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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Empfindungen ihren Tribut an der Konzentration des Dekans. Er war sich dunkel der grollenden Flüche des Generals bewußt, die sich anhörten wie die über die Schlickbänke in einer Flußmündung abziehende Flut – dort, wo die Flotte einmal geankert hatte. Jetzt war alles leer, die Schiffe verschwunden, abgewrackt, verschrottet, nur ein Strandläufer mit Sir Godbers Gesicht steckte den Schnabel in den Schlamm. Der Dekan war eingeschlummert.

Kapitel 9
    Zipser regte sich auf dem Fußboden seines Zimmers. Sein auf dem Teppich liegendes Gesicht tat weh, und seine Schläfen pochten. Außerdem war er steifgefroren. Er rollte sich auf die Seite und starrte auf das Fenster und das vom fallenden Schnee gedämpfte orangefarbene Leuchten des Himmels über Cambridge. Langsam rappelte er sich auf. Geschwächt und von Übelkeit geplagt schleppte er sich zur Tür, knipste das Licht an und starrte blinzelnd die beiden großen Kartons auf dem Boden an. Dann setzte er sich schnell auf einen Stuhl und dachte krampfhaft darüber nach, was mit ihm geschehen und wie er in den Besitz von zwei Gros garantiert elektronisch geprüften Präservativen in Automatenpackungen zu je drei Stück gekommen war. Langsam fielen ihm die Einzelheiten wieder ein, und damit kehrte auch die Erinnerung an seinen Disput mit dem Dekan zurück. »Einwöchiges Ausgehverbot«, murmelte er, und ihm wurde das ganze Ausmaß seiner mißlichen Lage klar. Jetzt konnte er die garstigen Dinger nicht ins Einhorn bringen, dabei hatte er doch beim Großhändler eine Quittung unterschrieben. Man würde Erkundigungen anstellen. Der Barkeeper im Einhorn würde ihn identifizieren, und der ekelhafte Angestellte beim Großhändler ebenfalls. Man würde die Polizei verständigen, nach ihm fahnden. Man würde ihn festnehmen. Anklage wegen illegalen Besitzes von vierundzwanzig Dutzend ... Zipser verbarg seinen Kopf in den Armen und dachte krampfhaft nach. Er mußte die Dinger unbedingt loswerden. Er sah auf seine Uhr. Elf Uhr. Er mußte sich beeilen. Sie verbrennen? Nach einem Blick auf die Gasheizung verwarf er diese Idee. Kam nicht in Frage. Sie im Klo runterspülen? Schon besser. Er stürzte sich auf die Kartons und riß sie auf. Zuerst die äußere Verpackung, dann die innere, dann das eigentliche Päckchen und schließlich die Einzelfolie. Es war eine mühselige Arbeit, und er würde es nie schaffen. Er mußte es schaffen.
    Neben ihm auf dem Teppich wuchsen langsam ein Stapel leerer Päckchen, der dazugehörige Folienberg und eine groteske Ansammlung von Latexringen, die aussahen wie platte, durchsichtige Pilzköpfe. Seine mit Gleitfilm überzogenen Hände klebten, was das Aufreißen der Folien zusätzlich erschwerte. Endlich, nach einer Stunde, hatte er den einen Karton geleert. Es war zwölf Uhr. Er raffte die Präservative zusammen und nahm eine Handvoll mit hinaus aufs Klo. Dort warf er sie in die Schüssel und zog an der Kette. Ein Wasserwirbel, ein Strudel, Blasen – waren sie weg? Als sich das Wasser beruhigt hatte, starrte er auf zwei Dutzend widerspenstig in der Kloschüssel schwimmender Ringe. »Um Himmels willen«, sagte Zipser verzweifelt und wartete, bis der Spülkasten wieder vollgelaufen war. Als kein Wasser mehr lief, wartete er noch eine Minute, ehe er wieder an der Kette zog. Zwei Dutzend Präservative schauten lächelnd zu ihm hoch. Ein paar hatten sich teilweise aufgedröselt und mit Luft gefüllt. Zipser starrte die Dinger entgeistert an. Irgendwie mußte er sie verschwinden lassen. Er griff sich die Klobürste und drückte sie damit nach unten. Einer oder zwei flutschten ins Abflußknie, doch die meisten entzogen sich seinen Bemühungen. Drei besaßen sogar die Frechheit, an der Bürste klebenzubleiben. Zipser klaubte sie angeekelt ab und warf sie wieder ins Wasser. Inzwischen hatte sich der Spülkasten sanft gurgelnd und mit einem abschließenden Rauschen erneut gefüllt. Zipser dachte angestrengt nach. Die verdammten Gummis zu kaufen, war das reinste Hindernisrennen gewesen, doch sie wieder loszuwerden, erwies sich als Alptraum.
    Er setzte sich auf die Klobrille und grübelte über die Widerspenstigkeit der Materie nach. Eine Dose WC-Reiniger erregte seine Aufmerksamkeit. Er nahm sie in die Hand und überlegte, ob das Zeug wohl Gummi auflösen könnte. Dann erhob er sich vom Klosettsitz und kippte den Doseninhalt über die im Wasser schwimmenden Ringe. Welche Hoffnungen auf chemische Wunderdinge der Reiniger auch wecken mochte, sie erfüllten sich

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