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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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wen?
    Katharina?
    Maria erkennt er. Sie ist auf den Bildern, aber mit einem anderen Mann. Da der Große mit den rötlichen Haaren, er umarmt sie und dir ist sofort klar, das ist ihr Freund, der darf das. Dass das ihr Freund ist, das kapiert Josef auch. Dass er eine Hand auf ihrem Bauch hat, die klassische und unumgängliche Geste, wenn eine Frau schwanger ist und der Mann sagt: meins! Und das ist für Josef naturgemäß doppelt tragisch, weil sie a) mit einem anderen Mann zusammen ist und b) von einem anderen Mann ein Kind bekommt, den späteren Jesus nämlich, den er dann im Glauben an eine jungfräuliche Empfängnis großzieht. Und dann, das ist der eigentliche Gipfel der Sache, das Foto, als sie aus dem Zelt kommt. Schalt noch einmal zurück.
    Sydow schaltete ein paar Bilder zurück, ein kleines Zelt, die Sonne ging gerade unter, goldenes Licht, sie hatte das Kleid zusammengerafft und strich sich die Haare aus der Stirn, schaute lächelnd in die Kamera.
    Wie sieht sie aus, fragte Stanjic, er wandte sich zu Sydow.
    Keine Ahnung, Sydow betrachtete das Bild, gut sieht sie aus.
    Das meine ich doch nicht, ihr Ausdruck, das Gesicht, was denkst du, hat sie gerade gemacht im Zelt.
    Geschlafen, denke ich mal, ist doch ein Zelt.
    Aha. Und was, das wissen wir spätestens seit der französischen Besatzung, was macht man, so man eine Frau glücklich im Zelt hat? Wohl kaum schlafen, frag deinen Opa, hätten sie geschlafen, wärst du heut nicht hier und würdest noch mit den Mücken fliegen. Im Übrigen: Es wird gerade erst Abend, David zeigte auf die Sonne, die tief unten am Horizont hing.
    Vielleicht geht sie gerade auf, sagte Frederik.
    Nein, tut sie nicht, es ist Abend, die Sonne geht unter, Katharina kommt aus dem Zelt. Natürlich hat sie darin nicht geschlafen. Wieso auch, am helllichten Tag. Sie sieht gut aus, sicher, aber nicht unbedingt ausgeschlafen. Vor allem sieht sie glücklich aus, sie sieht unverschämt glücklich aus und schau genau hin! Er zeigte auf den unteren Bildrand.
    Ein Fuß! Sydow kam nun auch näher, begutachtete den nackten Fuß, der aus dem Zelt herausragte. Vermutlich von dem Schönling, ihrem Freund, das ist ein langes Elend, das sieht man auf dem Bild vom Ölberg, der passt, wenn er sich ausstreckt, nicht einmal ganz ins Zelt hinein.
    Exakt. Gabriel.
    Gabriel heißt der? Affiger Name.
    Findet Josef auch. Jedenfalls ist das ein postkoitales Gesicht, das sie hat, die Wangen rosig, die Augen glänzend, kurzum, glücklich. Gabriel hat gesagt, visitez ma tente, und sie hat gesagt, ja, ich zelte für mein Leben gern. Hätte sie beispielsweise gesagt, papperlapapp, würde Jesus noch auf alle Zeiten wie du mit den Mücken fliegen, vielleicht wärt ihr dann Freunde.
    Vielleicht läuft so was auch schon unter Blasphemie, Sydow klickte weiter, immer die gleichen Leute, immer dazwischen Katharina und der mit dem affigen Namen, dann schaltete er den Projektor aus, wie ist das in der Geschichte aus dem Schlachten text?
    Na ja, Stanjic hängte die Grazien wieder an die Wand, schaute für einen Moment nachdenklich auf ihre ausladenden, tänzerisch gereckten Hinterteile und nahm die Dias aus der Lade, räumte sie ins Kuvert und verpackte den Projektor in seinem Sarg, Josef und Maria sind verliebt. Dann ist sie schwanger von einem anderen.
    Also sooo kann man das auch wieder nicht sagen! Sydow nahm sich noch einen Keks und hob den Deckel ab, tauchte ihn in Davids kalten Kaffeerest, der Engel des Herrn brachte Maria –
    Ja sicher, das sagt sie zu Josef auch. Aber bitte, was würdest du denn glauben, wenn dir deine Freundin so was erzählt.
    Meine Freundin? Das ist übrigens nett, dass du mit mir über meine Freundin reden möchtest, merkwürdigerweise weichen die meisten Leute dem Thema irgendwie aus.
    Versteh ich auch nicht, sagte Stanjic, vielleicht, weil Simon das Gerücht streut, sie habe die Krätze.
    Der Hund.
    Neid, denk ich mal, ganz niedere Instinkte. Aber zurück zum Thema. Stell dir vor, du und deine Freundin, ihr seid glücklich und verliebt. Dann erklärt sie dir die Sache mit dem Engel und dem Herrn und dass sie ein Kind kriegt, aber nicht von dir.
    Da ich gerade glücklich und verliebt bin mit meiner Freundin, möchte ich mir über so schwierige Sachen gar keine Gedanken machen.
    Frederik, du hast gar keine Freundin.
    Danke, David. Aber trotzdem, was hat das mit Glaser zu tun.
    Soll ich dir sagen, was ich denke?
    Ja, mach mal, aber lass uns hier verschwinden, bevor Simon zurückkommt. Sydow ging mit

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