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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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Wort nicht mehr hören! Zurück zu dieser Nacht, diesem mysteriösen Mann. Was hat er da gemacht? Warum stand er hinter uns, mit ausgeschaltetem Motor? Warum wollte er zum Alex und fuhr dann nicht hin?
    Spielen wir Krimi?
    Ja, David, wir spielen richtig schlechten Krimi.
    Wie in den falschen Büchern.
    Ja, David.
    Die du heimlich liest.
    Sydow starrte ihn wütend an, man kann den Bogen überspannen, David Stanjic, vor zwei Generationen hat man in meiner Familie noch gehaut, das hat sich nur verformt und eine hässliche Farbe angenommen und ich spüre regelrecht, wie es in seiner eigentlichen Ausprägung in meiner Person wiederkehrt, in Alarmrot, verstehst du? Ich werde zur roten Kachel! Ich spüre die Wiederkehr des Musters!
    Also gut, Stanjic lachte, du bist ganz am Boden, das gefällt mir nicht so schlecht. Aber ich werde nicht über dich drübergehen, ich reiche dir die Freundeshand und helf dir wieder auf.
    Stanjic überlegte. Er starrte aus dem Fenster, jetzt war es schon ganz dunkel. Glaser war heute Morgen mitsamt Kamera in einem Taxi davongebraust, sie hatten es, bei Frau Heese hinter ein paar Zimmerlinden verborgen, beobachtet. Er würde, so vermuteten sie aus den Erfahrungen der letzten Wochen, lange unterwegs sein, er war in den letzten Wochen immer lange unterwegs gewesen, im Zeichen der Kunst, der Neuen Medien. Dennoch sollten sie hier langsam wieder abdampfen. Er versuchte, sich den Mann ins Bild zu holen, wie er neben seinem Fenster aufgetaucht war. Er erinnerte sich nicht mehr so gut, es war spät gewesen und das Licht so fahl und sie beide so müde und vor allem, er hatte das in den hintersten Winkel seines Bewusstseins gestopft. Vor allem nämlich war er gerade in die Knie gegangen vor Frederiks Filmberichten. Ganz allgemein und denen mit der Üetliberg-Episode im Speziellen.
    Sydow hatte sich wieder hingelegt, rollte sich auf die Seite und stützte das Kinn in die Hand, schaute ihn an.
    Braune Haare, sagte Stanjic. Kurz. Groß, mindestens eins achzig, eher mehr. Schlank, dünn, sehr mager, diese neurotischen Augen hungriger Seelen, schlanke Hände, lange Finger, Ohren wie Koteletts.
    Was?
    Ich liebe Vergleiche!
    Das ist ja das Schlimme.
    Stanjic knuffte ihn in den Oberarm, ach was, das habe ich aus einem Buch.
    Aus was für einem Buch.
    Aus einem Buch mit harten Jungs, in solchen Büchern hat man Ohren wie Koteletts oder Blumenkohl.
    Sydow schaute auf die Uhr, komm, wir zischen ab, meine Empfindungsskala erfährt gerade ungeahnte Wachstumsschübe, ich fühls in meinem Gedärm, dass Glaser bald nach Hause kommt.
    Das nennt man Hunger.
    Erstaunlich, was mir bisher, in meinem emotional verkrüppelten Vegetieren, alles entgangen ist, der Wahnsinn.
    Sie packten ihre Siebensachen und verwischten die Spuren, dann gingen sie ins Tante und Frederik Sydow unterrichtete seine Großmutter wortreich von einem klitzekleinen Anflug von Diskursmüdigkeit und ob sie dementsprechend nicht die Kohle lockermachen wolle, er spüre den dringenden Impuls, etwas Sinnvolles zu gründen.
    Was denn, sagte Frau von Sydow, sie verteilte mit Quack zusammen gerade die Suppenterrinen.
    Sydow lief neben ihr her, zum Beispiel eine Antidiskursdiskussionsggesellschaft, kurz ADDG , wir könnten auch einen Laden eröffnen, mit so Gimmicks, Merchandiseprodukte sind heutzutage sehr wichtig.
    Frederik, du bist mir im Weg, zuletzt stolpere ich noch über dich drüber und schütte die ganze Suppe aus.
    Also, was sagst du dazu.
    Nein.
    Hm. Frederik ging im Rückwärtsgang vor ihr her, ist das alles, was du dazu zu sagen hast?
    Ja.
    Der Diskurs ist nicht so deine Stärke, was?
    Nein.
    Verstehe. Er ging schweigend ein paar Meter vor ihr her, machte dann zwei Ausfallschritte, Frau Sydow kreischte, er fing mit der einen Hand den Suppentopf auf, mit der anderen seine Oma, das ist Reaktion, oder?, sagte er zu ihr hinunter, wenn du mich nicht hättest, wärst du jetzt vor Schreck zu Boden gekracht, hättest dir die Hüfte gebrochen, die Suppe über den Kopf gegossen, Verbrennungen zweiten Grades davongetragen und würdest den Rest deiner Tage simmernd in einem Altenheim verbringen, ohne Besuch.
    Frederik. Raus jetzt.
    Erst, wenn du mir die ADDG finanzierst, das wird ein Knüller.
    Nichts finanzier ich dir! Hilf mir hoch!
    Sydow zog seine Oma wieder in die Senkrechte und trug ihr den Suppentopf zum nächsten Tisch, du hast recht, Omi, der Diskurs, er ist noch nicht tot, da geht noch was. Ich bin froh, dass ich dich zurate gezogen habe, ich hätte

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