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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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interessiert uns jetzt nicht.
    Wirst du gerade erwachsen.
    Wenn du weiterschwafelst, werde ich hier und vor deinen Augen noch zum Greis. Komm, mach hinne, hol das Messer, lass alle Details und dann gehen wir schlafen. Wenn ich daran denke, dass wir morgen schon wieder in aller Herrgottsfrühe aufmüssen, wird mir bänglich. Ein Messer, ist doch schon mal was, das nimmst du.
    Wieso ich, rief David entgeistert, ich kann damit überhaupt nicht umgehen!
    Aber eher als ich. Du kommst aus Österreich, da seid ihr dem anthropologischen Erbe noch viel näher, ihr seid noch nicht so lange von den Bergen heruntergekraxelt und aus den Wäldern gekrochen wie wir hier in kultivierten Gegenden, ich würde mich, kaum hätte ich das Messer gezückt, innerhalb von Sekunden selbst erdolchen, ich schwöre. Im Übrigen habe ich eine prima Idee, Onkel Jodok hat doch dieses scharfe Zeug mitgebracht, Obstler, von meinen eigenen Zwetschgen!, orgelte er im Bariton des Onkels, immer, wenn sie sich den hinter die Binde kippen, brüllen sie vor Freude, so scharf ist der. Ich füll mir was in eine Sprühflasche, meine Oma hat so was in ihrem Badezimmer stehen, mit Lavendelwasser. Wenn ich der Unbekannten X was von dem Schnaps ins Gesicht spritze, holla! Der wird krähen vor lauter Spaß, spielen ist schön! Wird er denken, bevor er endgültig erblindet und dann von dir zu Frikassee vermetzelt wird.
    Wenn du meinst, sagte David zweifelnd.
    Auf jeden Fall setzen wir uns morgen die roten Mützen auf, damit wir uns immer sofort orten können, wenn was sein sollte.
    Schön, sagte David, so machen wirs, er gähnte, ihm war es einerlei, er wollte ins Bett.
    Und so machten sies.
    War das insgesamt ein guter Plan?
    Schwer zu sagen, Messer und Schnaps, na ja. Das mit den roten Mützen jedenfalls, das war gut, das war sogar richtig prima.

119. Ein eleganter literarischer Trick

    Kann man zusammenfassend erzählen, wenn sich realiter die Geschehnissen schier überschlagen?
    Gewiss.
    Bloß, wie fängt mans an?
    Am besten von hinten.
    Hinterher also war es folgendermaßen:
    Der Arzt konnte nur mehr den Tod feststellen, die Leiche war abtransportiert worden. Die Polizei hatte nach umfangreichen Zeugenbefragungen und Tatortbesichtigungen, nach Tathergangsanalysen und dergleichen langen Worten mehr ihre Arbeit endlich abgeschlossen und wurde von Auguste Sydow im Hof verabschiedet, sie stiegen in ihre Autos und fuhren langsam über die schneebedeckte Straße davon.
    Im Haus war es ungewohnt ruhig, Onkel Hinne hatte die Kinder abgezogen, sie hatten im zweiten Salon eine Höhle gebaut und er erzählte ihnen das Märchen von Katz und Maus in Gesellschaft.
    Onkel Jodok lag oben in seinem Zimmer, schlief. Der Arzt hatte ihm ein starkes Beruhigungsmittel verabreicht und Tante Hildegard saß bei ihm, betrachtete sein Gesicht, in dem es beständig zu arbeiten schien, mitunter entspannte es sich und er sah aus wie ein Kind, ein junger Bub, dann wieder verzerrte es sich unter einem Grauen, das durch seine Träume ging.
    Die anderen waren im großen Wohnzimmer, unterhielten sich leise.
    Frederik saß im Schaukelstuhl, er sah müde aus und so, als versuche er immer noch zu begreifen, was eigentlich passiert war. Tatsächlich versuchte er immer noch zu begreifen, was eigentlich passiert war.
    Was, sagte er, ist eigentlich passiert?
    Seine Großmutter war wieder hereingekommen, sie schloss die Salontür und setzte sich in einen Sessel. Sie saß eine Weile da und schwieg.
    Ich denke, sagte sie dann, das würden wir alle gerne wissen.
    Tante Mary rührte einen großzügigen Löffel Honig in eine Tasse Tee und reichte sie ihr. Sie nahm einen Schluck, setzte sie in ihrem Schoß ab und schaute von Frederik zu David, er saß auf dem kleinen Sofa. Simon stand mit dem Rücken zum Zimmer am Kamin und schaute ins Feuer.
    Frederik? Sie schaute ihn an.
    Frederik hob die Schultern, ich weiß es nicht, Oma. Ich weiß es wirklich nicht.
    Irgendetwas musst du doch wissen, immerhin haben du und David –
    Ich denke, es ist besser, wenn ich versuche, den Vorfall zu erklären. Simon hatte sich umgedreht, er schaute Frau Sydow an, er war immer noch blass und sah auf eine Art – ernüchtert aus, dachte Frederik, wie er das noch nie an einem Menschen gesehen hatte.
    Er hatte überdeutlich sein Gesicht vor Augen, als er mit den anderen durch den Schnee kam, herbeigerufen durch den Schuss und die entsetzten Schreie danach, er hatte sich vorgedrängt und hinuntergeschaut auf den Mann und sein

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