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Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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hatte.
    Fen zuckte mit den Schultern. »Das wissen wir nicht. Aber bitte, reden Sie weiter. Nachdem sie den Zettel geschrieben hatten …«
    »Den Zettel?« Joan erschien verwirrt. »Ach ja, natürlich. Ich habe mir meinen Mantel und meinen Hut geholt und bin hierher gekommen. Das ist alles.«
    »Gut, dann versuchen Sie jetzt bitte, sich zu erinnern.« Fen beugte sich vor. »Ist Ihnen, als Sie auf dem Weg zu Elizabeths Zimmer waren, jemand aufgefallen, der in dieselbe Richtung ging?«
    Joan überlegte. »Nein«, antwortete sie schließlich. »Da bin ich mir ziemlich sicher.«
    Fen unterdrückte einen Seufzer der Enttäuschung und verdeutlichte sich die genaue Topographie des Hotelkorridors. Kurz bevor man bei Zimmer 72 angelangt, muss man um die Ecke biegen, erinnerte er sich. Nähert man sich vom Aufzug oder vom Treppenhaus her, muss man folglich direkt vor der Tür stehen, um sehen zu können, ob jemand in das Zimmer hineingeht. Hinter der Ecke lagen noch weitere Hotelzimmer, darunter das von Peacock. Dahinter kamen Toiletten und Waschräume, und schließlich endete der Korridor in einer Sackgasse, an deren Ende es nichts gab außer einer Wand, einem Milchglasfenster und einem Heizkörper. Falls Joan jedoch die Wahrheit sagte, musste der Angreifer aus der dem Aufzug und der Treppe gegenüberliegenden Richtung gekommen sein. Er mochte schon länger in einem Waschraum oder einer Toilette gelauert haben – außer, dass es dafür keinen vernünftigen Grund gab. Dann wiederum könnte er aus Peacocks Zimmer gekommen sein …
    Fen schüttelte den Kopf. Die ganze Sache war zum Verzweifeln unverständlich – umso mehr, als Elizabeths Angreifer unbekümmert genug gewesen war, sich zehnmal zu verraten. Und auch dieses Gespräch war für ihn, wenn er darüber nachdachte, nur wenig hilfreich gewesen. Herausgekommen war einzig und allein die ernüchternde Neuigkeit, dass Mudge auf eigene Faust Theorien entwickelte.
    Als ihm die ferne Musik wieder zu Bewusstsein kam, sprang Fen energisch auf die Beine; zu Bewusstsein war ihm auch gekommen, dass Joan ihn neugierig betrachtete.
    »Prüfung bestanden?«, fragte sie.
    »Mit Auszeichnung«, sagte er. »Jetzt muss ich mir jemand anderes suchen, den ich belästigen kann. Bleiben Sie hier?«
    »Nein. Ich glaube, ich gehe mit Ihnen hinunter und schaue mir an, was für Fortschritte die anderen machen.« Fen hielt ihr die Tür auf. »Ach, verdammt«, sagte sie. »Ich habe den Ofen nicht ausgeschaltet.«
    Fen ging zurück und schaltete ihn für sie aus.
    »Es stinkt«, sagte er ernst, »und ich bin dabei, abzuheben.«

Kapitel 15
    »Eine meiner glücklichsten Erinnerungen«, sagte Joan, als sie die Treppe hinunterstiegen, »ist, wie ich die Salome in Strauss’ gleichnamiger Oper sang und Edwin die wenig passende Rolle des Jochanaan spielte. Das ist schon eine ganze Weile her, damals hatte ich noch eine gute Figur.« (»Die haben Sie immer noch«, warf Fen galant dazwischen.) »Ich kann mich auch deswegen so gut daran erinnern, weil mir damals auffiel, dass ich wohl die erste Salome war, bei der die Männer im Publikum beim Schleiertanz voll und ganz auf ihre Kosten kamen. Wir traten im Opernhaus von Paris auf, und am Ende war ich nur noch so spärlich bekleidet, dass selbst die Mädels aus diesem Windmühlen-Schuppen errötet wären … Wie dem auch sei, das wollte ich gar nicht erzählen. Da stand Edwin also und hatte meinem Charme tapfer zu widerstehen, dicklich, halb nackt und so korpulent, wie es ein Mann, der sich angeblich so lange von Heuschrecken und wildem Honig ernährt hatte, eigentlich gar nicht sein konnte. Und wissen Sie« – Joan blieb abrupt vor der Tür, die ins Auditorium führte, stehen – »wissen Sie, ich fand ihn abstoßend . ›Lass mich ihn berühren, deinen Leib‹ «, zitierte sie. »Und glauben Sie mir, wenn ich ihn tatsächlich hätte berühren müssen, ich hätte einen Schreikrampf bekommen …«
    »Was«, kommentierte Fen, »für die versuchte Vergewaltigung von Judith Haynes von Bedeutung sein könnte.«
    »Ja. Weiß Gott, ich bin ja ziemlich abgebrüht, und das Ganze spielte sich nur auf der Bühne ab. Was muss sie bloß gefühlt haben …«
    Beim Eintreten entdeckten sie, dass Judith Haynes zufälligerweise neben Elizabeth saß. Sie gesellten sich dazu. Die Probe, das war leicht zu erkennen, lief auf Hochtouren. Adam – der seine gesamte Szene zu Rutherstons großer Verwunderung und Bestürzung gespielt hatte, ohne auch nur einmal den Blick von seiner

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