Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Natürlich, er hatte ihn ja selbst da untergestellt. Aber dass der Wagen in seinem Schuppen stand, bewies gar nichts. Die Tür hatte kein Schloss, jeder konnte da rein und raus marschieren, wie es ihm passte. Außerdem war er clever genug gewesen, Handschuhe zu tragen. Sollten sie doch versuchen, ihm irgendwas zu beweisen, sie würden sich die Zähne an ihm ausbeißen.
Krippenbeck startete den Motor. Einer der Streifenbeamten, der noch draußen stand, hob die Hand zum Gruß. Er würde vor Ort bleiben und auf den Abschleppwagen warten, der den Kadett abholen sollte. Mäders Blick glitt zu Gitta, die bei der Haustür stand. Sie hatte kein einziges Wort gesagt, seit die Bullen den Wagen im Schuppen gefunden hatten. Sehr untypisch für sie, sonst konnte sie sich das Gekeife nie verkneifen. Ihre Blicke trafen sich, bevor Krippenbeck den Wagen wendete. Es war nur ein kurzer Moment, doch Mäder sah das triumphierende Zucken in Gittas Mundwinkeln, und er begriff.
*
Manfred legte die Zeitung weg und blickte zu Katrin, die sich gerade im Stuhl zurücklehnte und ihre Schultern lockerte. »Verflucht«, murmelte sie. »Ich krieg’s einfach nicht raus!«
Manfred trat zu ihr an den Schreibtisch des Hotelzimmers und massierte ihr sanft den Nacken. Die Muskeln unter seinen Finger waren hart wie Pflastersteine. »Lass es. So hat das keinen Sinn. Um das zu entziffern, müsstest du mindestens Ägyptologin sein; die Schrift ist total unleserlich, das Foto verwackelt; und dazu ist das Ganze auch noch auf Englisch verfasst.«
»Du hast vermutlich recht«, murmelte Katrin. »Auch wenn ich es ungern zugebe. Schließlich bin ich die Expertin, wenn es um Fotos geht. Aber hier schaffe auch ich es nicht, etwas herauszuholen. Zu blöd, dass ich nicht mehr Ruhe für das Foto hatte! Oder wenigstens meine Kamera und nicht nur das Handy.«
Manfred beugte sich vor und fixierte den Bildschirm von Katrins Laptop. Sie hatte das Bild, das sie von dem Brief aus Rosemary Alcotts Handtasche gemacht hatte, auf den Rechner geladen, doch selbst in der Vergrößerung waren nur einzelne Worte zu entziffern.
»Ich bin mir sicher, dass der Schlüssel zu all den Rätseln hier vor mir liegt«, sagte Katrin. »Aber um die Worte lesbar zu machen, bräuchte ich eine Spezialsoftware.« Sie sah Manfred an. »Hast du keine Kontakte zum FBI? Oder wenigstens zum BKA?«
Er schüttelte den Kopf. »Damit kann ich leider nicht dienen. Vielleicht könntest du noch einmal ins Krankenhaus fahren. Ich würde mitkommen und Schmiere stehen.«
Katrin lachte. »Au ja. Allerdings fürchte ich, dass sie uns abends um neun nicht mehr reinlassen. Und ich weiß nicht, ob ich bis morgen durchhalte.«
»Kannst du denn gar nichts entziffern?«
»Einzelne Wörter: Hier steht ›girl‹, da bin ich ziemlich sicher, und das hier müsste ›disappeared‹ also ›verschwunden‹ heißen. Und hier steht ›Grauweiler‹.« Katrin tippte auf die Textstellen. »Aber einen vollständigen Satz bekomme ich nicht zusammen, geschweige denn den kompletten Text. Ich weiß ja nicht einmal, an wen der Brief geschrieben wurde. Er ist überschrieben mit ›Dear‹ und noch einem Wort mit ›D‹, doch das kann ich nicht lesen. Die Unterschrift war auf der Rückseite, die ich in meiner Hast natürlich vergessen habe zu fotografieren. Wenigstens erinnere ich mich, dass auf dem Umschlag als Absender ›David Freeman‹ stand und eine Adresse in Blankenheim. Vermutlich das Hotel, in dem er untergebracht war.«
Manfred setzte sich auf die Schreibtischkante. Die wenigen Wörter reichten aus, um zu verstehen, worum es in dem Brief ging. »Er hat nach dem Mädchen gesucht, dem schwarzen Mädchen, das im Haus meines Onkels versteckt gehalten wurde.«
Katrin seufzte. »Das vermute ich auch.«
Manfred ballte die Faust. Die Vorstellung, jemand, mit dem er verwandt war, könnte ein Kind entführt und missbraucht haben, schnürte ihm die Kehle zu. Doch es hatte keinen Sinn, vor der Wahrheit davonzulaufen. Die Büchse der Pandora war geöffnet, ihm blieb nur, sich ihrem Inhalt zu stellen. Er löste die Faust, betrachtete seine Finger. »Aber wie ist sie dorthin gekommen?«
Katrin legte die Stirn in Falten. »Vielleicht ist sie von zu Hause abgehauen, irgendwie in der Eifel gelandet, und dein Onkel hat sie aufgegriffen. Ich glaube nicht, dass er sie gezielt entführt hat.«
»Von zu Hause abgehauen? Aus den USA, meinst du?«
»Nein«, antwortete Katrin. »Ich vermute, dass sie die Tochter eines in
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