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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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fragen, was du mit dem Geschirrtuch im Wald wolltest?
    Stanjic betrachtete das Tuch, überlegte, nein, sagte er dann. Das darf man nicht fragen.
    Und wenn man trotzdem fragt?
    Dann, sagte Stanjic, er überlegte, dann habe ich Geschirr abgetrocknet, was sonst.
    Im Wald.
    Was denkst du denn. Soll ich damit in die Berge fahren.
    Hier hat wohl jemand schlechte Laune, wie.
    Kann schon sein. Dass du schlechte Laune hast. Wenn du schlechte Laune hast, sagte Stanjic, mach das mit dir selbst aus, ich kann mit so was nicht umgehen. Frohnaturen wie mich verstört das eher.
    Wars nun aus mit den familiären Gefühlen? Nein, musste sich Stanjic daran erinnern, auch die Konflikte, sie gehören unbedingt dazu, so was muss drinliegen.
     
    Mein Lektor lächelte und schaute mich wohlwollend an, holte betont langsam seine Mäkelliste hervor, strich den Punkt Konfliktunfähigkeit / anale Pattsituation durch. Geht doch, sagte er.
     
    Stanjic – in einem schwierigen familiären Hintergrund kannte man es nicht anders – neigte naturgemäß dazu, bei den ersten Anzeichen von Unstimmigkeit das Handtuch zu werfen, normalerweise, das wusste er haargenau, hätte er spätestens jetzt gedacht: War ja klar, das ist nichts mit der Familie, dieser Bruder hat mich schief angeschaut. Bloß hatte er dazu überhaupt keine Lust mehr. Es ging sich gut unter dem Schirm, es war schön, eine Familie zu haben, er mochte es, wenn der Himmel voller Blumen stand. Also, sagte er sich, wisch es weg, Kumpel, und er wischte es weg.
    Glaser schlupfte mit dem rechten Fuß aus dem Gummistiefel, er reichte Stanjic Schirm und Korb, zog den Stiefel aus dem Matsch und stieg wieder hinein. Bist du vorher schon jemandem mit schlechter Laune begegnet, sagte er, er nahm ihm die Sachen wieder ab, du wirkst ganz verstört.
    Kann schon sein, sagte Stanjic, war mächtig viel los im Wald.
    Die ganzen Pilze, sagte Glaser.
    Richtig, sagte Stanjic, entsetzliche Laune unter den Pilzen, sie habens satt.
    Was denn, fragte Glaser.
    Einfach alles, Stanjic wrang das Geschirrtuch aus, ich glaube, die Bäume gehen ihnen auf die Nerven.
    Sehen, sagte Glaser –
    – den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, sagte Stanjic, sie lachten, genau, sagte er, da sinkt allmählich die Moral. Dann so Mordkommandos wie du, rotten ganze Familien aus, kein Wunder, mag da keiner mehr lachen, glaub mir, unter den Pilzen ist die Laune wirklich am Boden.
    Er öffnete das Gattertor, ließ Glaser durch und schloss es hinter ihnen wieder. Er warf einen Blick zurück, die Wiese, grün und saftig und erschütternd euphorisch, sie sah wie eine Siegerin aus. Vielleicht sahen aber Wiesen immer so aus.
    Sie gingen über den Hof, Sydow war nicht mehr zu sehen, der Tisch stand jetzt, geputzt, gestriegelt und geschnäuzt, unter dem vorspringenden Dach des ehemaligen Waschhauses.
    Glaser schüttelte den Schirm aus, musterte Stanjic wieder, von wegen gute Laune, sagte er, ist das nicht Frederiks Schal?
    Doch.
    Meinst du, seine Laune könnte sich etwas verschlechtern, wenn er diesen nassen Lappen sieht?
    Kann ich in ihn hineinschauen?
    Weißt du, wie du das erklären sollst?
    Nein.
    Das glaube ich auch. Glaser stieg aus den Gummistiefeln und stellte sie neben die Tür, bonne chance!, sagte er, er trat ins Haus.
    Stanjic schaute an sich herunter, begann, die tropfnassen Sachen auszuziehen, die verdreckten Schuhe, das langwierige Abwickeln des Schals, er pulte sich aus dem Pullover, stieg aus den klammen Hosen, er war nass bis auf die Socken.
    Er wrang die Kleider aus, hängte sie sich über den Arm und trat, nur in Unterwäsche, ebenfalls ins Haus, ging durch die große Diele.
    Der Morgenrock. Was würde er nicht alles dafür geben. Ein Königreich für einen Morgenrock. Er seufzte. Paisley. Ein Wort voll der Sehnsucht.
    Er lauschte, hörte Geklapper aus der Küche, jemand redete, aber er konnte kein Wort verstehen.
     
    In Büchern, sagte ich mit erhobener Stimme zu Olaf, in schlechten natürlich, wird in solchen Situationen gerne an Türen gehorcht. Im wahren Leben horcht aber niemand an Türen, dessen bin ich mir sicher, ich habe noch nie an irgendwelchen Türen gehorcht, Stanjic hat noch nie an irgendwelchen Türen gehorcht und er wird hier und heute sicher nicht damit anfangen.
    Ach so, sagte Olaf.
     
    Er versuchte, so leise wie möglich zu gehen, er musste schleichen, er war lange nicht geschlichen, aber so was verlernt man nicht. Jeder, der einmal entweder den Indianern oder aber der Kavallerie angehört hatte,

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