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Schwaerzer als der Tod Thriller

Titel: Schwaerzer als der Tod Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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konnte nicht atmen, und er konnte sich nicht bewegen. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er hatte Bauchweh. Er befürchtete, sich gleich übergeben zu müssen.
    Der Schattenmann hatte Miss Navarre! Er hatte sie in den Kofferraum gesperrt!
    Dann war plötzlich das blutige Gesicht des Ungeheuers vor ihm und glotzte ihn an - schwarze, kalte Augen, der Mund aufgerissen, die Zähne entblößt. Sie starrten einander scheinbar eine halbe Ewigkeit lang an.
    »Tommy!«
    Der Schattenmann kannte seinen Namen! Er riss die Autotür auf und streckte seine krallenartigen Hände nach ihm aus.
    »NEIN!«, schrie Tommy aus Leibeskräften.
    Wie eine Krabbe kroch er rückwärts auf die andere Seite der Rückbank, packte den Griff und sprang hinaus. Kaum hatten seine Füße den Boden berührt, fing er an zu rennen.
    Er rannte um sein Leben. Aber es war wie in einem Albtraum - seine Beine flogen, aber er schien keinen Schritt voranzukommen. Schon im nächsten Moment hatte ihn der Schattenmann geschnappt und in die Höhe gerissen, so wie ein Raubvogel ein Kaninchen packte und zwischen seinen Klauen davontrug.
    »NEIIIIN!«, schrie Tommy und schlug mit Armen und Beinen um sich.
    Der Schattenmann lief zurück zum Auto seines Dads, schleuderte ihn auf die Rückbank, warf die Tür zu und
sprang hinters Lenkrad. Die Türverriegelung schnappte zu. Er saß in der Falle.

86
    Vince bog in Annes Straße ein und hoffte, dass sie die Lichter noch nicht ausgemacht hatte und ins Bett gegangen war. Er wollte sie nicht erschrecken, indem er sie weckte, aber er wollte sie unbedingt sehen. Mann, nach diesem Abend musste er sie ganz einfach treffen, musste noch etwas Schönes sehen. Er hatte genug von Tod und Gewalt.
    Am liebsten hätte er es noch hinausgezögert, ihr von Peter Crane zu erzählen. Der Gedanke an Tommy und wie sehr es dem Jungen wehtun würde, seinen Vater zu verlieren, wie sehr es ihn treffen würde, wenn er erfuhr, was für ein Unmensch sein Vater war, dieser Gedanke war nur schwer zu ertragen. Und dass der Junge dann völlig seiner Mutter ausgeliefert sein würde, machte es nicht besser.
    Der Fall war noch lange nicht abgeschlossen. Sie hatten bislang noch keine Beweise, die vor Gericht standhalten würden. Und auch sonst keine Beweise. Sie hatten ein genaues Täterprofil und ein paar Zeichnungen von stilisierten Vögeln. Sie hatten ein lebendes Opfer, das weder sehen noch hören konnte. Sie hatten Mutmaßungen und Theorien.
    Solange Peter Crane keinen Fehler machte, hatten sie nichts gegen ihn in der Hand. Wäre das hier ein Fernsehkrimi, könnten sie einfach losgehen und ihn nur auf der Grundlage solcher Mutmaßungen verhaften, und keine der ermordeten Frauen wäre wirklich tot, und kein Leben der Menschen, mit denen er in Berührung gekommen war, wäre wirklich zerstört. Aber so lief eine richtige Ermittlung einfach nicht. Im richtigen Leben floss richtiges Blut.

    Anne war mit Crane und seinem Sohn beim Abendessen gewesen. Bei der Vorstellung, dass sie Crane so nahe gekommen war, wurde Vince fast schlecht.
    Hinter den Wohnzimmerfenstern der Navarres brannte noch Licht, als er sein Auto hinter Annes VW in der Einfahrt abstellte. Er fragte sich, ob sie die Berichterstattung über die Ereignisse im Büro des Sheriffs gesehen hatte. Er fragte sich, ob die Fernsehleute es richtig dargestellt hatten.
    Er ging zur Haustür und klopfte leise. Ihr Vater schlief wahrscheinlich.
    Nichts rührte sich.
    Dann klopfte er ein bisschen lauter und schließlich noch lauter, als ihn eine böse Ahnung zu beschleichen begann.
    Er drehte den Türknauf, und die Tür öffnete sich.
    »Anne?«, rief er. »Anne? Ich bin’s, Vince.«
    Im Wohnzimmer brabbelte der Fernseher vor sich hin. Annes Handtasche lag auf dem Sofa, der Inhalt war auf dem großen Lederpolster verstreut. Sein Herz schlug schneller. Er zog ein sauberes Taschentuch aus seiner Jacke und klappte vorsichtig Annes Brieftasche auf. Führerschein und Kreditkarten. Achtzig Dollar in Scheinen und ein Foto von einem etwa fünfjährigen Mädchen, das sie selbst sein musste, und einer Frau, die unverkennbar ihre Mutter war.
    »Anne?«, rief er noch einmal.
    Dass die Haustür nicht abgeschlossen war, gefiel ihm gar nicht. So fahrlässig war sie nicht. Sie hatten darüber gesprochen.
    Er sah zu dem Zimmer des alten Mannes am Ende des Flurs - kein Licht, ab und zu ein lautes Schnarchen. Im ersten Stock ging er eines nach dem anderen die leeren Zimmer ab. Mit jeder Sekunde wurden die Befürchtungen

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