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Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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»leben Sie mit Ihrem jungen Mann in Sünde?«
    »Ich … ich … nein«, stammelte das Mädchen. »Ich meine …«
    »Lassen Sie es mich so formulieren«, sagte Joan freundlich. »Waren Sie mit ihm schon im Bett?«
    Judiths Gesicht war puterrot. »Nein. Ich … Das war ich nicht. Er hat mich darum gebeten, aber ich hatte Angst davor …«
    »… ein Kind zu bekommen. Sehr umsichtig und lobenswert. Wieso in aller Welt heiratet ihr nicht?«
    Judith starrte Joan an, so als habe diese ihr eine Reise zum Mond vorgeschlagen. »H-heiraten? Aber wir könnten uns das niemals leisten …«
    »Wenn ihr es euch leisten könnt, getrennt zu leben, dann könnt ihr es euch auch leisten, zusammen zu leben. Vorausgesetzt, ihr schafft euch nicht gleich zu Beginn Kinder an.«
    »Aber … meine Eltern wären dagegen …«
    »Sie werden sich damit abfinden«, sagte Joan kaltschnäuzig, »wenn sie vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Seid ihr beide über einundzwanzig?«
    »Ja, aber schauen Sie …«
    »Wenn ich euch die dafür erfolderliche Lizenz besorge, würdet ihr dann sofort heiraten?«
    Judith stammelte nicht mehr. Sie sagte nur: »Ja.«
    »Schön.« Joan lächelte. »Besprechen Sie es mit Boris, und dann sagen Sie mir Bescheid. Wenn Sie tief in Ihrem Innern glauben, es wäre unklug, dann lassen Sie es eben. Wenn Sie jedoch nur vorsichtig sind, dann hören Sie auf damit, und werden Sie stattdessen glücklich.«
    Ungestüm gab Judith ihr einen Kuss. Schweigend kehrten sie zu den anderen zurück.
    Der erste Akt war fast vorüber. Mit einer wütenden Geste verließ Adam die Bühne. Hinter ihm drängten die Meister hinaus, gefolgt von den schubsenden und rempelnden Lehrbuben. Allein Sachs blieb zurück, während das Orchester drei Takte lang das Probelied anklingen ließ. Dann, die Musik näherte sich dem abschließenden Akkord in F-Dur, schritt er den anderen nach. Ein allgemeiner Seufzer der Erleichterung war zu hören. Hoffnungsfroh griffen die Musiker nach ihren Instrumentenkästen; das Ensemble erschien nach und nach wieder auf der Bühne.
    »Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen«, sagte Peacock. »Für heute Abend wollen wir es dabei belassen. Es tut mir leid, wenn diese spontan angesetzte Probe einigen von Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet hat, aber ich hoffe, Sie vergeben mir in Hinblick auf die schwierigen Umstände und die in Kürze anstehende Premiere. Wegen der gerichtlichen Untersuchung lasse ich die für morgen früh angesetzte Probe ausfallen, aber ich hoffe, dass wir am Nachmittag zu unserem alten Zeitplan zurückkehren können, wie er am Bühneneingang aushängt. Vielen Dank Ihnen allen.«
    Er verschwand in den Tiefen des Orchestergrabens, um kurz darauf neben Elizabeth, Joan, Judith und Fen im Auditorium aufzutauchen. Sein Haar war wirr, er war verschwitzt und erschöpft, doch er triumphierte.
    »Es wird«, sagte er zu Joan. »Hatten Sie nicht auch den Eindruck?« Sie nickte und musste ein wenig über seine Aufregung lächeln. »George Green«, sprach er weiter, »ist für einen Dirigenten ein wahres Gottesgeschenk. Er scheint rein instinktiv zu spüren, was ich von ihm will. Und die Feinheiten, die Langley beim Probelied zeigt … Hätte er nicht die ganze Zeit so dagestanden, als schaue er ein Gespenst an, es wäre perfekt gewesen.«
    »Mein Lieber«, sagte Joan warmherzig. Fast unwillkürlich berührte sie seine Hand mit der ihren. Für einen Moment sah er sie streng an, dann lachte er.
    »Ich bin sehr naiv, nicht wahr?«, fragte er charmant. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie Sie alle es mit mir aushalten.«
    Adam und George Green kamen dazu, und das Gespräch wurde allgemein. Als Fen bemerkte, dass es sich ausschließlich um Opernangelegenheiten drehte, nutzte er die Gelegenheit, um mit Judith Haynes zu sprechen. Zur Eröffnung der kurzen Unterredung mobilisierte er ganz bewusst seine letzten Reserven an Charme und Takt, war ihm doch klar, dass er äußerst behutsam vorgehen musste.
    »Nur eine Frage«, sagte er, »wenn Sie meine Aufdringlichkeit entschuldigen wollen …« Und dann hielt er inne, denn er sah, wie zufrieden Judith aussah – so zufrieden, dass ihm Charme und Takt vollkommen überflüssig erschienen. Er fuhr wenig rücksichtsvoll fort.
    »Würden Sie mir verraten«, fragte er, »ob Sie und Stapleton gemeinsam zu dieser Probe gekommen sind?«
    »Ob … ob was?« Sie hörte kaum zu. Dann riss sie sich eilig zusammen. »Oh … es tut mir leid. Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist.

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