Schwanenschmaus im Porterhouse
richten«, sagte der Dekan. »Er ist schuld, daß wir jetzt auf reiche Eltern angewiesen sind.«
»Aber wir haben es verkraftet«, beteuerte Sir Cathcart, »und diesen Quatsch werden wir auch verkraften. Nichts als neumodisches Zeug, diese sogenannte Gleichheit, Schall und auch. Trinken Sie einen.« Er stand auf und ging zu den Waverley-Romanen hinüber. »Scotch?« Verdutzt betrachtete der Dekan die Bücher.
»Scott?« fragte er. Er hätte nie geglaubt, daß sich Sir Cathcart auch nur im entferntesten für Literatur interessierte, außerdem kam dieser plötzliche Themenwechsel sehr überraschend. »Wenn Ihnen Sherry lieber ist?«, sagte Sir Cathcart und wies auf eine hübsch gebundene Ausgabe von Lavengro. Gereizt schüttelte der Dekan den Kopf. Sir Cathcarts Karikatur einer Bibliothek hatte etwas ausgesprochen Vulgäres. »Runter mit dir vielleicht?« Der Dekan schüttelte den Kopf.
»Gar nichts, danke«, sagte er. Sir Cathcart genehmigte ich ein Gläschen aus Rob Roy und nahm wieder Platz. »Proust«, sagte er und hob sein Glas. Der Dekan starrte im böse an. Langsam ging ihm Sir Cathcarts Albernheit auf die Nerven. Schließlich war er nicht nach Schloß Coft gekommen, um sich mit dem flüssigen Inhalt der Bibliothek abfüllen zu lassen.
»Cathcart«, sagte er in entschiedenem Ton, »wir müssen etwas unternehmen, um diesen Blödsinn aufzuhalten.« Der General nickte, »Unbedingt. Stimme Ihnen zu.«
»Um Sir Godber aufzuhalten, ist wohl mehr als nur Zustimmung erforderlich«, fuhr der Dekan fort. »Handeln ist das Gebot der Stunde, öffentlicher Druck, etwas in der Art.«
»Schwierig, die Sympathien der Öffentlichkeit zu bekommen, wenn Studenten rumlaufen und Gebäude in die Luft jagen. Ein wirklich unglaubliches Verhalten. Füllt der diese Kondome mit Gas. Sollte wohl ein Streich sein. Ging aber daneben.«
»Völlig daneben«, bestätigte der Dekan, der sich nicht vom Thema ablenken lassen wollte.
»Allerdings«, sagte Sir Cathcart, »kann ich mich auch an ein paar sehr sonderbare Streiche erinnern. Als ich zur Armee kam, war gerade besonders beliebt, einen Pariser mit Wasser zu füllen und einem Kameraden ins Bett zu legen, wenn er nicht da war.
Obere Koje, Sie verstehen schon. Der kommt zurück. Legt sich ins Bett. Steckt seinen Zeh in das Ding. Bursche in der unteren Etage wird pudelnaß.«
»Sehr amüsant«, knurrte der Dekan.
»Es kommt noch besser«, versprach der General. »Kerl unten glaubt, Kerl oben hat ins Bett gemacht. Steht auf und vermöbelt ihn. Verflucht lustig, wenn zwei Kerle sich dermaßen vertrimmen.« Er trank seinen Whisky aus und erhob sich, um nachzufüllen. »Sie wollen Ihre Meinung auch bestimmt nicht ändern?« fragte er.
Der Dekan musterte nachdenklich die Bücherregale. Mittlerweile konnte er eine Stärkung vertragen. »Einen Pink Gin«, sagte er schließlich mit einem tückischen Glitzern in den Augen.
»Zola«, sagte der General prompt und griff nach einer Ausgabe von Nana. Der Dekan versuchte, sich zu sammeln. So langsam untergruben die Späße des Generals seine Konzentration. Schweigend schlürfte er seinen Gin, während der General sich einen Stumpen anzündete.
»Das Problem mit euch Akademikern ist«, sagte schließlich Sir Cathcart, der offenbar die Verwirrung des Dekans spürte, »daß ihr alles viel zu ernst nehmt.«
»Es handelt sich um eine ernste Angelegenheit«, sagte der Dekan.
»Habe nie was anderes behauptet«, erklärte Sir Cathcart. »Ich sagte bloß, daß Sie es ernst nehmen. Schwerer Fehler. Kennen Sie den Witz, den Göring im Nürnberger Gefängnis seinem Psychiater erzählt hat?«
Der Dekan schüttelte den Kopf.
»Über unterschiedliche Nationalitäten. Sehr aufschlußreich«, fuhr Sir Cathcart fort. »Nimmt man einen Deutschen, was hat man dann?«
»Na was denn?«
»Einen guten Arbeiter. Nimmt man zwei Deutsche, hat man einen Bund. Nimmt man drei Deutsche, hat man einen Krieg.« Der Dekan lächelte folgsam. »Sehr amüsant«, sagte er, »aber ich begreife wirklich nicht, was das mit dem College zu tun hat.«
»Bin noch nicht fertig. Nimmt man einen Italiener, hat man einen Tenor. Zwei Italiener sind ein Rückzug, drei Italiener bedingungslose Kapitulation. Nimmt man einen Engländer, hat man einen Idioten; zwei Engländer sind ein Club und drei Engländer ein Weltreich.«
»Sehr witzig«, sagte der Dekan, »aber auch ein wenig überholt, meinen Sie nicht? Uns scheint das Weltreich irgendwie abhanden gekommen zu sein.«
»Haben
Weitere Kostenlose Bücher