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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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Großmutter zu erhöhen. Sie sollte sehen, zu welchen Demütigungen er sich gezwungen sah, weil sie das verklauselte Geld nicht locker machte, besser, sollte seine Oma denken, besser, er gründet ein sinnloses Geschäft oder eine Gesellschaft, die keiner braucht, als dass er sich vor meiner gesamten Kundschaft zum Horst macht.
    Stanjic bezweifelte, dass dieser Plan wirklich greifen würde. Die Stadt war zu groß, Weihnachtsmärkte gab es zu viele und Frederik Sydow war, als Weihnachtsmann verkleidet, kaum noch als Sydow erkennbar, er verschmolz in kongenialer Weise mit seinem Job.
     
    Frederik ist abends ständig unterwegs, sagte Stanjic, in Sachen Nikolaus, und du.
    Was und ich.
    Und du lässt mich auch hängen, was machst du eigentlich abends immer.
    Arbeiten, ich habe –
    Jaja, viel zu tun, was denn? Nein, sag nichts. Kunst und Neue Medien. Gibt einfach mächtig viel zu tun in der Kunst, den Neuen Medien.
    Stimmt, sagte Glaser.
    Wenn ich alleine ins Tante gehe, muss ich mich regelmäßig von Frau von Sydow abkanzeln lassen, das packe ich momentan nicht. Mich macht der Winter schon vollkommen fertig. Der Winter gepaart mit Frau von Sydow und ich kann mir die Kugel geben. Wenn ich ins Tante gehe, denke ich, ich kann nichts und ich bin nichts. Wen ich aus dem Tante komme, denke ich, ich kann und bin wirklich nichts. Ich trete heraus und um mich herum ist diese zersetzende Düsternis – übrigens völlig einerlei, ob ich nachts aus dem Tante komme oder mittags, über die Dämmerung kommt ein Tag hier nicht mehr heraus. Ich kann nichts, denke ich, ich bin nichts. Wirklich . Und die Stadt flüstert: stimmt, go and kill yourself.
    Okay. Das ist natürlich nicht besonders konstruktiv.
    Nein, wirklich nicht.
    Und wieso kochst nicht du zur Abwechslung mal, du kochst doch gar nicht schlecht.
    Ich bin, sagte David Stanjic, gerade in einer heiklen Phase meiner Entwicklung, ich muss umsorgt und versorgt werden, damit mein Ich ausreifen kann.
    Welches Ich bloß.
    Weiß ich noch nicht, ist einfach noch zu früh, das zu sagen. Umsorgen und versorgen und für mich sorgen. Ganz wichtig. Hat meine Kellermutter versäumt. Muss ich jetzt nachholen.
    Bei mir.
    Und bei Frederik. Aber Frederik wird nach geraumer Zeit so lästig, pöbelt mich dauernd an, das mag ich nicht.
    Er sagt, du wirst lästig und pöbelst ihn an.
    Das nennt man Übertragung.
    Tja. Ich glaube langsam, ich weiß, wie es sich anfühlt.
    Müsst ihr dringend bearbeiten, sonst gerät eure Entwicklung ins Stocken.
    David, dieser Jargon! Du liest die falschen Bücher. Die falschen.
    Ach Simon, ich glaube, das mit den richtigen Büchern, das wird überschätzt. Man kann einfach nur lesen und hoffen, dass es was nützt.
    Er ging zur Anrichte und holte sich die Reiscracker wieder heraus, ich lege mich jetzt ein bisschen aufs Sofa und gebe die Hoffnung nicht auf. Wenn das Essen fertig ist, sag Bescheid. Sicher bist du froh, dass du nicht alleine essen musst.
    Ja, sagte Glaser, während Stanjic ins Wohnzimmer hinüberging und sich mit einem Buch gemütlich aufs Sofa legte, ja, sagte Glaser, todfroh.

97. Endlich: ein Rezept zum Nachkochen

    Erinnerst du dich, wie er aussah? Sydow stocherte in den Nüssen herum, suchte die Mandeln heraus und begann zu nussknacken, steckte sich die Kerne in den Mund.
    Was? Stanjic schaute von seinen Papieren auf, sie saßen in Glasers Küche. Glaser war nicht da, sie suchten Indizien und schauten sich Filme an, sie saßen in der Küche und aßen Glasers Nüsse und Mandarinen auf. Sie pausierten gerade von der Detektive Mühen.
    David. Es ist nicht so schwer.
    Wie bitte?
    Ob du dich erinnerst, wie er aussah. Sydow schob den Teller weg und öffnete die Ofentür, warf die Schalen ins Feuer. Er blieb in der Hocke und schaute in die Flammen, legte ein paar Mandarinenschalen hinein, ein paar Zapfen aus der Holzkiste, schaute zu, wie alles schwarz wurde und verbrannte, die Zapfen rochen gut.
    Wie wer aussah. Stanjic vertiefte sich wieder in seine Unterlagen und tastete mit der Rechten nach dem Keksteller.
    Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wie er aussah. Sydow erhob sich ein bisschen und rückte den Teller von Stanjic weg über den Tisch, schaute Davids krabbelnder Hand zu. Es war schon so spät, sagte er, ich war schon so müde und es war schon so dunkel und ich habe auch nicht genau aufgepasst. Er legte sich auf den Küchenboden und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
    Von was redest du, Stanjic schaute auf, suchte nach dem Keksteller

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