Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
Vom Netzwerk:
der Schlange hinter ihnen, Grieg und Die Stadt sucht einen Mörder, wie sollte er die Vermutungen zusammenfassen und die Verdachtungen, die gesammelten Indizien, die Kacheln, kurzum, das ganze Mosaik, das Muster, die Aperiodik?
    Angenommen, sagte er, es herrscht eine – Situation. Sie wirkt – bedrohlich oder unverständlich, sie ist seltsam und nicht zu verstehen. Sie ist vielleicht ein Witz, aber vielleicht auch nicht. Sie ist völlig unbegreiflich und nichtsdestoweniger ist man darin verwickelt. Was dann?
    Hm. Onkel Dagobert hatte sich an die Verzwirbelung des Treppengeländers gelehnt und betrachtete ihn, das klingt reichlich undurchsichtig.
    Es ist undurchsichtig.
    Dann, sagte Dagobert, stell eine These auf. Das ist der Perspektivwechsel. Eine These ist die Vermutung einer Determinierung, man kann sie erst mal behaupten und sehen, wie weit man damit kommt und ob sie – greift.
    Woran aber merke ich, ob sie greift?
    Daran, dass es wirkt! So! Und jetzt muss ich los, Hühner rupfen.
    Onkel Dagobert ging Hühner rupfen und David stand noch für einen Moment in der großen Halle, überlegte. Die Konfliktunfähigkeit. Die Uetliberg-Episode. Katharina und er. Diese vier Komponenten musste er irgendwie zusammenbringen. Er überlegte noch ein bisschen mehr, aber es gab nicht viel zu überlegen. Es war eine Verzögerungstaktik und damit eindeutig der Konfliktunfähigkeit zuzurechnen und der wollte er eigentlich nicht mehr so viel Platz einräumen. Also, fertig überlegt, es gab nichts zu überlegen. Er streckte das Kreuz durch, er war ein Mensch und Mann! Er hoffte, der Humor würde ihm nicht ausgehen. Dann ging er, um mit Katharina zu streiten.

116. Danke, Olaf

    Sie saßen beim Paprikahuhn, es schmeckte ausgezeichnet.
    Das schmeckt ja ausgezeichnet, sagte Frederik zu David, wer hätte das gedacht!
    Jaja, hör mal. David legte sein abgenagtes Hühnerbein auf den Teller und wischte sich die Hände ab, ich war heute noch ein wenig draußen. Spazieren. Mit Katharina.
    Wie schön für euch, Frederik nahm den Knochen und warf ihn unter den Tisch. Getrappel. Knorpsen und Knacken. Ein Jagdhund ist immer wachsam.
    Ja, geht so, dachte David, es war eher weniger schön gewesen.
    Sie waren schon auch spaziert, aber in der Hauptsache hatten sie gestritten, er war sich also nicht sicher, ob so was überhaupt unter Spaziergang lief, aber er verspürte wenig Lust, das mit Frederik zu erörtern.
    Es war recht eigentlich einer der anstrengendsten Nachmittage überhaupt gewesen. Die Hürde des Gesprächsanfangs, das Benennen generell, er schob das alles hastig beiseite, es hatte ihn zutiefst erschöpft und er fühlte sich mürb und alt. Aber, so viel war ihm klar, trotz aller Peinlichkeit, die es für ihn auch geheißen hatte, trotz des Gefühls des freien Falls, sobald er sich aufs Eis wagte (spazierend und sprechend), trotzdem er und Katharina nicht nur streitend den Nachmittag im lauschig verschneiten Wald zugebracht hatten, sondern auch, zurück im Haus, im Streit auseinandergegangen waren und ihn diese Tatsache schier wahnsinnig machte, war er sich im Klaren, dass er etwas geschafft hatte. Es war neu, es war anstrengend, es war richtig, es war, ja, ein Meilenstein in seiner Entwicklung – das durfte er natürlich Frederik so nicht sagen, es war einerseits ein Sprachversatzstück und noch dazu ein Terminus aus der Psycholiteratur, eine höchst unerfreuliche Emulsion, wie Frederik finden würde.
    Jetzt aber tat es hier nichts zur Sache, er musste es beiseitelegen und sich darin üben, den Konflikt auszuhalten. Meilenstein in meiner Entwicklung , murmelte er, Konflikt aushalten , es war zum Im-Boden-Versinken und – ha! Schon wieder! Im Boden versinken! Er dachte, fühlte und stritt neuerdings nur mehr in Modulen, das Sprachversatzstück war zu seiner ureigentlichen Natur geworden, grausig.
    Was sagst du? Frederik neigte sich ihm ein wenig zu, du musst lauter sprechen, hier gehts zu wie im Irrenhaus. Noch Reis?
    Nein danke, also hör zu. David schaute sich um, aber Frederik hatte recht, niemand würde hier etwas mithören, alle stopften sich mit Huhn und Reis voll und tranken Holunderblütensekt vom Sommer. Es war behaglich und warm und auf der anderen Seite drüben saß Katharina, vertieft in ein Gespräch mit Simon. David versetzte es einen Stich – ach was, murmelte er, Frederik liegt ganz richtig, Sprachversatzstücke bringens einfach nicht, es versetzt mir nicht einen Stich. Vielleicht holterdipolterte sein Herz. Vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher