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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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sich gleich und doch nicht.
    Und auch sonst, sagte er darum, ja, alle Kacheln bleiben immer im Spiel. Bei mir ist das Hauen noch im Spiel, aber in einer anderen Farbe. Ich kann sie nicht aussortieren, aber die Farbe kann sich ändern, die Linien verbinden sich aber doch. Ich kann andere Muster legen, aber der rote Faden zieht sich durch. Man könnte vielleicht sagen, es gibt ein hauendes Umfeld, die Aggression kommt also von außen. Sehr häufig, das belegen die Statistiken, sehr häufig übrigens wechselt sich darin nicht mal die Farbe, die Leute wurden gehauen und hauen dann auch. Aber gut, wenn sie nicht hauen, kann es sich beispielsweise nach innen wenden, es gibt mannigfaltige Möglichkeiten der Autoaggression, in denen man sich betätigen kann. Das wäre dann also schon ein Farbwechsel, allerdings kein besonders glücklicher. Ich glaube nicht, dass das Muster dadurch an Schönheit gewinnt.
    Die Frage ist, wie du das kannst.
    Wie meinst du das.
    Wenn es die Gewohnheiten sind, die die Muster dirigieren, dann – passieren sie einfach, oder?
    Gott bewahre, das würde ja heißen, dass ich von vorne bis hinten determiniert bin, und das weigere ich mich zu glauben.
    Schreib das mal auf, das dürfen wir für unsere Versuchsanordnung nicht vergessen.
    Was soll ich aufschreiben. Ich weigere mich, das zu glauben?
    Was genau.
    Stanjic überlegte, er wollte und würde das nicht glauben. Dass ein Muster nicht veränderbar ist, dass es sich nicht wandelt. Es geht nichts verloren, sagte er, aber alles wandelt sich. Daran glaube ich.
    Das heißt also, wenn wir das anwenden auf unser Mosaik und auf unseren Fall. Dann müsste diese These insofern greifen, als alle Indizien und alle Begebenheiten, die wir als wichtig eruiert haben, im Spiel bleiben. Nicht in sich gleich, aber in einer Verwandlung.
    Ja. Ja, ich denke, das stimmt.
    Aber. Mal angenommen, es stimmt, was du neulich gesagt hast: Alles, was passiert, ist wichtig. Angenommen, der Mann von der Kreuzung ist wichtig, das hast du gesagt. Nur mal angenommen, ich sage nicht, dass ich dir zustimme, ganz im Gegenteil, ich –
    Du willst deine totale Kapitulation zu Protokoll geben, richtig?
    Dass du es einem aber auch so schwer machen musst, immer druff, immer darauf herumtrampeln, anstatt dass du stillschweigend einfach anerkennst, dass ich dir ein bisschen entgegenkomme.
    Du kommst mir nicht entgegen, du schließt dich meiner weisen Führung an, so könnten wir es im Protokoll festhalten.
    So was unterschreibe ich nicht.
    Denkst du, das ist ein Verein, der seine Protokolle nachher zur Einsicht und Unterzeichnung herumschickt? Da kennst du mich schlecht.
    Weißt du, dass sich bei mir auch langsam eine gewisse Diskursmüdigkeit breitmacht?
    Umso besser, rief Stanjic, deine Oma würde sagen, bravo, wirst du endlich erwachsen. Er notierte sich alles.
    Was notierst du da.
    Deine Verwandlung, sie erscheint mir wichtig, ich werde es in unserem Mosaik als den Stein legen, an dem deine innere Reifung einen gewaltigen Sprung getan hat.
    Meinetwegen. Sydow hatte sich aufgesetzt und lehnte jetzt mit dem Rücken gegen die Küchenwand.
    Was würdest denn du sagen, was ein Muster ist, fragte Stanjic, nachdem er alles aufgeschrieben hatte.
    Ein Muster ist das, was man malt, sagte Frederik von Sydow abschließend.
    Hm. Stanjic überlegte, es klang so einfach und zu einfach, er schaute Sydow nachdenklich und erstaunt an. Aber eigentlich, sagte er langsam zu ihm, hast du damit gerade was ziemlich Kompliziertes gesagt. Und was Wahres. Ich glaube, das stimmt: Ein Muster ist das, was man malt. Weil man malt immer ein Muster. Man wird sich immer über das, was man malt, verraten, weil es immer ein Muster zeigt, und der, der zu entschlüsseln weiß, was du malst, erkennt das Muster und umgekehrt.
    So kompliziert hatte ich es gar nicht gedacht, aber ich bin froh zu merken, dass noch in meinen einfachsten Äußerungen so viel Komplexität steckt. Du kannst mir mich ein andermal erklären, ja? Jetzt zum Mann an der Kreuzung. Erinnerst du dich, wie er aussah.
    Ist es wichtig.
    Du musst jetzt darauf herumreiten, ja? Du willst von mir hören, ja, der Mann an der Kreuzung, er ist wichtig.
    Ja.
    Gut. Ja. Es ist wichtig. Ich weiß es nicht sicher. Ich habe nur so ein Gefühl.
    Ein Gefühl, das ist doch schon mal was. So krude und verworren es sich auch noch zeigen mag, das heißt, deine Empfindungsskala erweitert sich, immer ein sicheres Zeichen für eine stattfindende Entwicklung.
    Bitte, ich kann dieses

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