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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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... wir können unmöglich ein Geschenk von Ihnen annehmen«, stotterte der Schatzmeister. »Warum nicht?« wollte Skullion wissen.
    »Weil ... weil es nicht in Frage kommt. Sie werden das Geld selbst brauchen. Wenn Sie sich zur Ruhe setzen ...«
    »Ich setze mich nicht zur Ruhe«, sagte Skullion bestimmt. Der Schatzmeister erhob sich. Die Lage geriet langsam außer Kontrolle. Er mußte jetzt hart durchgreifen. »Über Ihren Ruhestand wollte ich mit Ihnen reden«, sagte er streng entschlossen. »Man hat entschieden, daß Sie sich in Ihrem eigenen Interesse nach einer anderen Beschäftigung umsehen.« Er schwieg und starrte aus dem Fenster. Hinter ihm war Skullion auf dem Stuhl in sich zusammengesunken.
    »Rausgeschmissen«, zischte er und stieß dabei die Luft aus, ein Geräusch, als hauche er seine Ungläubigkeit aus. Der Schatzmeister drehte sich begütigend um. »Nicht rausgeschmissen, Skullion«, entgegnete er aufmunternd. »Nicht rausgeschmissen, bloß ... nun ... es wäre in Ihrem eigenen Interesse, in unser aller Interesse besser, wenn Sie sich nach einer anderen Stelle umsähen.« Skullion starrte den Schatzmeister derart eindringlich an, daß dieser es mit der Angst zu tun bekam. »Das dürfen Sie nicht«, sagte er und stand auf. »Dazu haben Sie kein Recht, überhaupt kein Recht.«
    »Skullion«, begann der Schatzmeister warnend. »Sie haben mich rausgeschmissen«, brüllte Skullion, und sein Gesicht, das kurz erblaßt war, lief furchtbar rot an. »Nach all den Jahren, die ich dem College gedient habe, schmeißen Sie mich raus.«
    Dem Schatzmeister kam es vor, als sei Skullion zu einer erschreckenden Größe angeschwollen, die sein ganzes Büro füllte und ihn bedrohte. »Hören Sie, Skullion«, begann er, doch der Pförtner starrte ihn nur kurz an; dann machte er auf dem Absatz kehrt und eilte türenschlagend aus dem Büro. Matt und erschöpft ließ sich der Schatzmeister in seinen Sessel sinken. Für den blind über den Hof stolpernden Skullion waren die Worte des Schatzmeisters unglaublich. Vierzig Jahre – nein, fünfundvierzig Jahre hatte er dem College gedient. Er mußte sich an der Kante der Kantinentheke festhalten. Das Gefühl, gebraucht zu werden, für das College eine ebensolche Stütze zu sein wie der steinerne Sturz, an den er sich klammerte, für die Mauer über ihm – all dies hatte ihn verlassen oder verließ ihn, als Wellen der Erkenntnis über ihm zusammenschlugen und seine feste Überzeugung aushöhlten, er sei der Pförtner von Porterhouse und werde es immer bleiben. Schwer atmend schleppte Skullion sich die Stufen in den Alten Hof hinunter und ging steif auf das Pförtnerhäuschen und das tröstende Gasfeuer zu. Dort schob er sich an Walter vorbei und ließ sich in seinen Sessel fallen, wo er zusammengesackt hockte, immer noch unfähig, das ganze Ausmaß der Worte des Schatzmeisters zu begreifen. Seit Gründung des Colleges hatte es Skullions in Porterhouse gegeben. Darauf hatte er Lord Wurfords Wort, und mit einer derartigen beruflichen Kontinuität im Rücken schien es ihm nun, als stünde er am Rande der Welt, vor ihm nichts als ein Abgrund. Skullion schreckte vor dem Vergessen zurück. Es war einfach unbegreiflich. In seinem Zustand benommener Ungläubigkeit hörte er Walter wie in weiter Entfernung durch das Haus gehen.
    »Gutterby und Pimpole«, flüsterte Skullion; in seinem Elend erfolgte diese Anrufung seiner Kalenderheiligen ganz mechanisch.
    »Ja, Mr. Skullion?« sagte Walter. »Sagten Sie etwas?« Doch Skullion sagte nichts, und gleich darauf ging Walter nach draußen und ließ den undeutlich vor sich hinmurmelnden Oberpförtner allein zurück.
    «Übergeschnappt, der alte Sack«, dachte er ohne Bedauern. Doch Skullion war nur insofern nicht bei Sinnen, als ihn die Wut übermannt hatte. Kaum dämmerte ihm das ganze Ausmaß seines Verlustes, durchbrach der Zorn, der sich, seit Sir Godber Rektor geworden war, in ihm aufgestaut hatte, den Staudamm seiner Ehrerbietung und rauschte wie eine plötzliche Flutwelle durch die ausgetrockneten Wasserläufe seiner Gefühle. Jahrelang, vierzig Jahre lang, hatte er ihre Arroganz und unverschämten Anmaßungen ertragen und ihnen im Gegenzug einen durch nichts gerechtfertigten Respekt erwiesen; nun endlich, von all seinen Verpflichtungen befreit, verstärkte die Wut, die er nach all den Erniedrigungen unterdrückt hatte, die Wucht seines Zorns. Es schien fast so, als begrüße Skullion das Ende seiner Ansprüche, als habe er insgeheim die

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