Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwanengrab

Schwanengrab

Titel: Schwanengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schwarz
Vom Netzwerk:
ja ganz blass«, stellte sie stirnrunzelnd fest. »Geht es dir nicht gut?«
    Ich schüttelte den Kopf. Vielleicht musste ich mich gleich übergeben. Hier und jetzt. Direkt auf ihre glänzenden schwarzen Pumps.
    »Werde mir ja nicht krank. Was soll sonst aus unserem Bühnenbild werden? Wir stehen verdammt unter Zeitdruck!«
    Unser Bühnenbild? Sie hatte doch keinen Pinselstrich daran gearbeitet. Was wollte sie? Warum ließ sie mich nicht einfach in Ruhe?
    »Ich wollte dir nur kurz sagen, dass wir uns gleich nach der letzten Stunde im Saal treffen. Am besten, du planst heute mehr Zeit ein, sonst werden wir nicht fertig. In Ordnung?« Sie blickte mich kurz an, wartete meine Antwort aber nicht ab, sondern lief wieder geschäftig über den Hof. Ich hörte, wie ihre schrilleStimme den Namen eines Mädchens aus der zehnten Klasse rief.
    Warum lag ich nicht zu Hause mit der Bettdecke über dem Kopf? Fröstelnd schlang ich meine Arme um mich. Mir war noch kälter als zuvor. Es hatte bereits geläutet und auf dem Hof waren kaum noch Schüler. Als ich die Stufen erreichte, hörte ich erneut meinen Namen. Ich zuckte zusammen. Natürlich erkannte ich seine Stimme sofort.
    »SAM!«, rief er ein zweites Mal. Ich wollte ihn nicht sehen. »Warte doch mal!«
    »Was willst du?«, fragte ich patzig, als er mich eingeholt hatte.
    Er hob die Augenbrauen und sah mich nachdenklich an. »Du siehst krank aus. Hast du nicht gut geschlafen?«, fragte er vorsichtig.
    »Das fragst du noch? Nein, ich habe tatsächlich kein Auge zugemacht.« Das war zwar übertrieben, aber ich fühlte mich, als würde es stimmen.
    Er runzelte nur die Stirn.
    Warum sagte er nichts?
    »Und du? Hast du gut geschlafen?« Meine Worte waren Gift pur. Er musste es merken.
    »Ja ... klar ...«
    »Schön für dich!« Ich drehte mich um und ging weiter. Er packte mich am Arm und hielt mich fest.
    »Fass – mich – nicht – an!«
    Er hob beschwichtigend die Hände. »Samantha ...«
    Los, gib zu, dass du vor meinem Haus warst, hätte ichihn am liebsten angeschrien. Oder sollte ich mich tatsächlich irren und ihm gerade unrecht tun? Aber das konnte ich nicht glauben. Ferien mit einem Schuss Zitrone – ich war mir fast sicher.
    »Ich hab keine Lust mehr auf irgendwelche Spielchen, klar? Du hast mir einen riesigen Schrecken eingejagt. Ich dachte, du wärst ein Einbrecher oder wieder dieser Idiot mit den Briefen. Warum schleichst du um unser Haus wie ein Dieb? Schon mal was von klingeln oder anrufen gehört?«
    Stummes Kopfschütteln. Das machte mich noch wütender.
    Er blickte demonstrativ auf die Uhr. »Du musst dich beeilen, sonst kommst du zu spät!«, sagte er ausweichend.
    Das war alles, was er zu sagen hatte? Dieser Feigling! Nicht einmal den Mut hatte er, es zuzugeben. Was bildete er sich eigentlich ein? Und welches Recht nahm er sich, mir zu sagen, was ich zu tun hatte? Ich konnte sehr wohl selbst die Uhrzeit ablesen, und ich brauchte bestimmt keinen Besserwisser, der mir sagte, wann ich wo zu erscheinen hatte. Ich funkelte ihn wütend an, dann drehte ich mich auf dem Absatz um und ließ ihn einfach stehen.
    »Sam! Bitte! Lass uns später in Ruhe darüber reden. Was ist mit Mathe-Nachhilfe? Soll ich heute Abend kommen?«, rief er mir nach.
    Hatte er sie noch alle? Ich rannte die letzten Stufen nach oben und durch die Tür in Richtung Klassenzimmer.
    Die Aufgaben, die wir gleich in der ersten Stunde rechnen mussten, raubten mir noch den letzten verbliebenen Nerv.
    Ich hatte mal wieder überhaupt keinen Durchblick. Natürlich könnte Christoph mir alles ganz leicht erklären und bestimmt würde ich es danach auch verstehen, aber ... Nein, lieber vermasselte ich den nächsten Mathetest, als ihn heute Abend zu treffen.
    Die Pause verbrachte ich im Mädchenklo und den restlichen Vormittag befand ich mich in einem dämmerschlafähnlichen Zustand. Ich bekam nichts mit. Selbst die einfachen Fragen, die mir Frau Wagner in Englisch stellte, konnte ich nicht sofort beantworten. Sie schüttelte den Kopf und war sich ziemlich sicher, dass ich eine Grippe bekommen würde, was mir auch recht war. So ließ sie mich wenigstens für die restliche Stunde in Ruhe.

Kapitel 29
    Nach der Englischstunde bahnte ich mir einen Weg durch den Flur in Richtung des Theatersaals. Ich hatte die feste Absicht, Frau Krahe zu sagen, dass ich krank war. Ich bog um die Ecke, da packte mich jemand am Arm und zog mich in den leeren Gang vor den Chemiesälen. Hier hinten war sonst weit und breit

Weitere Kostenlose Bücher