Schwanenschmaus im Porterhouse
schmiß er hinter sich, dann ein viertes und fünftes, beide dick mit Ruß beschmiert. Danach gab er auf. Die übrigen hingen so hoch, daß er sie nicht mehr erreichte. Er kletterte aus dem Kamin, nahm auf dem Fußboden Platz und überlegte, was zu tun war. Jedenfalls hatte er sich der beiden Gros entledigt, auch wenn einige noch im Schornstein festhingen. Dort waren sie gut versteckt – oder würden gut versteckt sein, sobald er die Gasheizung wieder angeschlossen hatte. Wie er sie loswerden könnte, würde er sich am Morgen überlegen; jetzt war er zu müde, um sich etwas einfallen zu lassen. Als er sich umdrehte und nach den fünf Stück greifen wollte, die er bereits aus dem Kamin gezerrt hatte, waren diese verschwunden. »Ich hatte sie doch auf den Teppich gelegt, da bin ich ganz sicher«, murmelte er vergnügt vor sich hin. Gerade wollte er unter dem Bücherregal suchen, als er aus dem Augenwinkel sah, daß sich etwas an der Decke bewegte. Zipser schaute hoch. In einer Ecke nahe der Tür hatten sich fünf rußgeschwärzte Präservative versammelt. Wo sie an die Decke gestoßen waren, fanden sich leichte Rußspuren.
Müde erhob sich Zipser, kletterte auf einen Stuhl und streckte die Hand aus. Er schaffte es, eines davon zu erreichen, doch wegen des Gleitfilms konnte er es unmöglich packen. Als Zipser Zugriff, flutschte ihm das Präservativ mit einem affektierten Quieken aus den Fingern und schwebte, eine Rußspur hinterlassend, quer durchs Zimmer. Zipser versuchte sich noch einmal an einem anderen Exemplar, mit dem gleichen Erfolg. Er stellte den Stuhl woandershin und streckte die Hand aus. Das Präservativ zockelte bedächtig in die Fensterecke. Zipser folgte ihm wieder mit dem Stuhl, doch der Präser rollte fort. Zipser stieg herunter und starrte mit irrem Blick an seine Zimmerdecke. Sie war mit zarten schwarzen Spuren bedeckt, als hätte eine riesige Schnecke zunächst einen Kohlenwagen abgeladen und danach mal eben vorbeigeschaut. Langsam bröckelte Zipsers bis dahin geübte Selbstbeherrschung. Er griff sich ein Buch und warf es nach einem besonders unsympathisch aussehenden Präservativ, doch abgesehen davon, daß er es quer durch den Raum zu dem übrigen Grüppchen in der Ecke trieb, erwies sich dies als sinnlose Geste. Zipser schob seinen Schreibtisch zur Tür. Dann schnappte er sich den Stuhl, plazierte ihn auf den Tisch, kletterte unsicher hinauf und packte ein Präservativ am verknoteten Zipfel. Er kletterte wieder hinunter und schob es in den Kamin. Fünf Minuten später waren alle fünf wieder da, wo sie hingehörten, und nachdem er das Kamingitter wieder an seinen Platz gedrückt hatte, konnte man auch das letzte Kondom nicht mehr sehen, obwohl es noch unter dem Sturz hervorlugte. Zipser ließ sich auf sein Sofa fallen und starrte die Decke an. Nun mußte er nur noch den Ruß vom Putz entfernen. Aus dem Dienerzimmer holte er einen Staubwedel und die nächste halbe Stunde schob er seinen Schreibtisch durch das Zimmer, um von dort aus die Decke abzuwischen. Rußspuren waren zwar immer noch vorhanden, fielen aber nicht mehr so auf. Er schob den Schreibtisch wieder an seinen Platz und sah sich im Zimmer um. Von einem deutlichen Gasgeruch und einigen hartnäckigeren Flecken an der Decke abgesehen, bestand zwischen ihm und den vierundzwanzig Dutzend Präservativen, die er sich auf betrügerische Weise bei dem Großhändler beschafft hatte, keine Verbindung mehr. Zipser öffnete das Fenster, um zu lüften, ging dann ins Schlafzimmer und legte sich ins Bett. Im Osten wurde es hell, doch Zipser fehlte der Blick für die Schönheiten der Natur. Er fiel in einen unruhigen Schlaf, in dem ihn die Vorstellung quälte, daß sich der Verkehrsstau in seinem Schornstein am kommenden Tag auflösen und seine Bestandteile mit schockierender Überschwenglichkeit auf das nichts Böses ahnende College verteilen würde. Die Sorge erübrigte sich: In ganz Porterhouse wimmelte es bereits von den Gummis. Dafür hatte der Schneefall gesorgt. Sobald die mit Gleitfilm beschichteten Kondome aus dem Schornstein auftauchten, hatte der schmelzende Schnee ihren Weiterflug im Handumdrehen beendet. Die Gefahren überfrierender Nässe hatte Zipser nicht vorhergesehen.
Um zwei Uhr nachts traf der Dekan in Sir Cathcarts Rolls- Royce in Porterhouse ein. Er war seelisch erquickt, wenn auch von dem ereignisreichen Tag und Sir Cathcarts Weinbrand physisch erschöpft. Er klopfte ans Haupttor, und Skullion, der gehorsam auf ihn gewartet
Weitere Kostenlose Bücher