Schwangerschaft ist keine Krankheit
Herzschlag, er erhält biochemische Signale über die Nabelschnur â und er erhält darüber hinaus Informationen über die psychische Verfassung seiner Mutter. Wissenschafter fanden heraus, dass Kinder von Müttern, die in der Schwangerschaft an Depressionen litten, später häufiger selbst psychisch krank sind. Dass dies nicht rein erblich bedingt ist, zeigte Curt Sandman daran, dass es den Babys nach der Geburt am besten ging, deren Mütter vor und nach der Geburt psychisch gesund waren.
Das ist nicht verwunderlich, aber sie stellten auch fest, dass es solchen Neugeborenen und Kleinkindern gut ging, deren Mütter bereits in der Schwangerschaft, aber auch danach depressiv waren. Schlechter entwickelten sich Kinder, die wechselnden Bedingungen ausgesetzt waren: Kinder von Schwangeren, die entweder vor der Geburt gesund und danach depressiv waren oder umgekehrt in der Schwangerschaft depressiv und nach der Geburt gesund. Diese Babys hatten keine Möglichkeit, die vorgeburtlich erlernten Muster später umzusetzen.
Wir wissen durch aktuelle Untersuchungen, dass sehr schwere Depressionen in der Schwangerschaft zu neurologischen Problemen beim Neugeborenen und zu einer Neigung zu psychischen Störungen führen können (Sandman 2011). Bei Frauen, die in der frühen Schwangerschaft sehr starke Ãngste in Bezug auf die Schwangerschaft haben, kann das Temperament des Ungeborenen dadurch beeinflusst werden (Blair 2011). Starke psychische Belastungssituationen, traumatische Erlebnisse oder gar die Misshandlung der Schwangeren haben tief greifende Auswirkungen auf die fetale Reifung und auf die Fähigkeit, Emotionen zu regulieren, sowie auf die geistige Leistungsfähigkeit der Kinder, wenn sie sechs bis acht Jahre alt sind.
Fazit: Das Ungeborene sammelt in der Gebärmutter Informationen für sein Leben nach der Geburt. Diese Informationen erhält es von seiner Mutter. Es findet eine Prägung grundlegender Prozesse im Gehirn des Babys und eine Bahnung neurologischer Entwicklungen statt, die später zur Basis psychischer Gesundheit oder psychischer Erkrankungen werden kann. Das folgende Kapitel wird sich eingehender mit diesem Thema befassen.
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GroÃe Chancen für Sie und Ihr Baby
Das Konzept der vorgeburtlichen Prägung birgt ungeahnt groÃe Chancen für Sie und Ihr Baby, denn wir wissen nun, dass wir Menschen durch unser Erbgut nicht festgelegt sind. Vielmehr haben wir die Möglichkeit, durch unser Verhalten bestimmte Gene »stummzuschalten« oder andere zu aktivieren. Sie selbst können lebenslange Stoffwechselvorgänge bei Ihrem Baby und bei sich selbst maÃgeblich bahnen.
Sie können durch vitaminreiche Kost und die Einnahme von Folsäure in einem sehr frühen Stadium â ja, bereits vor der Befruchtung der Eizelle â lebenswichtige Vorgänge im neuen, sich entwickelnden Organismus prägen. Auch Erkrankungen wie der sogenannte offene Rücken und die Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte können bei einem groÃen Teil der Ungeborenen auf diese Weise verhindert werden.
Durch die Vermeidung von Ãbergewicht und bewusste kohlenhydratarme Ernährung sowie ausreichende körperliche Bewegung können Sie bereits in den ersten Lebenswochen Ihres ungeborenen Kindes wichtige Weichen für dessen zukünftigen Zuckerstoffwechsel und späteres Gewicht stellen. Das gezielte strikte Vermeiden schädlicher Substanzen wie Nikotin und Alkohol sollte in der Schwangerschaft eigentlich selbstverständlich sein. Das ist es aber angesichts 10 000 alkoholgeschädigter Neugeborener pro Jahr in Deutschland, von denen 4000 sehr schwer geschädigt sind, leider nicht. Auch so geschieht eine lebenslange Prägung des Ungeborenen, allerdings in negativer Weise.
Die Befunde der epigenetischen Forschung werden die geburtsmedizinische Landschaft in Deutschland erheblich verändern. Bis jetzt finden sich allerdings noch keine Hinweise zur Epigenetik in Schwangerschaftsratgebern, und der Mutterpass hat auch noch keine gesonderte Rubrik »Epigenetik« eingerichtet. Die Geburtsvorbereitungskurse in Hebammenpraxen und Kliniken haben noch keine Kochschule für werdende Mütter integriert. Es gibt noch keine Rezepte der Krankenkassen für Schwangeren-Training auf dem Laufband bei Ãberschreiten eines bestimmten Körpergewichts.
Epigenetische Zukunftsvisionen
Als epigenetisch begründete Zukunftsvision könnte ich mir
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