, öffnete die Tür. Braig stellte seinen Kollegen und sich selbst vor, ließ sich ins einzige derzeit bewohnbare Zimmer des Hauses führen. Die Frau entschuldigte sich, verwies auf die besonderen Umstände, bot ihnen Platz auf einer schmalen Couch an, die aus einer wirr zusammengestellten Ansammlung von Möbeln aller Art herausragte. Zwei der drei Plätze waren benutzbar, der Dritte von einem kleinen Schrank verstellt, der unmittelbar bis an das rechte Eck des Sofas reichte.
»Wir mussten fast das ganze Haus ausräumen«, erklärte Irma Steiger. Sie war an die Sechzig, hatte dunkelbraune Locken, ein bleiches, von Falten gezeichnetes Gesicht. Das hellbraune Sommerkleid, das sie trug, war über der Brust mit kunstvollen Bortenstickereien verziert. Sie selbst nahm auf einem wackligen Stuhl Platz, der im rechten Winkel zu dem Sofa stand. »Mein Mann ist leider außer Haus, Sie müssen mit mir vorlieb nehmen.«
Irma Steiger beugte sich auf den Boden, spähte unter den von einer niedrigen Truhe versperrten Tisch. Als Braig ihren Blicken folgte, entdeckte er einen weißen Pudel, der sich zwischen dem eng zusammengestellten Mobiliar versteckte.
»Er ist ganz durcheinander«, erklärte die Frau, wies auf das Tier, »die ganze Woche Hämmern, Klopfen und Bohren, überall Schmutz und Staub und nirgends Platz für seinen Korb. Aber es wird vorbeigehen.«
Sie lachte, fragte nach der Ursache ihres Besuches.
»Es geht um die Arbeiter, die gerade bei Ihnen tätig sind, die Heizungsbauer.«
Irma Steiger wartete auf weitere Erklärungen.
»Sie kennen die Männer?«
Die Frau lachte. »Naja, kennen ist zuviel gesagt. Sie sind jetzt drei Tage bei uns, marschieren die ganze Zeit durchs Haus, wir versorgen sie mit Getränken, also ich weiß schon, wie die aussehen. Aber kennen, das ist wirklich zuviel. Hat einer von denen was angestellt?«
»Das nicht, nein. Aber einer dieser Männer scheint besondere Beziehungen zu Echterdingen zu haben. Sie haben davon zufällig etwas bemerkt?«
Irma Steiger schaute ihn fragend an, die Stirn in Falten gelegt. »Also soviel ich weiß …«, sie zögerte mit ihrer Antwort, »die kommen doch alle aus Waiblingen, wie die Firma auch. Ich wüsste nicht, dass die Beziehungen zu uns hier haben. Im Gegenteil: Die fragten doch gleich am ersten Tag, wo es hier einen Bäcker, einen Metzger oder einen Laden mit Lebensmitteln gebe. Als mein Mann es ihnen dann erklärte, waren sie ziemlich begriffsstutzig. Die brauchten eine Weile, bis sie den Weg verstanden. Nein, von denen kann keiner Beziehungen zu Echterdingen haben. Das wäre sehr seltsam. So stellt man sich nicht an, ein Geschäft zu finden, wenn man sich auskennt. Außerdem – die hatten es doch jeden Abend total eilig, sofort nach Arbeitsende wieder nach Waiblingen zu kommen. Die stiegen jedesmal in ihren Lieferwagen und brausten davon. Alle drei. Nein, das kann nicht sein.«
»Wer ging dann in den Laden zum Einkaufen? Einer oder gleich alle?«
Der weiße Pudel kroch vorsichtig aus seinem Versteck, drückte sich an die Beine der Frau. Irma
Weitere Kostenlose Bücher