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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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konnte schleichen, was das Zeug hält, Katharinas Familie konnte sicher ein Lied davon singen. Er schlich auf Zehenspitzen an den vielen Türen vorbei, arbeitete sich vor bis auf Höhe der Küche, schlich noch einen Tick leiser. Er war knapp vorbei, als sich der hinter ihm herkriechende Schal mit einem Blumenständer verbandelte, na klar, war ja typisch, für einen wie ihn typisch, sofort die ganze Palette an unglamourösen Ereignissen, es war grauenhaft, es war laut, grauenhaft laut flog der Nachttopf mitsamt dem Fleißigen Lieschen auf die Steinfliesen, zersprang in – er sah es auf den geübten Blick der ständig alles zählenden Autisten sofort – zersprang in genau tausend Teile, es war laut und schlagartig bemerkenswert unordentlich, er wickelte hastig den Schal auf, aber natürlich, da riss jemand die Küchentür auf, Katharina steckte den Kopf heraus.
    David?, sagte sie, sie sah das geschändete Lieschen, die Erde und Scherben, sie öffnete die Tür ganz und kam einen Schritt heraus. Sag mal, sie warf rasch einen Blick zurück in die Küche und zog die Tür hinter sich zu, musterte ihn, geht ihr hier alle nackt?
    Alle?, murmelte Stanjic, er hatte die flotte Impression eines splitternackten Simon, der seiner Filine alias Katharina per gymnastischer Übungen erhellte, über was für verborgene Muskelreserven er verfügte, es war furchtbar.
    Alle?, murmelte er erschüttert, weiß ich nicht. Nackt geht jedenfalls bei mir anders, er sammelte den Schal ein, wäre ich nackt, erklärte er, er hatte sich auch selbst wieder halbwegs eingesammelt, ginge ich mit einem Salatkopf bekleidet.
    Ach.
    Ja.
    Mit einem Salatkopf.
    Und ich hätte dann auch eher keinen Bart.
    So.
    Ja.
    Sie schauten sich an, er hätte gerne gelächelt, aber er war eine feige Socke.
    Wie stehts mit der Suppe?, sagte sie dann, sie schaute zu, wie er den Schal aufwickelte, er tropfte alles voll.
    Geht so.
    Ist sie vor dir geflohen? Über die Wiese gerannt, um sich im Wald zu verstecken?
    Du hast mich doch hoffentlich nicht beobachtet!
    Katharina lehnte sich an den Türstock, schlug ein Bein um das andere und verschränkte die Arme, na ja, beobachtet. Sagen wir so, nach dem Radau in der Küche, deinem entsetzten Aufheulen und dem anschließenden Gepolter mit den Türen war ich doch neugierig zu erfahren, wie du eine Kartoffelsuppe zubereitest.
    Ich denke, du hast Musik gehört! Ohrenbetäubend laut, wie willst du gehört haben, dass ich einen Radau in der Küche –
    Es gibt da in diesem Konzert durchaus ruhigere Passagen mit Klavier, die –
    Jaja, ich weiß schon. Und dann? Dann hast du mich beobachtet, wie ich über die Wiese gerannt bin, wie ich –
    Gerannt, gerannt ist nun nicht gerade das Wort, das mir dazu einfallen würde, ich würde eher sagen –
    Schon gut. Ich erinnere mich. Ich hatte mir das auch anders vorgestellt. Ich wollte rennen und musste schwimmen. Furchtbare Verhältnisse auf der Wiese.
    Ja, sah ganz so aus. Und?
    Was und.
    Hast du die Suppe erlegt?
    Stanjic überlegte kurz, nein, sagte er dann, leider nicht. Sie ist mir entkommen. Hat sich tief in den Wald zurückgezogen, die sehen wir nie wieder.
    Hoffentlich tut sie sich nicht mit anderen entlaufenen Suppen zusammen, zu so einer Art Guerilla.
    Ja, sagte Stanjic, er betrachtete sie angetan, hoffentlich.
    Sie schauten sich an.
    Lächeln? Er konnte einfach nicht.
    Und hoffentlich, sagte er darum mit belegter Stimme, hoffentlich treffen sie nicht auf die Pilze, ich glaube, die sind heute auf Krawall gebürstet.
    Tatsächlich?
    Ja. Tierisch schlechte Laune unter Pilzen, wenn die auf die Suppen treffen und mit denen gemeinsame Sache machen, fackeln sie womöglich alles ab.
    Katharina lachte, wir werdens ja sehen, sagte sie, ich habe sie eben alle in einen Topf geworfen, sie stieß sich vom Türrahmen ab, hob das letzte Stück Schal auf und legte es auf das zusammengewickelte nasse Knäuel in Stanjics Arm. Sie schaute zu ihm hoch, lächelte, mein Gott!, dachte er, lieber lieber Gott, schick mir einen Salatkopf, schenk mir einen Wickel, dass Männer und Frauen sich so anlächeln können, dass einem alles zu Berge steht, unfassbar.
    Sie steckte den Schal fest, damit er nicht wieder herunterrutschte. Es gibt gleich Essen, sagte sie, sie wandte sich wieder der Küche zu, vielleicht gehst du und ziehst dir einen Salat über, wenn du dich mit uns an den Tisch setzt.
    Ja, sagte er, oh Gott ja!, dachte er, er schaute ihr nach, wie sie in der Küche verschwand, die Tür hinter sich schloss.

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