Schwanenschmaus im Porterhouse
Decke an und blieb dort kleben. Skullion senkte den Blick und fixierte den Dekan.
»Es scheint noch mehr von der Sorte zu geben«, fuhr der Dekan fort.
»Oh, aha«, sagte Skullion.
»Und zwar im Neuen Hof«, ergänzte der Dekan. »Noch viel mehr.«
»Im Neuen Hof?« fragte Skullion langsam.
»Ja«, sagte der Dekan. Skullions unverhohlene Skepsis brachte ihn allmählich ins Schwitzen. Letzteres galt auch für das Präservativ. Der Luftzug von der Tür hatte es in die Nähe der Deckenglühbirne getrieben, und als der Dekan gerade den Mund aufmachte, um zu sagen, daß es im Neuen Hof von den Dingern nur so wimmelte, stieß das über ihnen schwebende Exemplar gegen die Birne und explodierte. Genauer gesagt ereigneten sich drei Explosionen: Zuerst explodierte das Präservativ, dann die Glühbirne, und drittens – was besonders erschreckend war – fing das Gas Feuer. Für einen Augenblick von der Stichflamme geblendet und des Lichts der Birne beraubt, standen der Dekan und Skullion im Dunkeln, während es Glassplitter und Gummifetzen auf sie herabregnete.
»Es gibt draußen noch viel mehr von der Sorte«, sagte der Dekan endlich und ging voraus in die Nachtluft. Skullion griff nach seiner Melone und setzte sie auf. Dann holte er seine Taschenlampe hinter der Theke hervor und folgte dem Dekan. Hinter dem Portikus leuchtete Skullion mit der Taschenlampe in den Neuen Hof.
Zusammengekauert wie eine Horde beinloser Tiere, glitzerten über zweihundert Präservative im Licht der Lampe. Eine leichte frühmorgendliche Brise war aufgekommen, und mit ihr stiegen ein paar prall mit Gas gefüllte Kondome auf, was so aussah, als wollten sie ihre weniger aktiven Nachbarn besteigen, während die ganze Masse wogte und waberte. Das eine oder andere stieß bereits gegen die Fenster im ersten Stock. »Mein Gott«, sagte Skullion despektierlich. »Ich will, daß sie verschwunden sind, bevor es hell wird, Skullion«, sagte der Dekan. »Niemand darf davon erfahren. Der Ruf des Colleges, Sie verstehen.«
»Jawohl, Sir«, sagte Skullion. »Ich werde sie entfernen. Überlassen Sie das mir.«
»Gut, Skullion«, sagte der Dekan und verschwand nach einem letzten angewiderten Blick auf die obszöne Herde im Aufgang zu seiner Wohnung.
Mrs. Biggs nahm ein Bad. Sie hatte Badesalz in das Wasser gestreut, und der rosa Schaum paßte zur Farbe ihrer rüschenbesetzten Badekappe. Ein Badeabend war für Mrs. Biggs etwas ganz Besonderes. In der Abgeschiedenheit ihres Badezimmers fühlte sie sich von allen Zwängen der Vernunft befreit. Wenn sie auf der rosa Badematte stand und sich im beschlagenen Spiegel betrachtete, gelang es ihr fast, sich vorzustellen, sie sei wieder jung. Jung, frei und ungebunden; und Zipser gefiel ihr. Das stand für sie fest, genauso wie feststand, daß sie Zipser gefiel. Sie trocknete sich sorgsam ab, zog ihr Nachthemd an und begab sich in ihr Schlafzimmer. Nach dem Zubettgehen stellte sie den Wecker auf drei Uhr morgens. Mrs. Biggs wollte früh aufstehen. Sie hatte viel vor. Im Morgengrauen verließ sie das Haus und strampelte durch Cambridge. Sie schloß ihr Fahrrad in der Nähe der Rundkirche ab und ging durch die Trinity Street zum Seiteneingang von Porterhouse, den sie mit einem Schlüssel öffnete, den sie noch von früher besaß, als sie dem Kaplan das Bett gemacht hatte. Sie lief durch den Kantinengang, kam beim Portikus heraus und wollte gerade den Neuen Hof betreten, als ein seltsames Geräusch sie abrupt innehalten ließ. Sie spähte durch das Tor: In der Dämmerung machte Skullion Jagd auf Ballons. Oder auf etwas Ähnliches. Jagd machen war nicht richtig: es sah eher wie Tanzen aus. Er sprang, hüpfte und tollte umher. Seine Arme streckte er sehnsüchtig nach dem aus, was beschwingt außerhalb seiner Reichweite schwebte, als wolle es den Pförtner foppen. Kreuz und quer tobte die absonderliche Hatz durch den uralten Innenhof, und als es gerade schien, als würde das Ding über die Mauer in den Garten entkommen, gab es einen lauten Knall, und was auch immer es gewesen war, hing schlaff und zerfleddert, wie eine späterblühte Knospe, in den Zweigen einer Kletterrose. Skullion blieb keuchend stehen und starrte zu seinem Beutestück hoch; dann machte er kehrt, anscheinend von dem Schicksal seines Opfers beflügelt, und rannte auf den Portikus zu. Während Skullion vorbeiraste, zog Mrs. Biggs sich in die Dunkelheit des Kantinenganges zurück, und erst als sie sah, daß er auf das Pförtnerhäuschen zusteuerte,
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