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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Neigung seiner Schritte, in Richtung Porterhouse zu gehen. Zweimal beschloß er, nach Hause zu gehen, zweimal überlegte er es sich anders und verschob die Entscheidung, indem er durch die Sydney Street in Richtung Rundkirche ging, anstatt durch die Trinity Street. Er versuchte, seinen Entschluß zu festigen, indem er an Lord Wurfords Hinterlassenschaft dachte, doch der Gedanke an das viele Geld kam ihm genauso unwirklich vor wie die Ereignisse der beiden letzten Tage. Geld war kein Trost. Es konnte sein gemütliches Pförtnerhäuschen mit seinen Postfächern, der Telefonzentrale und dem Gefühl, gebraucht zu werden, nicht ersetzen. Er empfand die Summe fast als Affront, da ihre Zufälligkeit seinem jahrzehntelangen Dienst allen Sinn raubte. Er hätte kein Pförtner bleiben müssen. Er hätte – im vernünftigen Rahmen – alles sein können, was er wollte. Diese Erkenntnis ließ ihn noch zielstrebiger werden. Er würde mit dem Rektor reden. An der Rundkirche zögerte er. Er würde nicht durch das Haupttor gehen, sondern am Rektorhaus klopfen. Er drehte sich um und ging den Weg zurück, den er gekommen war.
    Seinen spontanen Entschluß, zu einer Übereinkunft mit dem Obertutor zu gelangen, ließ der Rektor fallen, kaum daß er den Garten durchquert hatte. Jedweder Vorschlag würde, wie ihm klar wurde, falsch interpretiert und als Beleg für eine Schwäche seinerseits ausgelegt werden. Er hatte seiner Autorität Geltung verschafft. Sie jetzt zu untergraben, war nicht ratsam. Doch da er schon einmal unterwegs war, fühlte er sich verpflichtet, weiterzugehen. Er ging in die Stadt und kramte eine Stunde lang bei Heffer’s herum, ehe er Butlers Die Kunst des Möglichen kaufte. Dieser Maxime konnte er nicht viel abgewinnen. Sie roch zwar nach Zynismus, aber Sir Godber war noch Politiker genug, um die Ironie des Autors würdigen zu können. Er spazierte weiter und überlegte, welchen Titel er seiner eigenen Autobiographie geben würde. Das Prinzip Hoffnung war wohl am besten geeignet, diese Kombination seines visionären Weitblicks mit einem Häppchen Gelehrsamkeit. Als er zufällig sein Spiegelbild in einem Schaufenster entdeckte, registrierte er erstaunt, daß er so alt war wie er aussah. Seltsam, seine Ideale hatten sich nicht mit seinem Äußeren geändert. Die Methoden, wie er sie zu erreichen suchte, mochten mit zunehmender Erfahrung dezenter werden, doch die Ideale blieben die gleichen. Darum war es so wichtig, dafür zu sorgen, daß die Studenten von Porterhouse sich ihr eigenes Urteil bilden lernten, und noch wichtiger, daß sie überhaupt Urteile bilden konnten. Sie sollten gegen die überkommenen Dogmen derer aufbegehren, die älter und, wie Sir Godber fand, noch schlimmer waren als sie. Er trank im »Kupferkessel« einen Tee, dann begab er sich zurück nach Porterhouse, setzte sich ins Arbeitszimmer und las sein neues Buch. Draußen wurde der Himmel dunkler und mit ihm das College. In den Semesterferien war es leer, und keine Zimmerbeleuchtung erhellte den Hof. Um fünf stand der Rektor auf und zog die Vorhänge zu; gerade wollte er sich wieder setzen, als ihn ein Klopfen an der Haustür innehalten und in den Flur gehen ließ. Er öffnete die Tür und spähte hinaus in die Dunkelheit. Eine düstere, bekannte Gestalt stand auf der Schwelle.
    »Skullion?« sagte Sir Godber, als wolle er die Existenz dieser Gestalt in Frage stellen. »Was machen Sie denn hier?« Diese Frage vertiefte Skullions Unglück noch. »Würde gern mit Ihnen reden«, sagte er.
    Sir Godber zögerte. Er wollte nicht mit Skullion reden.
    »Worüber?« fragte er. Jetzt war es an Skullion zu zögern. »Ich möchte mich entschuldigen«, sagte er endlich. »Entschuldigen? Wofür?« Skullion schüttelte den Kopf. Er wußte nicht weswegen. »Na und, Mann? Wofür?«
    »Ich möchte bloß ...«
    »Um Himmels willen«, sagte Sir Godber, entsetzt über Skullions ungeschickt formulierte Verzweiflung. »Kommen Sie rein.« Er drehte sich um und ging voran ins Arbeitszimmer, während Skullion brav hinter ihm hertrottete. »Also, worum geht’s?« fragte er, als sie in dem Zimmer angekommen waren.
    »Es geht um meine Entlassung, Sir«, antwortete Skullion. »Ihre Entlassung?« Sir Godber seufzte. Er war ein mitfühlender Mensch und mußte sich innerlich mit Ärger wappnen. »Darüber sollten Sie mit dem Schatzmeister sprechen. Ich habe mit solchen Dingen nichts zu tun.«
    »Mit dem Schatzmeister habe ich schon gesprochen«, sagte Skullion.
    »Ich wüßte

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