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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Alles.«
    »Mozart«, nahm Braig ihre Worte auf. »Ihr Sohn hat einen erlesenen Geschmack. Wo war das Konzert? In Stuttgart?«
    »In Ludwigsburg. Im Forum am Schloßpark.«
    »Wissen Sie, wann er von dort zurückkam?«
    Emilie Herzog schüttelte den Kopf. »Das dürfen Sie mich nicht fragen. Karl ist kein kleines Kind mehr. Es wird aber spät geworden sein. Er wollte sich mit einem Freund treffen.«
    »Mit einem Freund? Kennen Sie den Mann?»
    Die Frau betrachtete ihn mit zweifelnder Miene. »Warum wollen Sie das alles wissen?«
    »Der Mann, mit dem sich Ihr Sohn gestern Abend treffen wollte, kennen Sie seinen Namen?«
    »Nein, um Gottes willen. Karl hat viele Freunde. Er ist ein erwachsener Mensch.«
    »Trotzdem. Der Name dieses Mannes wäre sehr wichtig für uns!« Sie mussten wissen, um wen es sich handelte. Hatte der Unbekannte mit dem Tod Karl Herzogs zu tun, war er gar sein Mörder?
    Emilie Herzog streckte ihre Hände von sich, zog die Schulter hoch. »Ich weiß es nicht«, wiederholte sie, »darüber haben wir nicht gesprochen.« Sie schaute ihm verzweifelt ins Gesicht. »Was wollen Sie von dem Mann? Weshalb sind Sie hier?«
    Braig seufzte leise, spürte, dass er sie nun nicht länger hinhalten durfte. Vielleicht konnten sie im Ludwigsburger Forum ermitteln, wer gestern Abend das Konzert mit Karl Herzog besucht hatte. »Es geht um Ihren Sohn«, sagte er langsam, Wort für Wort genau überlegend, »er wurde heute Nacht ... Er war in Stuttgart unterwegs und hatte einen Unfall.«
    Die Frau erbleichte zusehends, starrte voller Angst von Braig zu Neundorf, dann wieder zu dem Kommissar. »Was für einen Unfall?«, hauchte sie.
    »Ihr Sohn wurde getötet. Er lebt nicht mehr.«
    Braig sah, wie sie seine Worte lautmalerisch, ohne einen Ton von sich zu geben, wiederholte, so als müsse sie sich selbst davon überzeugen, seine Aussage richtig verstanden zu haben, wie dann – von einer Sekunde zur anderen – ihr ganzer Körper von einem heftigen Zittern erfasst wurde und sie mit leisem Stöhnen in sich zusammensackte. Sie rutschte im Sessel zurück, schlug mit dem Kopf an die Lehne, kämpfte laut keuchend um Luft.
    Braig und Neundorf federten gleichzeitig von ihren Plätzen, eilten der Frau zu Hilfe, hielten sie an der Schulter fest.
    »Karl«, flüsterte sie fast unhörbar, »Karl.« Die Augen ohne konkretes Ziel in die Ferne gerichtet, nahm sie ihre Umgebung nicht mehr wahr.
    »Soll ich einen Arzt rufen?«, fragte Braig.
    Neundorf wies auf ihren Notizblock. »Ich versuche es zuerst bei ihrer Freundin, einverstanden?« Sie lief zur Tür, neben der auf einer kleinen Anrichte der Telefonapparat stand, wählte die Nummer, die ihr Emilie Herzog vor wenigen Minuten genannt hatte.
    Braig hörte, wie sich seine Kollegin kurz vorstellte, dann erklärte, von wo sie anrief, und dann darum bat, rasch herüberzukommen. Neundorf nickte ihm zu, beendete das Gespräch. »Sie kommt«, sagte sie, »sie hat sich sofort bereiterklärt.«
    Emilie Herzog lehnte schwer atmend in ihrem Sessel, die vorher noch sorgsam geordneten Haare jetzt in wirren Strähnen ins Gesicht fallend. Braig hörte, dass sie leise vor sich hin plapperte, merkte erst nach einer Weile, dass es sich um immer wieder die gleichen Worte handelte. »Aber mein Karl macht so etwas doch nicht, aber mein Karl macht so etwas doch nicht ...« Er beugte sich zu ihr hinunter, legte ihr die Hand auf die linke Wange, streichelte ihr sanft über die Haut. »Wir sind bei Ihnen«, sagte er langsam, »wir lassen Sie nicht ...« Er verstummte mitten im Satz, weil die Türglocke läutete, sah, wie Frau Herzog aus ihrer Trance erwachte.
    »Ist das Karl?«, fragte sie laut, »will er mich holen?«
    Neundorf verschwand im Flur, lief zur Tür. Braig hörte, wie seine Kollegin öffnete, erschrak über heftiges Hundegebell. Ein kleiner weißer Spitz schoss kläffend in den Raum, direkt auf ihre Gastgeberin zu, tänzelte, heftig mit dem Schwanz wedelnd, vor dieser hin und her, richtete sich auf, stupfte ihre Beine mit seiner Schnauze. Braig trat einen Schritt zur Seite, sah, wie Emilie Herzog vollends zu sich kam, dem Tier beide Hände entgegenstreckte und sich buchstäblich jeden einzelnen Finger von der Zunge des Hundes ablecken ließ. Das Tier bellte und schleckte, wusste vor lauter Begeisterung nicht aus noch ein. Binnen Sekunden verwandelte sich die Miene der Frau in ein strahlendes Lächeln. Scheinbar glückselig fuhr sie dem Kleinen über den Kopf, beugte sich zu ihm nieder, ließ sich

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