Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
Vom Netzwerk:
ist, darf man alles, ausgedacht kann man alles machen.
    Mir kommt das nicht ausgedacht vor. Und wenn, dann von einem kranken Kopf. Wenn Simon das geschrieben hat, dann stimmt was mit ihm nicht.
    Ich kann mir das nicht vorstellen, sagte Sydow, ich denke, du übertreibst.
    Schaus dir mal an, liegt da hinten.
    Das ist übrigens eine Einbahnstraße, in die du da gerade mit Geschwindigkeitsüberschreitung einrast. Einarbeiten ist wirklich gut, ich muss mich einfach erst einarbeiten, wenn du nicht den Exotenbonus hättest, hätten die dich nach einem Jahr einarbeiten schon längst zu einem Putensandwich verarbeitet.
    Versteh ich nicht, wieso Pute.
    Wieso nicht Pute, Grünzeug wie du passt doch zu allem. Sydow angelte sich ein paar Blätter von der Rückbank, begann zu lesen. Er schaute auf, links, du Trottel, Stanjic bremste ab, fuhr im Rückwärtsgang zurück, Sydow hielt sich am Handgriff, wenn ihr bei dir zu Hause alle so Auto fahrt, wunderts mich nicht, dass ihr mit den Nerven am Ende seid und als einzigem Ausweg dem Konjunktiv frönt. Wenn ich nicht ein so schlechter Autofahrer wäre, würde ich gut Auto fahren, wenn ich nicht so dumm wär, kämen mir die besten Ideen, wenn die Berge hier nicht so hoch wären, wär das Land schön flach, wenn –
    Jaja, Stanjic fuhr an den Rand und stellte den Blinker ein, er schaute auf die Liste und ging nach hinten zum Kofferraum und holte die Sandwichpakete raus, wenn du nicht gleich das Maul hältst, stopf ich’s dir. Indikativ.
    Auch der Indikativ hat seine Vorzüge, nicht wahr?
    Korrekt. Bis gleich.
    Sydow kurbelte das Fenster herunter, einparken? Macht man heutzutage nicht mehr oder was.
    Das üb ich im nächsten Jahr, eins nach dem andern.
    Prima, sagte Sydow, fein. Er stützte die Beine auf das Armaturenbrett und las weiter.

28. Schlachten – darum geht es

    Stanjic stieg wieder ein, schnallte sich an, und?
    Er geht gerade in eine Ausstellung, aber besonders brutal kann ich das nicht finden, sicher, der da herumgeht, spinnt, aber sonst? Woher hast du das eigentlich?
    Stanjic versuchte zu starten, kam nicht weg, ich bin zufällig darauf gestoßen.
    Zufällig, sagte Sydow.
    Ganz ehrlich, ich wollte, als ich noch bei Simon wohnte, an seinem Computer was über die Bioresonanzmethode recherchieren – übrigens ein hochspannendes –
    Vergiss es.
    Dann eben nicht. Jedenfalls war an dem Tag so eine Seite von Simon offen und wie ich ein bisschen reingelesen habe, dachte ich, da ist was komisch dran.
    Ja und dann?
    Dann hab ich’s mir ausgedruckt und wollte es in Ruhe mal lesen. Im ganzen Umzugstrubel ist es aber in irgendeiner Kiste verschwunden und ich habs erst neulich wiedergefunden. Was ist denn schon wieder mit dem Auto los, das fährt nicht mehr.
    Handbremse, sagte Sydow, Stanjic löste die Handbremse, fuhr los, also, wohin jetzt? Er warf einen Blick auf die Liste, bitte, sagte Sydow, er legte die Hände vor die Augen, hoffte, dass das entgegenkommende Auto noch ausweichen konnte, bitte bitte: einfach nur fahren. Dann schaffst dus auch, hübsch rechts zu bleiben.
    Jedenfalls, sagte Stanjic, heißt der Text: Schlachten, Ein Alphabet der Indizien .
    Hm, machte Sydow, er schaute aus dem Fenster, klingt nach Simon.
    Ja, sagte Stanjic, fand ich auch. Der Text ist in Abschnitte unterteilt, es sieht fast so aus, als würde er ihn Stück für Stück auf einen Blog laden oder so.
    Wie kommst du denn darauf?
    Weil jeweils das aktuelle Datum darübersteht, immer zwei drei Seiten, dann kommt der nächste Teil.
    Und worum geht es?
    Also, diese Person – ich nehme wie gesagt an, es handelt sich um Simon – fährt mit der Straßenbahn durch die Gegend und erinnert sich. Wenn ich das recht verstehe, geht es dabei um ihn und seine Exfreundin. Angeregt wurde das durch den Besuch dieser Ausstellung, er schaute sich dort so religiöse Sachen an, Maria und Gabriel bei der Verkündigung, Maria und Josef mit dem Kind und so weiter. Er aber versteigt sich in die Idee, diese Bilder hätten etwas mit seiner eigenen Geschichte zu tun, und steigert sich da völlig hinein. Rückblickend vermutet er, seine Freundin habe ihn betrogen und das gemeinsame Kind sei von einem anderen Mann, er verliert die Kontrolle über sich, fängt an, sie zu beobachten und ihr aufzulauern. Tja. Und weiter bin ich noch nicht. Lies mal weiter.
     
    Sydow schaute hoch, sie hatten schon längst wieder gehalten, standen vor dem Bürogebäude am Kanal. Stanjic war nicht da, verteilte die letzten Sandwichs. Sydow schaute auf

Weitere Kostenlose Bücher