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Schwaben-Messe

Schwaben-Messe

Titel: Schwaben-Messe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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soll mir ins Gesicht sehen, während er seine Lügen verbreitet.«
    Braig wartete einen Moment, ließ sie etwas zur Ruhe kommen. Draußen wurde die Haustür geöffnet. »Es wäre dennoch von Vorteil, wenn Sie ein Alibi vorweisen könnten.«
    Mirjana Beranek betrat die Küche, grüßte mit einem kurzen Kopfnicken. Braig erhob sich, streckte ihr die Hand entgegen. Sie beachtete ihn nicht, lief zur Spüle, wusch ihre Hände.
    »Hier steht es, mein Alibi«, erklärte Gabriele Krauter, wandte den Kopf ihrer Mitarbeiterin zu. »Wann etwa war ich am Freitagnacht zu Hause? Weißt du es noch?«
    Beranek fuhr sich mit den nassen Händen übers Gesicht, um den Hals, hinter die Ohren, trocknete sich dann ab. Sie hatte sich nicht verändert, war spindeldürr. Ein violettes T-Shirt hing faltig über ihrem Oberkörper, legte die knochigen Arme bloß. Die Jeans verbargen die dünnen Beine in weiten Röhren. Braig betrachtete das ausgemergelte Gesicht. Die Wangen waren eingefallen, die Lippen schmal und verkniffen, der Hals sehnig und schmal wie bei einem Kind. Die Frau litt an unbekannten Qualen.
    »Zwischen elf und zwölf«, antwortete sie mit matter Stimme. Der fremdländische Akzent, der ihn sofort wieder an die Sprache seiner Mutter erinnerte, lag in jeder Silbe.
    »Also gut«, sagte Braig, verzichtete darauf, weiter auf der Anwesenheit Krauters in Bürg zu insistieren. Er wusste, wie schwammig die Aussage Robert Holzwarths gewesen war.
    »Was ist jetzt? Nehmen Sie die unverschämte Lüge zurück?« Gabriele Krauter stand immer noch breitbeinig hinter dem Tisch, den Kopf ihm zugewandt.
    »Ich muss zugeben, dass unser Zeuge sich nicht sicher war.«
    Sie atmete tief durch, zog den Stuhl heran, setzte sich. »Dann werfen Sie nicht mit solchen Spekulationen um sich. Es passt nicht zu Ihnen.«
    Braig wunderte sich über den versöhnlichen Ton in ihrer Stimme. Sie nickte ihrer Mitarbeiterin zu, bot ihr den Stuhl neben sich an. Mirjana Beranek nahm sich ein Glas, schenkte es voll Wasser, nahm Platz.
    »Was wollen Sie noch?«, fragte Krauter.
    Braig räusperte sich. »Wären Sie so nett, mir die Namen und die Anschriften aller Teilnehmerinnen Ihres Festes von Freitag Nacht zu geben?«
    Gabriele Krauter reagierte sofort. »Das geht nicht«, erklärte sie kurz.
    »Wieso?« Braig mühte sich, seiner Stimme keinen allzu kritischen Klang zu geben.
    »Weil wir die nicht haben. Ganz einfach. Wer zu uns kommen will, der kommt. Wir kontrollieren keine Ausweise.«
    »Das ist mir klar. Aber Sie kennen die Frauen doch sicher mit Namen.«
    »Zwei davon, ja.«
    »Und die sind?« Braig zückte seinen Stift zum Mitschreiben.
    »Mirjana Beranek und Gabriele Krauter«. Ihre Miene hatte sich aufgehellt. Sie lächelte ihm freundlich zu.
    »Frau Krauter, bitte.«
    »Warum lassen Sie uns nicht in Ruhe?«
    »Wir können nicht ausschließen, dass Ihre nächtlichen Gäste mit dem Mord in Verbindung stehen.«
    »Dann müssen Sie auch alle unsere Nachbarn überprüfen. Jeder könnte der Täter sein.«
    »Wir sind dabei.«
    »So? Interessant. Aber so gerne ich Ihnen helfen würde, ich kann es nicht. Unsere nächtlichen Gäste, wie Sie sie nennen, sind leider nicht mehr hier. Es war ein Abschiedsfest für unsere Erntehelferinnen. Sie hatten es verdient.«
    Draußen an der Tür war ein hektisches Kratzen zu hören. Gabriele Krauter stand auf, öffnete, kehrte mit ihrem Hund zurück. Das Tier begrüßte schwanzwedelnd die beiden Frauen, schnüffelte kurz an Braigs Hose, legte sich dann neben Mirjana Beranek auf den Boden.
    »Sie arbeiteten alle bei Ihnen?«
    »Nur zwei Frauen. Sie stammen aus Polen und Tschechien. Zu unserem Fest kamen viele ihrer Freundinnen oder Nachbarinnen, die bei anderen Bauern tätig waren.«
    »Ist Mitte August nicht sehr früh für ein Abschiedsfest?«
    »Der Termin war abgesprochen. Wir hatten vor, den größten Teil der Ernte bis zu diesem Zeitpunkt einzubringen, falls das Wetter es erlauben würde. Die Frauen mussten wieder nach Hause zu ihren Familien.«
    »Wo kamen sie her? Alle aus Tschechien und Polen?«
    »Ja. Tschechien, Polen, Rumänien, Jugoslawien, Ukraine. Die wollten hier Geld verdienen, nicht Fremde ermorden, die ihnen unbekannt sind. Wenn Sie ihre Namen und Adressen unbedingt wissen wollen, fragen Sie beim Landwirtschaftsamt nach. Dort sind alle genau verzeichnet. Mit deutsch-schwäbischer Gründlichkeit.«
    Braig betrachtete den gewaltigen Ohrring Mirjana Beraneks, erinnerte sich an die Worte seiner Mutter. »Das ist kein

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