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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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minderwertigen Erkenntnisse setzten. Schließlich war da noch die Soziologie mit ihrer grotesken Maxime, die da lautete: »Das eigentliche Studienobjekt der Menschheit ist der Mensch«, das sie bezeichnenderweise von einem Mann bezogen hatte, den der Obertutor nicht einmal für fähig erachtet hätte, das Boot des Rugbyteams zu steuern. Und jetzt, da Sir Godber triumphierte – und zumindest insgeheim gab der Obertutor zu, daß der Rektor gewonnen hatte –, würde Porterhouse nicht einmal dem äußeren Anschein nach dem College ähneln, das er geliebt hatte. Ekliger Unisex würde an die Stelle der kräftigen und fröhlichen Flegel treten, die mitgeholfen hatten, die geistlose Unschuld und das Sportlertum zu bewahren, durch die allein er sich gegen die Schrecken des Denkens geschützt hatte.
    »Wir müssen doch irgend etwas unternehmen können«, sagte der Dekan.
    »Außer Mord fällt mir nichts ein«, erwiderte der Obertutor. »Ist er laut Satzung wirklich berechtigt, die Zulassung zu übernehmen?«
    Der Obertutor nickte. »So will es die Tradition«, antwortete er düster.
    »Jetzt bleibt ihnen nur noch eins«, sagte Sir Godber beim Kaffee zu Lady Mary.
    »Und das wäre, mein Lieber?«
    »Kapitulieren«, sagte der Rektor. Lady Mary schaute auf. »Du klingst ja so martialisch, Godber«, sagte sie. Es hörte sich an wie ein Appell an Sir Godbers Pazifismus vergangener Zeiten. Der Rektor verweigerte sich dem Ruf.
    »Im Rat klang ich noch viel kriegerischer«, sagte er. »Das glaube ich unbesehen, mein Lieber«, parierte Lady Mary.
    »Ich dachte, es wäre in deinem Sinne«, sagte Sir Godber. »Ginge es nach ihnen, würde das College schließlich weiterhin Titel verkaufen und keine Frauen zulassen.«
    »Glaube nur nicht, daß ich dich kritisiere«, sagte Lady Mary. »Es ist nur so, daß Macht einen Menschen verändert.«
    »Das haben auch schon andere gesagt«, entgegnete Sir Godber müde. Die unersättliche Unzufriedenheit seiner Frau setzte ihn matt. Wenn er in ihr strenges Gesicht sah, fragte er sich manchmal, was sie an ihm fand. Es mußte etwas ziemlich Entsetzliches sein. Sie waren seit achtundzwanzig Jahren verheiratet.
    »Ich lasse dich jetzt mit deinem kleinen Triumph allein«, sagte Lady Mary, stand auf und stellte ihre Tasse auf das Tablett. »Ich bin zum Abendessen nicht zu Hause. Heute abend arbeite ich als Samariterin.« Sie ging aus dem Zimmer, und Sir Godber stocherte lustlos im Kaminfeuer herum. Er war deprimiert. An dem, was seine Frau gesagt hatte, war wie üblich etwas Wahres gewesen. Macht veränderte einen, sogar die Macht, eine Gruppe ältlicher Fellows in einem viertklassigen College zu beherrschen. Und es war wirklich nur ein kleiner Triumph gewesen. Sir Godbers Humanität behielt die Oberhand. Es war nicht ihr Fehler, daß sie sich gegen die von ihm gewünschten Änderungen sträubten. Sie waren Gewohnheitstiere, die gemütlichen und wohligen Gewohnheiten frönten. Außerdem Junggesellen – dabei dachte er an den Dekan und den Obertutor –, ohne eine leere Ehe, die sie zu Leistungen auf anderem Gebiet anspornte. Auf ihre Art waren sie herzensgut. Selbst ihre privaten Animositäten und kleinen Eifersüchteleien rührten daher, daß sie sich zu oft sahen. Er überprüfte seine eigenen Motive und stellte fest, daß sie auf Unzulänglichkeitsgefühlen und privatem Groll beruhten. Er wollte sich noch einmal mit dem Obertutor unterhalten und versuchen, ihren Zwist auf eine rationalere Ebene zu stellen. Er stand auf, trug die Kaffeetassen in die Küche und spülte. Das Aupair-Mädchen hatte heute seinen freien Tag. Dann zog er seinen Mantel an und ging hinaus in den Frühlingssonnenschein. Skullion lag im Bett und starrte die hellblaue Decke seines Hotelzimmers an. Ihm war unbehaglich zumute. Zunächst einmal war es nicht sein Bett, und die Matratze war zu nachgiebig, wenn er sich bewegte. Sie war ihm nicht hart genug. Das ganze Zimmer war irgendwie unpersönlich, dadurch fühlte er sich unsicher und fehl am Platz. Es ließ sich nicht näher definieren, doch es erinnerte ihn an eine Hure, bei der er mal in Pompey gewesen war. Zu eifrig darauf bedacht, ihn zufriedenzustellen, so daß aus einer ursprünglich unpersönlichen und rauhen geschäftlichen Transaktion eine Konfrontation mit seinen Gefühlen geworden war. Mit diesem Zimmer war es das gleiche. Der Teppich war zu dick, das Bett zu weich. Im Waschbecken war zuviel heißes Wasser. Eigentlich gab es nichts zu meckern, und da er nichts Spezielles

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