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Schwaben-Messe

Schwaben-Messe

Titel: Schwaben-Messe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Tschechisch, was du mir da erzählst«, hatte sie auf seine Frage hin erklärt, »wenn die Frau diese Verwünschungen so gesprochen hat, wie du es berichtest, stammt sie aus Jugoslawien wie du und ich.« Er wandte seinen Kopf leicht nach links, fixierte Frau Beranek mit seinem Blick. »Jednom je bila Jugoslavija jedna lepa zemlja«, sagte er dann unvermittelt in Serbokroatisch, prüfte genau ihre Reaktion. Sie stolperte voll in seine Falle.
    »Ta vremena su na zalost prosli«, antwortete sie impulsiv, ohne Überlegung, in derselben Sprache. Ihre Stimme klang wehmütig.
    »Jugoslawien war einmal ein schönes Land«, hatte er gesagt; »diese Zeiten sind leider vorbei«, war ihr Reflex. Er betrachtete sie, suchte dann wieder sein Serbokroatisch zusammen. »Odakle ste?« »Woher kommen Sie?«
    Mirjana Beranek schaute ihn verwundert an. »Kakanj«, sagte sie.
    Braig kannte den kleinen Ort aus Erzählungen seiner Mutter, wusste, wo er lag. »Jer su vasi roditelji hrvati?«, fragte er. »Ihre Eltern sind Kroaten?«
    Mirjana Beranek schüttelte den Kopf. »Ne, moja majka je srbkinja a moj otac ceh.« »Nein, meine Mutter war Serbin, mein Vater Tscheche.«
    Braig wusste, dass ihre Antwort realistisch war. Jugoslawien war schon immer ein großer Völkermischmasch. Er selbst hatte serbische, kroatische, rumänische, bosniakische Vorfahren. Der Vater seiner Mutter war Serbe, ihre Mutter Rumänin, der Vater seines Vaters Kroate, dessen Mutter Bosniakin, er selbst jetzt Deutscher. Die Menschen mit nationalistischen Phrasen zu dividieren, war ein gigantisches, hirnrissiges Verbrechen, ob in Jugoslawien oder anderswo.
    »Jer ste u Kakanj odrasli?«, fragte er. »Sie sind in Kakanj aufgewachsen?«
    Mirjana Beranek machte nicht länger den Versuch, ihre jugoslawische Heimat zu verleugnen, nickte. »Ich bezeichne mich gern als Tschechin«, sagte sie auf Deutsch, Gabriele Krauter zugewandt, »weil ich mich seit dem Krieg für meine jugoslawische Heimat schäme.«
    Braig nickte, konnte sie verstehen. Das Rauben und Morden des letzten Jahrzehnts hatte große Teile des Landes in unversöhnlichen Hass gestürzt. Familien waren auseinandergerissen, Nachbarn zu Todfeinden geworden, aufgehetzt, immer neu angefacht von fanatischen Nationalisten. Die Verbrechen, die im Namen eines freien Serbien, Kroatien oder Bosnien verübt worden waren, standen wie ein großer Schatten über dem gesamten Land. Aber war das wirklich ein spezifisch jugoslawisches Phänomen, tobten nicht in Deutschlands Osten alle paar Tage Nazis gegen Menschen anderer Hautfarben?
    Und nicht nur im Osten. Braig erinnerte sich nicht gern an die ersten Jahre seiner polizeilichen Tätigkeit, als er – zwar deutscher Staatsbürger, doch mit dem Namen seines Vaters Bragic – bei Ermittlungen als »Ausländer«, »Kanake«, »Scheiß-Jugo« und noch weit drastischer beschimpft worden war, nicht im Osten, sondern im scheinbar heilen Süden Deutschlands. Nicht von ungefähr war er nach jahrelangen Demütigungen schweren Herzens auf die Idee verfallen, seine Herkunft zu leugnen und sein Bragic durch Umstellen und Entfernen eines Buchstabens in ein schwäbisches Braig abzuändern. Rassismus war weiß Gott kein jugoslawisches Phänomen.
    »Jetzt leben Sie für immer hier?«, fragte er, ebenfalls in deutscher Sprache.
    »Mir bleibt nichts anderes übrig«, sagte sie bitter, »der verdammte Krieg.«
    »Ihr Dorf wurde zerstört?«
    Sie nickte, schwieg. Braig verstand, dass sie nicht darüber sprechen wollte. Er sah, wie ihr eine Träne aus dem linken Auge tropfte. Sie zog ein Taschentuch vor, wischte sich das Gesicht.
    »Sie sprechen Serbokroatisch?«, fragte Gabriele Krauter. Sie saß ihm gegenüber am Tisch, beobachtete ihn aufmerksam mit wachen Augen, hatte alle Aggression und Skepsis aus ihrer Haltung verbannt. Ihr Gesicht hatte an Farbe gewonnen, die Haare lagen offen wie bei einem jungen Mädchen über ihren Schultern. Sie war hübsch, von einer zurückhaltend-unkonventionellen Schönheit, die weit beeindruckender wirkte als das billig imitierte, stromlinienförmige Ideal amerikanischer Schauspielerinnen.
    »Frau Beranek und ich haben eines gemeinsam: Wir stammen beide aus Jugoslawien«, antwortete er.
    So sehr Gabriele Krauter bisher die Szene beherrscht, so überlegen sie ihn in die Schranken gewiesen hatte, wann immer es ihr beliebte, sie konnte nicht länger verbergen, wie überrascht, ja überrumpelt sie war. »Wie kommen Sie zu dem Beruf?«, fragte sie.
    »Ich bin deutscher

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