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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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eine Abfolge von eingeübten Bewegungen, und eine Bewegung ist dann ein gespeichertes Muster. Vielleicht könnte man sagen, ein Muster ist eine Wiederholung.
    Und zum Beispiel das Muster, das du in meinem Wohnzimmer auslegst, woraus speist sich das?
    Verschieden, denke ich. Einerseits meine Intuition. Dann der Wunsch oder die Tendenz nach einer Art Ordnung, nach Schönheit und die wird am ehesten empfunden, wenn es eine Ordnung gibt. Gerade in den aperiodischen Mustern aber sehen wir ja, dass das nicht bedeutet, dass es immer die Wiederholung des ständig Gleichen ist, im Gegenteil, das Wunderbare daran ist, es verändert sich und wiederholt sich nur im Kleinen, im Großen wandelt es sich ständig, wird aber nicht unsymmetrisch, entspricht also immer noch unserem Bedürfnis nach Ordnung.
    Okay. Und im Verhalten? Ist es ein Muster? Oder ist es keines.
    Du meinst wegen Verhaltensmuster. Stanjic zuckte die Schultern, klar gibt es die, es ist zusammengesetzt aus Erfahrungen und Gewohnheiten und unserer Geschichte.
    Gut, sagte Sydow, also mal angenommen, du hast einen schwierigen familiären Hintergrund.
    Das übersteigt zwar mein Vorstellungsvermögen, meinte Stanjic, aber ich bemühe mich nach Kräften dir zu folgen. Weiter.
    In dem schwierigen familiären Hintergrund haben sich gewisse Verhalten etabliert. Verhaltensweisen etablieren sich, Muster ergeben sich, Handlungsabläufe, eine bestimmte Art und Weise, etwas zu tun, Konflikte zu lösen –
    Oder auch nicht zu lösen, sagte Stanjic, ich denke, wir waren beim schwierigen familiären Hintergrund, ein Merkmal dessen ist die völlige Unfähigkeit zur Konfliktlösung.
    Hast du das mal irgendwo gelesen.
    Ja, habe ich mal irgendwo gelesen, ich sage das nicht als Betroffener, sondern als Leser.
    Das ist ja schon mal was, Konflikte werden also nicht gelöst, sondern, tja, was macht der Akteur im schwierigen familiären Hintergrund?
    Hauen zum Beispiel, er kann dann hauen.
    Fein, er haut also. Was aber ist ein Konflikt?
    Wenn Interessen auseinandergehen, oder Meinungen und die daraus resultierende Spannung.
    Gut. Stell dir vor, du kommst aus einem schwierigen familiären Hintergrund, wenn die Interessen auseinandergehen, wird gehaut, das also ist das Muster – jetzt mal grob vereinfacht, ja?
    Ja.
    Weiter, dann bist du alt genug. Du verlässt den schwierigen familiären Hintergrund und kommst mit anderen Leuten zusammen, mit weniger schwierigen, zum Beispiel mit mir.
    Er machte eine kurze Pause, keine Reaktion.
    Es ist von Vorteil, fuhr Frederik Sydow fort, hast du jetzt nicht zum Beispiel gelacht.
    Über so was kann ich nicht mehr lachen.
    Auch gut. Wenn du mit mir also einen Interessenskonflikt hast, haust du mich dann zwangsläufig?
    Nein. Ich habe noch nie wen gehauen.
    Und warum nicht? Es müsste doch das einzige Muster sein, das du gelernt hast.
    Stanjic dachte nach. Er hatte eine Menge Bücher gelesen, die Psyche ist ein weites Feld, viele Bücher.
    Oder, fragte Sydow, ist das Muster an dir abgeprallt und hat dich gar nicht geprägt und du beziehst deine Verhaltensmuster ganz von woanders?
    Ich würde sagen, sagte Stanjic, das geht nicht. Ich würde sagen – und ich sage es nicht gern, glaub mir –, das Muster ist dasselbe, es ist nur abgewandelt, es hat eine andere Ausprägung.
    Was für eine.
    Darüber möchte ich jetzt lieber nicht reden, okay? Aber glaub mir, ich habe daran zu beißen.
    Für unsere These reicht es allemal, sagte Sydow, du sagst also, das Muster bleibt sich gleich, aber wenn du jetzt an die Kacheln denkst, könnten wir sagen, die Farben wechseln?
    Ja, ist gar nicht so falsch. Es hat eine andere Konnotierung, aber die Form ist dieselbe, die Kachelschablone bleibt die gleiche, aber wenn sie vorher beispielsweise rot war, ist sie jetzt grün.
    Und bleiben alle Kacheln immer im Spiel?
    Im Mosaik ja, sagte Stanjic. Er schaute die Tannenbäume an, er dachte an den Kreislauf der Nahrung, an den Kreislauf der Natur, er dachte an das Meer, das verdunstet, und sah den Regen vor dem Fenster, er dachte, dass ein steter Wandel war in der Welt und aber nichts verloren geht. Alles bleibt im Spiel. Das Muster webt sich fort in Unendlichkeit, in immer neuen Varianten und sich doch nicht unähnlich. Müsste man die Regungen und Bewegungen allen Treibens legen als ein Muster, in einem Koordinatensystem aus Zeit und Raum, es wäre, dessen war er sich plötzlich ganz sicher, es wäre ein aperiodisches. Alles bleibt im Spiel, alles wandelt sich ständig, es bleibt

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