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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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schon sagen, Cathcart«, meldete sich der Dekan, »ich wünschte, Sie wären nicht so sprunghaft. Was soll das heißen? ›Sähe nicht gut aus‹ und ›Aber auch keine schlechte Idee‹. Die beiden Aussagen widersprechen sich.«
    »Sieht schlecht aus für Sir Godber«, sagte der General. »Schlechte Publicty für einen Sozialisten. Schlagzeilen. Sehe sie schon vor mir. Würde es nicht wagen. Haben ihn.« Langsam und unscharf, im Schrapnellbeschuß der Worte Sir Cathcarts, begriff der Dekan, worauf dieser hinauswollte. »Ah«, sagte er.
    Der General blinzelte mit einem nicht mehr taufrischen Auge. »Ist doch was, wie?« fragte er.
    Der Dekan beugte sich ungeduldig vor. »Haben Sie schon mal von einem Burschen namens Carrington gehört? Cornelius Carrington? Denkmalpfleger. Bekannter Fernsehmann.« Er merkte zwar, daß ihn der General mit seinem Stakkato mittlerweile infiziert hatte, doch in der momentanen Aufregung ging dieser Gedanke wieder verloren. Sir Cathcarts Augen strahlten nun hell, und seine Nüstern waren gebläht wie die eines bronzenen Schlachtrosses.
    »Unser Mann. Ehemaliger Porterhouse-Student. Genau sein Fall. Was Besseres gibt’s nicht. Unangenehmer Bursche.«
    »Eben«, sagte der Dekan. »Können Sie das arrangieren?«
    »Werde ihn einladen. Wird begeistert annehmen. Snob. Man setzt ihn auf die Spur an, und schon legt er los.« Mit zufriedenem Lächeln trank der Dekan seinen Gin aus. »Das ist genau die richtige Situation für ihn«, sagte er, »und auch wenn mir der Gedanke an noch mehr Rummel zuwider ist – dieser elende Zipser hat uns in dieser Hinsicht, wie Sie wissen, ja genug Ärger gemacht –, könnte ich mir durchaus vorstellen, daß Freund Carrington Sir Godber Grund zur Sorge liefern wird. Glauben Sie ganz bestimmt, daß er kommt?«
    »Wird die Gelegenheit beim Schopf packen. Dafür sorge ich schon. Sind im selben Club. Keine Ahnung, warum. Gehört eigentlich rausgeschmissen«, sagte der General. »Werde das morgen klarmachen.«
    Als der Dekan an diesem Abend Schloß Coft verließ, war er ein glücklicherer Mann. Als er rechtzeitig zum Abendessen aus seinem Auto gewankt war und an dem Pförtnerhäuschen vorbeikam, sah er, wie Skullion dasaß und ins Gasfeuer starrte. »Muß ihn fragen, wie wir abgeschnitten haben«, murmelte der Dekan und betrat das Haus.
    »Ah, Skullion«, sagte er, als der Pförtner aufstand, »ich konnte heute nachmittag nicht zur Regatta kommen. Wie ist es gelaufen?«
    »Wurden geschlagen, Sir«, antwortete Skullion deprimiert. Der Dekan schüttelte betrübt den Kopf.
    »Wirklich schade«, sagte er. »Ich hatte eigentlich gehofft, wir wären heute besser. Immerhin gibt es ja noch eine Chance im Mai.«
    »Ja, Sir«, sagte Skullion, aber, so schien es dem Dekan, ohne den gewohnten Enthusiasmus.
    »Der arme Kerl wird alt«, dachte der Dekan, als er an den roten Warnlampen vorbeistolperte, die die von Zipsers Fanal übriggebliebenen Trümmer sicherten.

Kapitel 13
    Cornelius Carrington fuhr mit dem Zug nach Cambridge. Es stand im Einklang mit der für seine Sendungen charakteristischen gehobenen Nostalgie, daß er im Bahnhof Liverpool Street in den »Fenman« stieg und auf der ganzen Fahrt im Speisewagen über die so plötzlich erfolgte Einladung Sir Cathcarts nachsann, während er seine Mitreisenden beobachtete und den Nachmittagstee der British Rail genoß. Als der Zug an den Wohnsiedlungen und Fabriken von Hackney vorbei nach Ponders End ratterte, zog sich Carrington aus der rauhen Realität in eine selbstgeschaffene Phantasiewelt zurück und dachte darüber nach, ob er noch einen zweiten getoasteten Teekuchen zu sich nehmen sollte. Seine Welt war verschwommen und unscharf aufgrund seiner eigenen Unsicherheit, die er mit dem Herbeten öffentlicher Wahrheiten kaschierte, was ihn wie ein nachsichtiger Jeremia wirken ließ. Es war eine beruhigende und vertraute Erscheinung, die im Laufe des Jahres sporadisch, aber rechtzeitig immer wieder auftauchte, um die Gegenwart zu geißeln, was um so willkommener war, als er die jüngere Vergangenheit billigte. Waren Spannbeton und Wohnhochhäuser Cornelius Carrington ein Greuel, das er aus sozialen, moralischen und ästhetischen Gründen verdammte, so bestätigte seine Verherrlichung von Rauhputz, Pseudo-Tudor und Mosaikpflaster die Überlegenheit der Vororte und versicherte seinen Zuschauern, daß die Welt im rechten Lot war, obwohl in Wirklichkeit nichts in Ordnung war. Nicht daß seine Kreuzzüge sich auf die Architektur

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