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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Laden hier gehöre ihm. Er muß verschwinden.« Diesmal widersprach der Schatzmeister ausnahmsweise nicht. In seinen Augen würde Porterhouse ein angenehmerer Ort sein, sobald Skullion nicht mehr seinen verderblichen Einfluß im Pförtnerhäuschen ausübte.
    »In ein paar Jahren hat er das Rentenalter erreicht«, sagte er. »Meinen Sie nicht, wir sollten so lange warten ...« Doch Sir Godber wollte nichts davon wissen. »Ich glaube nicht, daß wir warten können«, sagte er. »Hier ist einfach jemand überflüssig. Es besteht genausowenig Bedarf an zwei Pförtnern, wie es nötig ist, ein Dutzend debiler Küchenhilfen zu beschäftigen, wenn ein tüchtiger Mann diese Arbeit allein erledigen könnte.«
    »Aber Skullion wird auch nicht jünger. Er ist ein alter Mann«, gab der Schatzmeister zu bedenken, vor dem sich die entsetzliche Aussicht auftürmte, Skullion klarzumachen, seine Dienste würden nicht länger benötigt.
    »Genau meine Rede. Den jungen Unterpförtner können wir wohl kaum rausschmeißen, bloß um Skullion einen Gefallen zu tun, der, wie Sie selbst sagen, in ein paar Jahren ohnehin auf Rente geht. Wir können uns keine Sentimentalitäten leisten, Schatzmeister. Sie müssen mit Skullion reden. Schlagen Sie ihm vor, er möge sich nach einer anderen Beschäftigung umsehen. Es muß für ihn doch etwas geben, das er tun kann.« Was das betraf, hatte der Schatzmeister nicht den leisesten Zweifel, und er wollte gerade vorschlagen, Skullions Entlassung zu verschieben, bis sie wüßten, was der Verkauf der Rhyder Street an zusätzlichen Mitteln einbrächte, als Lady Mary ihm einen Knüppel zwischen die Beine warf.
    »Mir ist ehrlich unbegreiflich, warum nicht eine Frau den Beruf eines Pförtners ausüben könnte«, sagte sie. »Das würde mal einen Bruch mit der Tradition bedeuten, und außerdem macht eine Empfangssekretärin ohnehin nichts anderes.« Sir Godber und der Schatzmeister drehten sich um und starrten sie an.
    »Godber, glotz nicht so«, sagte Lady Mary. »Meine Liebe ...«, hob Sir Godber an, doch Lady Mary war nicht zum Streiten aufgelegt.
    »Eine Pförtnerin«, erklärte sie kategorisch, »wird mehr als alles andere beweisen, daß im College das zwanzigste Jahrhundert Einzug gehalten hat.«
    »Es gibt aber in ganz Cambridge kein College mit einer Pförtnerin«, sagte der Schatzmeister.
    »Dann wird’s ja langsam Zeit«, herrschte Lady Mary ihn an. Besorgt verließ der Schatzmeister das Haus des Rektors. Lady Marys Eingreifen hatte seine Hoffnungen zunichte gemacht, das Problem Skullion solange zu vertagen, bis der Pförtner sich entweder bei den anderen Fellows unbeliebt gemacht hatte oder zur Besinnung gekommen war. Die Vorstellung, dem Oberpförtner nahelegen zu müssen, er solle gefälligst sein Bündel schnüren, lag dem Schatzmeister schwer im Magen. Einen kurzen Moment lang spielte er sogar mit dem Gedanken, den Dekan um Rat zu fragen, doch aus dieser Ecke konnte er wohl kaum Hilfe erwarten. Als er für den Rektor Partei ergriff, hatte er die Brücken hinter sich verbrannt. Jetzt konnte er schlecht schon wieder die Seiten wechseln. Er betrat sein Büro und setzte sich an den Schreibtisch. Sollte er Skullion einen Brief schreiben oder mit ihm reden? Er war geneigt, den unpersönlichen Brief zu wählen, doch sein Anstand siegte über seine natürliche Ängstlichkeit. Er nahm den Hörer ab und wählte die Nummer des Pförtnerhäuschens. »Am besten bringe ich es schnell hinter mich«, sagte er und wartete geduldig, bis Skullion abnahm.
    Die Aufforderung, im Büro des Schatzmeisters zu erscheinen, erreichte Skullion in einem seiner seltenen melancholischen und selbstkritischen Momente. Seine Melancholie war nichts Außergewöhnliches, aber diesmal dachte Skullion dabei weniger an sich als an das College. Seit er seine Stellung im Pförtnerhäuschen angetreten hatte, verlor Porterhouse an Ansehen, und in seinem stummen Gedankenaustausch mit dem Gasfeuer war Skullion zu dem Schluß gekommen, daß er sich gegenüber dem Dekan und den Fellows ein wenig ungerecht verhielt. Was Sir Godber tat, konnten sie schließlich nicht ändern. An allem war der Rektor schuld. Man konnte niemand anders verantwortlich machen. Während dieses kurzen Anfalls von Reue war er ans Telefon gegangen.
    »Möchte wissen, was er will«, murmelte er, als er den Hof überquerte und an die Tür des Schatzmeisters klopfte. »Ah, Skullion«, sagte der Schatzmeister mit nervöser Leutseligkeit, »schön, daß Sie kommen konnten.«

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