Schwangerschaft ist keine Krankheit
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»Die (â¦)âºNaturâ¹ der heutigen Schwangerschaft (â¦) lässt sich nicht denken auÃerhalb einer Gesellschaft, in der Frauen davon überzeugt wurden, dass Mediziner ihnen sagen (â¦), wie frau das richtig erlebt.« (Duden 2002a)
Fallbeispiel: Gaby K., 29 Jahre
Gaby freut sich auf ihr Baby, mit 19 Schwangerschaftswochen ist bald »Halbzeit«. Sie ist als Friseurin selbstständig und steht Tag für Tag viele Stunden in ihrem Friseursalon. Sie fragt mich, welche Kurse sie besuchen soll. Ihre Freundin, die nicht berufstätig und ebenfalls schwanger ist, besucht einen Geburtsvorbereitungskurs, geht zum Schwangeren-Schwimmen und besucht regelmäÃig eine Körper-Selbsterfahrungsgruppe. Gaby ist verunsichert, ihr steht nicht so viel Zeit zur Verfügung. Wie viele Kurse soll und muss sie besuchen, um sich ausreichend auf die Geburt vorbereiten zu können? Ich rate ihr, einen einzigen Vorbereitungskurs zu besuchen. Dieser wird auf Wunsch als Wochenendkurs angeboten und steht so auch den berufstätigen Frauen zur Verfügung. Gaby berichtet mir, dass der Kurs sehr familiär abläuft, sie erhält dort wichtige Informationen und kann ein wenig entspannen. Sie freut sich auf jeden Kurstermin.
Fallbeispiel: Anette S., 23Â Jahre
Anette ist Hausfrau. Sie erwartet ihr erstes Kind und befindet sich in der 30. Schwangerschaftswoche. Sie berichtet von der ersten Sitzung ihres Geburtsvorbereitungskurses. Sie kam in eine Gruppe von zehn Frauen, die im Kreis saÃen. Die Kursleiterin, eine Hebamme, bat jede Frau, kurz ihre bisherigen Geburtserfahrungen und -erlebnisse zu schildern. Daraufhin erzählten die Frauen eine halbe Stunde lang Geschichten vom Wehenschmerz, von nicht wirkenden oder zu spät gegebenen Schmerzmitteln unter der Geburt, von starken Blutungen, vom Herztonabfall des Kindes unter der Geburt, von 25 Stunden andauernder Wehentätigkeit, vom Notfall-Kaiserschnitt, vom Fruchtblasensprung während des Einkaufs im Supermarkt und zahlreichen weiteren einprägsamen Negativerlebnissen. Diese Flut theatralisch dargestellter Geburtserlebnisse demoralisierte Anette erheblich. Im weiteren Verlauf des Kurses bemühte sich die Hebamme zwar um eine realistischere Vermittlung der Vorgänge während einer Geburt und um die Abmilderung der berichteten Ereignisse. Dennoch nahm Anette eine groÃe Geburtsangst mit nach Hause.
Fallbeispiel: Eva S., 32 Jahre
Eva ist als Ãrztin für Allgemeinmedizin tätig. Sie ist mit ihrem zweiten Kind schwanger und 28 Schwangerschaftswochen weit. Sie besucht einen Geburtsvorbereitungskurs für Mehrgebärende. Eva berichtet über eine esoterisch-verklärende Atmosphäre mit Aromaöl und gedämpftem Licht. In ironischem Ton erzählt sie mir, frau übe dort »tiefes Zum-Kind-Atmen«, berichte über ihre Körperwahrnehmungen und führe Gespräche über das geplante Stillen. Obwohl sie »alles zu wissen« glaubt, geht Eva dorthin, weil sie auch einmal unter anderen Frauen sein möchte. Auf diese Weise habe sie etwas Zeit für sich. Sie möchte sich im Kurs gezielt ihrem ungeborenen Baby zuwenden, das »bisher leider unbeachtet nebenhergelaufen« sei. Mit einem schelmischen Lächeln fügt sie hinzu: »Wenn ich den anderen Kursteilnehmerinnen erzählen würde, dass ich einen Kaiserschnitt möchte und voraussichtlich nicht stillen werde, dann schmeiÃen die mich wahrscheinlich raus.«
Der Geburtsvorbereitungskurs und die Idee dahinter
Laut Angaben eines aktuellen Lehrbuchs des Bundes Deutscher Hebammen ist die Geburtsvorbereitung eine »Strategie der Gesundheitsförderung«. Als Ziele werden dort angegeben, dass Schwangere und ihre Partner im Geburtsvorbereitungskurs lernen sollen, »ihre individuellen Gesundheitsbedürfnisse im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit zu erkennen und entsprechende Entscheidungen auf der Basis guter Informationen treffen zu können.« (Krahl 2008) Das sind hochgesteckte Ziele.
Moderne Konzepte der Geburtsvorbereitung enthalten EntspannungsÂtechniken und wollen Informationen vermitteln, die den Kreislauf aus Angst â Spannung â Schmerz durchbrechen können. Zudem haben sich die Hebammen unter anderem folgende Ziele auf die Fahnen geschrieben:
⢠ein verbessertes Gesundheitsbewusstsein,
⢠Stressmanagement und Reduzierung von Angst,
⢠Förderung der
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