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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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der Wohnung herum, schaltete die Lichter ein. Er setzte sich im Wohnzimmer in den Lehnstuhl, griff sich eines der Bücher, die auf dem Tisch lagen, schaute sich die Bilder an.
    Simon hatte gelbe kleine Zettel an verschiedene Stellen geklebt. Er schlug die jeweiligen Seiten auf, schaute sich die Bilder an, las die Notizen am Rand, las die Unterstreichungen. Er legte sich das Buch aufgeklappt auf den Bauch, lehnte den Kopf zurück und überlegte. Es war ein sehr bequemer Lehnstuhl, sehr bequem. Er schloss die Augen, hörte Schritte in der Wohnung über sich, das Öffnen und Schließen von Schubladen, die Schritte entfernten sich, ein Wasserhahn wurde aufgedreht, es polterte und rumpelte dumpf über seinem Kopf, jemand ließ sich ein Bad ein, dumpf rumpelte Wasser in eine Wanne. Es war interessant und schwierig, anderer Leute Notizen und gelbe Zettelspuren zu verfolgen, es war schwer zu verstehen.
     
    Du hast hier, mein Lektor deutete auf das rote Fragezeichen, das er quer über den Absatz gemalt hatte, du hast vergessen anzuführen, was für Bücher das sind, die Glaser hier herumliegen hat.
    Nicht vergessen, erwiderte ich gekränkt, wo denkst du hin, es wird ja später, auf Seite 375, wenn sie alle das erste Mal auf dem Sydow’schen Gutshof sind, näher erläutert. Es sind lauter Bildbände, zur Stilllebenmalerei und zu verschiedenen religiösen Themen, du weißt schon, all die Bilder, auf die er sich in dem Schlachten text bezieht – ich hielt theatralisch inne, griff mir an die Stirn, entschuldige! Du weißt es ja nicht! Nie gelesen!
    Mein Lektor lächelte unverbindlich.
    Verschiedene Darstellungen, fuhr ich fort, von Mariä Verkündigung und dieses Bild, wo die Engel wie Rosinen ins Bild fallen und Maria und Josef mit dem Jesukindlein –
    Jaja, sagte er, schreib genau das hin.
    Jetzt noch nicht, das wirkt geheimnisvoller.
    Blödsinn, sagte er, jetzt sofort schreibst dus hin.
    Du bist, behauptete ich, für diesen Beruf viel zu pragmatisch.
    Kann schon sein, sagte er ungerührt, und jetzt schreib auf.
     
    Er wusste nicht recht, was er denken sollte, von Glaser. Las er hier so kreuz und quer, schaute sich die Bilder an und fand es interessant? Und warum? Suchte er etwas? Was ganz Bestimmtes? Und was? Er hatte nicht einmal gewusst, dass Glaser sich mit diesen Dingen beschäftigte, er drehte das Buch herum und las auf dem Cover. Er nahm die anderen Bücher vom Tisch, es waren lauter Bildbände, viele kleine gelbe Zettel, er nahm das ein oder andere zur Hand, las noch ein paar Anstreichungen, ein paar Notizen, es sah ihm nicht nach Zufall aus, aber verstehen konnte er es trotzdem nicht. Er schichtete die Bücher wieder aufeinander, schob sie gerade und richtete die Kanten aus, bloß tanzte was aus der Reihe, das Buch machte keinen schönen Schnitt, große Ausbuchtung, das störte ihn.
    Er zog es unter dem Stapel hervor, es schlug von selbst an der Stelle auf, er nahm das Kuvert heraus. Er öffnete die Lasche, sie war nur hineingesteckt, und schüttete sich die Diabildstreifen heraus in die Hand. Er ging zum Sofa und hielt die Dias gegen das Licht. Man konnte nicht gut erkennen, was darauf los war, viele Leute, andere Landschaften, hier jedenfalls in der Gegend war das nicht. Geröll, ein Strand, eher Palmen als Bäume, ein heißes Land. Er bräuchte einen Diaprojektor. Gab es so was überhaupt noch? Er hatte gar nicht gewusst, dass man noch Dias machen konnte. Er steckte die Bilder zurück ins Kuvert und legte sie ins Buch, schob es wieder unter die anderen im Stapel. Würde er, so hier ein Diaprojektor stünde, ihn überhaupt als solchen erkennen? Vermutlich nicht. Er war nicht sicher, überhaupt je einen Diaprojektor gesehen zu haben. Kann sein, dachte er, als ich ein kleiner Junge war.
    Als ich ein kleiner Junge war, dachte er, saß ich und lauschte Vorträgen mit diaprojziertem Anschauungsmaterial, zum Besipiel über die Serengeti.
    Die Serengeti war lange ein beliebtes Diavortragsthema, plötzlich sprachen alle von der Schönheit, der Wildheit der Serengeti, kaum ein Buch, welches man aufschlug, kam ohne die Erwähnung der Serengeti aus, Fototapeten der Serengeti, BBC -Dokumentationsfilme über die Serengeti, die Serengeti lebt, die Serengeti stirbt, die Serengeti darf nicht sterben, die Sonne geht auf in der Serengeti, die Nächte sind kalt in der Serengeti, der Serengetilöwe, Mensch sein in der Serengeti, und so weiter, es war, als er ein kleiner Junge war, die Serengeti quasi allgegenwärtig und das

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