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Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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erschütterte ein lauter Schlag die Stille der Nacht. Irgendein schwerer Gegenstand war im Wohnzimmer auf den Boden gefallen.
    Erschrocken blieb sie stehen, lauschte.
    Sekundenlang herrschte Totenstille, nur ihr Puls rauschte in den Ohren. Dann hörte sie neue Geräusche. Schritte, das Rascheln von Papier, das leise Klappern einer Computer-Tastatur. War Gronau doch zurückgekehrt?
    Lisa drückte ohne jede weitere Überlegung die Klinke, öffnete die Tür. Der Raum lag im Dämmer, nur vom Flimmern des Computer-Bildschirms erhellt. Die Person, die auf den kleingedruckten Text starrte, war nur schemenhaft wahrzunehmen.
    »Martin?«, fragte sie laut.
    Der Schlag traf sie von der rechten Seite, mitten ins Gesicht. Der große, schwarze Gegenstand tauchte unverhofft vor ihr auf, prallte auf ihre Nase, die Stirn, die Wangen. Sie spürte noch die höllischen Schmerzen, fühlte Tränen aus den Augen schießen, verlor den Kontakt zur Welt. Ohne jede Gegenwehr sackte sie in sich zusammen, fiel auf den Boden. Undurchdringliche Dunkelheit nahm sie in sich auf.

3. Kapitel
    Das Gesicht sah aus, als ob sich der Teufel persönlich damit befasst hätte. Die Wangen, die Partien um die Augen und die Stirn bis zur Unkenntlichkeit zerkratzt, das Kinn und der Mund zertrümmert und seltsam verrenkt. Wäre es dem schaudernden Publikum in einem Horrorfilm via Mattscheibe oder Kinoleinwand präsentiert worden – jeder Zuschauer hätte, eine eiskalte Gänsehaut auf dem Rücken und ein unablässiges Zittern in allen Gliedern, geschworen, dass es sich um die von einem hervorragenden Maskenbildner gestaltete Fratze einer Gummipuppe handelte. Nur Steffen Braig, der an diesem trüben Novembermorgen an den Ort des Verbrechens gerufene Kommissar des Stuttgarter Landeskriminalamtes, war gezwungen, sich mit der kaum begreifbaren Tatsache auseinander zu setzen, dass es sich um die Uberreste einer bis vor kurzer Zeit noch lebendigen jungen Frau handelte.
    Es war, bei aller Routine und der jahrelangen Konfrontation mit den Schattenseiten der Gesellschaft, einer der grauenvollsten Anblicke, denen er bisher ausgesetzt war. Irgendjemand hatte der Frau, die hier am Rand eines von brüchigem Asphalt geprägten Parkplatzes an der Waiblinger Fronackerstraße lag, bestialisch mitgespielt. Braig fragte sich nicht zum ersten Mal in seiner Karriere als Ermittler, welche Kräfte am Werk waren, Menschen zu derartiger Aggression verrohen zu lassen. Homo homini lupus, hatte der englische Philosoph Thomas Hobbes schon im 17. Jahrhundert unter dem Eindruck fortwährender Bürgerkriegsgräuel erklärt; der Mensch ist des Menschen Wolf. Aber waren Tiere wirklich so brutal zueinander?
    »Da hat sich einer in einen wahren Blutrausch gesteigert«, brummte der Arzt, der die Tote seit mehreren Minuten untersuchte, »so ein Ende wünsche ich nicht mal meinen schlimmsten Feinden.«
    Er hatte sich Braig als Dr. Raile vorgestellt, zeigte deutlich seine Abscheu vor dem unbekannten Verbrecher.
    »Sie glauben, es war ein einziger Täter?«
    »Das müssen Ihre Spurensicherer herausfinden.« Er deutete auf Rössle und Hutzenlaub, die in wenigen Metern Entfernung den Asphalt des Platzes untersuchten. »Ich würde es nicht ausschließen. Auch wenn die Frau so übel zugerichtet wurde – wenn es ein starker Mann war, ist das kein Problem. Wahrscheinlich hat er sie im Dunkeln überrascht.«
    »Wurde sie vergewaltigt?«
    Der Arzt schüttelte den Kopf. »Sie sehen doch – sie ist vollständig bekleidet.«
    Braig betrachtete den mit einer braunen Cordjacke und einer hellen Hose versehenen Körper der Toten, konnte nur am Oberteil der Jacke Spuren einer Auseinandersetzung erkennen. Knöpfe fehlten, der Kragen war an mehreren Stellen eingerissen. Das Sweatshirt darunter schien in Ordnung.
    »Der ging ihr nur ans Gesicht und den Hals«, setzte Dr. Raile hinzu.
    »Vielleicht kam er nicht zu seinem Ziel, weil sie sich heftig wehrte.«
    »Und vor lauter Wut darüber verging er sich an ihrem Gesicht?«
    »Wäre doch möglich, oder?« Braig starrte auf die völlig deformierten Wangen, das zertrümmerte Kinn der Toten, spürte selbst, wie wenig überzeugend seine Worte klangen. Nein, nach einem Sexualdelikt sah die Sache hier nicht aus, zumindest nicht auf den ersten, noch recht oberflächlichen Blick. Er musste sich noch um weitere Informationen bemühen, ehe er auf die Beweggründe des oder der Täter eingehen konnte.
    »Wie lange ist sie tot?«, fragte er. »Können Sie schon etwas dazu

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