Schwaben-Messe
der andere Arbeitskollege Altmaiers, war wirklich nicht zu erreichen. Braig versuchte es mit seinem Handy, während er hinunter in die Bahnhofsstraße lief, bat auf dem Anrufbeantworter darum, sobald wie möglich zurückzurufen. Wahrscheinlich stimmte die Angabe Hessles, der Mann sei heute verreist.
Er bat Josef Heger, mit ihm die Fotos in Altmaiers Wohnung nach der neuen Freundin durchzusehen. Die Suche nach den Bildern war ein mühsames Geschäft. Heger hatte keine Ahnung, ob und wenn ja, wo der Ermordete Fotos aufbewahrte. Braig öffnete Schrank auf Schrank, untersuchte Kartons und Kisten. Bis auf ein kleines Album in einem Regal des Wohnzimmerschranks war nichts zu finden. Die Bilder in dem dünnen Heft stammten aus vergangenen Zeiten, zeigten wohl die Vorfahren des Verstorbenen.
Im Keller oder bei der Mutter Altmaiers nach aktuellen Fotos zu suchen, schien Braig sinnlos, wenn der Mann irgendwo Erinnerungen an seine neue Partnerin aufbewahrte, dann doch wohl hier irgendwo in der Wohnung. »Eine Möglichkeit hätten wir noch«, sagte Braig, »Sie müssten allerdings bereit sein, mit mir ins Landeskriminalamt zu kommen.«
Er spürte den Druck seines leeren Magens, sah auf die Uhr. Zehn nach zwei. Höchste Zeit für einen Imbiss.
»Wenn es Ihnen hilft, die Täter zu finden.«
»Sie erinnern sich so gut an die Frau, dass wir ein Phantombild erstellen könnten?«
Josef Heger nickte »Ich kann es versuchen. Wann? Jetzt gleich?«
Braig zögerte, seines Hungers, aber auch der Beanspruchung des Mannes wegen. »Sie fühlen sich dazu in der Lage?«
»Es geht. Wenn ich Ihnen helfen kann, werde ich es tun.« Heger lief in seine Wohnung, um sich umzuziehen, Braig brachte die Zimmer Altmaiers wieder in Ordnung.
Keine halbe Stunde später waren sie im Amt. Der Weg zum Bahnhof war kurz, die S-Bahn fuhr alle paar Minuten. Braig hatte nach einem Spezialisten telefoniert, der sich um die Erstellung des Phantombildes kümmern sollte.
Die Angaben waren prägnant und hilfreich. Der Grafiker brauchte keine zehn Minuten, bis der Bildschirm eine Frau zeigte, mit der Heger weitgehend zufrieden war. Braig kam das Gesicht irgendwie bekannt vor. Er wusste nur nicht, woher.
»Was machen Sie jetzt damit?«, fragte Heger.
»Wir geben es an die Presse mit der Bitte um Veröffentlichung. Die Frau kann uns vielleicht weiterhelfen, die Mörder zu finden.«
»Sie glauben, dass sie mit dem Tod von Jonas zu tun hat?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht bringt sie uns weiter, vielleicht auch nicht. Wir müssen mit allem rechnen. Wenn wir Pech haben, war sie nur ein- oder zweimal mit Herrn Altmaier zusammen, kennt ihn nicht einmal näher. Haben wir Glück …« Er ließ den Satz offen, zuckte mit der Schulter. »Dass sie ihn selbst ermordet hat, halte ich für unwahrscheinlich.«
»Nein, eine Frau sicher nicht, so wie Jonas aussah.« Heger fasste sich an die Stirn, hielt seine Tränen zurück.
»Darf ich Ihnen noch etwas anbieten?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Hoffentlich konnte ich Ihnen helfen. Jonas hätte es verdient.«
Dem hilft alles nichts mehr, überlegte Braig. Er verabschiedete Heger, brachte ihn zum Ausgang.
Auf seinem Schreibtisch lag ein großes, weißes Blatt, darunter ein ganzer Packen Papiere. Quer über das Blatt nur ein Name, in großen Buchstaben, eindeutig Güblers Handschrift: KRAUTER!
Der Packen Papiere enthielt die ausführliche Stellungnahme der Kriminaltechniker zur »Untersuchung des Sandplatzes, der Feuerstelle und des Hofes der Gabriele Krauter in Leinfelden-Echterdingen betreffs Verunreinigungen mit Brandbeschleunigern.«
Braig hatte so großen Hunger, dass er beschloss, sich den umständlichen Bericht irgendwo in einem Imbiss anzusehen. Er steckte die Papiere ein, telefonierte nach einem Kollegen, der ihm helfen konnte, die übrigen Nachbarn Krauters auf verdächtige Geräusche und Beobachtungen in der Mordnacht hin weiter zu befragen. Kriminalmeister Stöhr war als einziger aufzutreiben. Braig verabredete sich mit dem Mann um 16.30 Uhr am Bahnhof in Echterdingen, lief zur Stadtbahn. Er fuhr zum Hauptbahnhof, setzte sich in die kleine Markthalle, aß eine Kartoffelpfanne mit Spiegeleiern, trank Cola dazu, legte die Papiere vor sich auf den schmalen Tisch.
Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass zwar nirgendwo auf dem Sandplatz, dafür aber an mehreren Punkten des Hofes und innerhalb der Feuerstelle selbst Reste von Benzin bzw. Dieselöl, teilweise auch anderen, eher pflanzlichen Ölen gefunden
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