Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
fragte sie. »Eine alte Rechnung?«
Manfred schnaubte. »Er ist ein Arschloch, das ist alles.«
»Ach ja?«
»Ich war früher mit seiner Schwester Anke befreundet, sie ist genauso alt wie ich. Anke war in meiner Klasse. Dieter hat sie behandelt wie den letzten Dreck. Sie ist mehr als fünfzehn Jahre jünger als er und hatte keine Chance, sich gegen ihn zu wehren. Er hat das ausgenutzt und sie herumkommandiert und geärgert, wo er nur konnte. Sogar ihr Zimmer hat er regelmäßig durchsucht, um herauszufinden, welche Geheimnisse sie hatte. Und wenn er etwas fand, hat er es brühwarm den Eltern erzählt. Für Anke ist es erst besser geworden, als ihr Vater starb und Dieter das Sägewerk erbte und von einem Tag auf den anderen Verantwortung übernehmen musste. Das hat ihn zwar nicht zu einem besseren Menschen gemacht, aber er hatte keine Zeit mehr, seine kleine Schwester zu schikanieren. Ich fürchte, von da an mussten seine Arbeiter unter seinen Gemeinheiten leiden.«
»Verstehe. Klingt ziemlich ekelig.«
»Sag ich doch. Deshalb kriegt er auch den Hof nicht. Dem würde ich nicht einmal den Inhalt der Sickergrube verkaufen.«
Katrin lachte. »Verstanden.«
Wenig später hielten sie vor einem kleinen Einfamilienhaus in Schleiden. Eine Frau öffnete und führte sie zu ihrem Mann, der im Garten damit beschäftigt war, einen Grill zu mauern.
»Franz, die beiden hier möchten dich sprechen. Es hat etwas mit deiner Arbeit bei der Polizei zu tun.«
Franz Peters richtete sich auf. Er war kräftig gebaut, hatte schütteres graues Haar und offene blaue Augen. »Guten Tag.« Er wischte sich die zementverschmierte Hand an der Hose ab, betrachtete sie und ließ sie dann hängen. »Das mit dem Händeschütteln lassen wir lieber.« Neugierig sah er sie an. »Kollegen sind Sie aber nicht, oder?«
»Sehen Sie das auf einen Blick?« Manfred grinste. »Ich bin Manfred Kabritzky, das ist meine Partnerin Katrin Sandmann. Wir sind aus Düsseldorf und haben gerade hier in der Eifel ein Haus geerbt. In Kestenbach. Der Name sagt Ihnen vielleicht etwas.«
Peters’ Stirn umwölkte sich. »In der Tat«, sagte er knapp. »Was kann ich für Sie tun?«
»Wir interessieren uns für David Freeman«, platzte Katrin heraus. »Sie haben doch damals ermittelt.«
Franz Peters sah sie lang an. »Darf ich fragen, warum Sie das interessiert? Nur weil Sie dort ein Haus geerbt haben?«
»Das ist eine komplizierte Geschichte«, sagte Katrin und lächelte. »Aber wenn Sie etwas Zeit für uns erübrigen könnten, würden wir sie Ihnen gern erzählen.«
Wieder zögerte der Mann. Dann nickte er seiner Frau zu, die noch bei der Verandatür stand. »Machst du uns Kaffee?«, sagte er und blickte fragend zu Katrin und Manfred. »Oder lieber etwas anderes?«
»Wenn Sie etwas Kaltes hätten, wäre das schön«, sagte Katrin. »Im Auto war es ziemlich stickig.«
»Nur Wasser.«
»Wunderbar.«
Peters ging ins Haus, um sich die Hände zu waschen, Katrin und Manfred nahmen inzwischen auf der Terrasse Platz. Kurz darauf erschien ihr Gastgeber mit einem Tablett, Gläsern und Kaffeetassen. »Sie haben mich neugierig gemacht«, sagte er und setzte sich. Nachdem er ihnen eingeschenkt hatte, sah er Katrin an. »Schießen Sie los.«
Katrin erzählte eine knappe Fassung der Ereignisse der letzten Tage, ließ jedoch einige Details weg. So erwähnte sie nicht, dass sich die Mumie inzwischen als junges Mädchen schwarzer Hautfarbe entpuppt hatte, und dass eine Anwältin aus Boston in der Eifel Nachforschungen angestellt hatte und angefahren worden war. Sie dachte sich, dass der ehemalige Polizist vielleicht unvoreingenommener über die Vorkommnisse der Vergangenheit berichten würde, wenn er die Entwicklungen der Gegenwart nicht kannte. Nachdem sie geendet hatte, herrschte zunächst Schweigen.
Schließlich rieb Peters sich das Kinn. »Seltsame Geschichte«, murmelte er. »Wenn wir das damals schon gewusst hätten, wären die Ermittlungen vielleicht anders verlaufen. Andererseits -« Er brach ab.
»Erinnern Sie sich gut an den Fall?«, fragte Katrin sanft, um ihm auf die Sprünge zu helfen.
Er nickte, wirkte abwesend, dann sprudelte es aus ihm heraus. »Das war einer meiner ersten Fälle, ich war erst Anfang zwanzig, durfte den Chef bei allen Befragungen begleiten und war mächtig stolz darauf. Allerdings hatte der kein besonderes Interesse daran, David Freeman zu finden. So einer habe in der Eifel nichts zu suchen, hat er gesagt, sein Pech, wenn er irgendjemandem
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