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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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draußen wahr. Er lief die paar Schritte zum Dienstwagen, kam schon nach kurzer Zeit ins Schwitzen. Er seufzte laut, streifte seine Jacke von der Schulter. Schweißtropfen perlten ihm den Rücken hinunter. Er zog sein Hemd zurecht, atmete tief durch. Jetzt also nach Ludwigsburg ins Klinikum. Er überlegte, ob er nicht kurz nach Hause fahren und bei Ann-Katrin in seiner Wohnung eine kurze Mittagspause einlegen sollte, entschied sich dann aber für einen Anruf, um den Besuch im Krankenhaus nicht zu lange hinauszuzögern, wählte seine eigene Nummer. Ann-Katrin nahm nach kurzem Warten ab.
    »Wie geht es dir?«, fragte er.
    »Wie im Märchen«, antwortete sie, »ich habe einen wunderschönen Urlaub in einer bezaubernden Stadt mit einem charmanten Mann an meiner Seite verbracht, heute Morgen bis kurz vor zehn geschlafen und jetzt gerade ein opulentes Frühstück genossen. Was will ich mehr? Was machst du?«
    »Der Alltag ist wieder da, Venedig leider in weite Ferne gerückt«, sagte er, berichtete ihr dann von seinen Ermittlungen.
    »Erschossen und dann in einem Auto in den Bärensee gestürzt?« Ihre Verwunderung war nicht zu überhören.
    »Genau so. Wir wollten es zuerst auch nicht glauben.«
    »Aber wer macht so etwas Verrücktes?«, fragte sie. »Ist ein Tod zu wenig?«
    »Wir wissen noch nicht viel. Es gibt verschiedene Spuren.«
    »Hass. Da ist viel Hass im Spiel. Der Mörder wollte einen Menschen nicht nur töten, er wollte ihn vernichten.«
    »In diese Richtung zielen auch unsere Überlegungen.«
    »Und dann noch im Bärensee«, sagte sie, »in dieser idyllischen Landschaft. Ist es nicht einer der reizvollsten Orte von ganz Stuttgart? Ein Toter in einem Auto. Das passt wie die Faust aufs Auge.«
    »Ein Platz, an dem der Tod nichts zu suchen hat«, bestätigte Braig. »Jedenfalls unseren romantisierenden Gedanken nach.«
    »Das wird großes Aufsehen geben. Der Wald um den See wird jeden Tag von Tausenden besucht. War dies das Ziel des Mörders?«
    »Öffentliche Aufmerksamkeit erregen?«
    »Ja. Warum sonst machte sich der Täter die Mühe, sein Opfer auch noch in den See zu werfen? Der Mann war doch bereits tot.«
    »Eine Demonstration seiner Macht. Sichtbar für alle. Er wollte nicht nur töten, es ging ihm um eine öffentliche Hinrichtung. Wir müssen in diese Richtung ermitteln.«
    »Wie kam das Auto zum See? Die Umgebung ist für Autos gesperrt. Zum Glück. Der Park ist wie eine Oase.«
    »Wir haben noch keine Ahnung. Die Techniker sind bei der Arbeit.«
    »Du tust mir Leid«, sagte sie. »Muss es gleich wieder so losgehen!«
    Braig wischte sich den Schweiß von der Stirn, holte tief Luft. »Vielleicht hätte ich doch einen anderen Beruf wählen sollen.« Er verabschiedete sich von Ann-Katrin, fuhr über Oeffingen und Neckarrems nach Ludwigsburg. Die Siedlungen gingen fast ineinander über, nur wenige Flächen wurden noch landwirtschaftlich genutzt. Er kam über die Friedrichstraße in die Barockstadt, folgte der Oststraße, stellte das Auto auf dem Parkplatz des Krankenhauses ab.
    Braig kannte das Klinikum gut, hatte dort in den letzten Jahren mehrfach Patienten besucht, allen voran Ann-Katrin in den Wochen nach ihrer Schussverletzung. Doch so freundlich und kompetent die Schwestern und Ärzte auch sein mochten, seine Erinnerungen waren keineswegs erfreulicher Natur. Bernhard Söhnle, einer seiner engsten Mitarbeiter, war hier seinem Krebsleiden erlegen. Braig wusste noch genau, wie niedergeschlagen Neundorf und er die Mitteilung aufgenommen hatten, der Kollege sei ins Ludwigsburger Klinikum eingeliefert worden. Obwohl sie sofort zu einem Besuch Söhnles hergekommen waren, hatten sie ihn nicht mehr sprechen können: Er war bereits bewusstlos auf die Intensivstation verlegt worden.
    Braig hatte Mühe, sich aus seinen Erinnerungen zu reißen, trat durch den Eingang in die Vorhalle, strebte an der Cafeteria vorbei den Aufzügen zu. Er wartete mit zwei anderen Besuchern, bis ein sanfter Gong die Ankunft eines Fahrstuhls signalisierte, fuhr dann ins dritte Stockwerk hoch. Den uniformierten Beamten, der vor der Tür des verhafteten Straftäters Wache stand, sah er schon von weitem. Der Mann saß auf einem unbequemen Metallstuhl, blickte den Gang auf und ab. Braig eilte auf ihn zu, streckte ihm seinen Ausweis entgegen.
    »Sie wurden angekündigt«, erklärte der Beamte, »hoffentlich können Sie sich mit dem Kerl verständigen. Er sieht übel aus.« Er lief zur Tür, klopfte dreimal in kurzem Abstand, öffnete.

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