Schwangerschaft ist keine Krankheit
bezeichnet. Die Frau von Ex-Tennisprofi Boris Becker, Lilly Becker, wählte den Kaiserschnitt, weil sie nicht wusste, ob sie den Geburtsschmerz ertragen könne. Weitere »Kaiserschnitt-Promis« sind Angelina Jolie und Britney Spears. Ob das Vorbild der Prominenz für schwangere Frauen so verlockend ist, sei dahingestellt.
Leider gibt es keine offiziellen Statistiken zu den tatsächlich durchgeführten Wunsch-Kaiserschnitten. Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen von 2 bis 7 Prozent (Lutz und Kolip 2006, Hellmers 2005, Hildingsson et al. 2002). Der Wunsch-Kaiserschnitt ist also nicht, wie immer wieder behauptet wird, ein Massenphänomen, sondern ein durch die Medien hochgespieltes Randphänomen.
Die Diskussion um den Wunsch-Kaiserschnitt begann im Jahr 1996, als britische Geburtshelferinnen befragt wurden, ob sie bei einer fiktiven Erstschwangerschaft ohne jede medizinische Notwendigkeit einen Kaiserschnitt wählen würden: 31 Prozent der Befragten hätten aus verschiedenen Gründen einen geplanten Kaiserschnitt gewählt (Al-Mufti 1996). In den USA würden sogar 50 Prozent der Frauenärzte den Kaiserschnitt wählen (Ritzinger 2006). Eine Umfrage in Nordrhein-Westfalen ergab, dass 6,1 Prozent der Frauenärztinnen und 7,7 Prozent der Frauenärzte einen geplanten Kaiserschnitt einer spontanen Geburt vorziehen würden. Die befragten Hebammen hingegen lehnen den geplanten Kaiserschnitt zu 100 Prozent für sich ab, da sie das emotionale Geburtserlebnis nicht vermissen wollten.
Auf Empfehlung des Arztes
Als wichtigsten Grund für die persönliche Entscheidung der Frauen zum geplanten Kaiserschnitt gaben 60 Prozent der Frauen in der GEK-Kaiserschnittstudie an, diese Entscheidung auf Empfehlung des Arztes zu treffen (Lutz und Kolip 2006). An zweiter und dritter Stelle werden die ungünstige Lage des Kindes und die Sorge um das Baby angegeben.
Die ärztliche Empfehlung zum Kaiserschnitt als Hauptgrund der Entscheidung zum Kaiserschnitt â wie war das mit der eingangs gestellten Frage nach der Selbstbestimmtheit der Frauen?
Fazit: Betrachten wir die vorangegangenen Kapitel dieses Buches, so wird offensichtlich: Die Schwangerenbetreuung wird von Risiko- und Sicherheitsdenken dominiert. Der Arzt steht unter juristischen Zwängen, er akzentuiert daher Risiken. Dieses Risikodenken gibt er an Sie als Schwangere weiter, es wird in Ihrem »Sicherheitsbedürfnis« erwidert und gespiegelt. Beratung ist immer auch Beeinflussung. So ist erklärbar, dass viele schwangere Frauen sich angeblich »selbstbestimmt« für einen Kaiserschnitt entscheiden. In Wirklichkeit jedoch wird nur das ärztliche risikozentrierte Denken verinnerlicht und in die Tat umgesetzt.
Für die folgenden Absätze folgen wir ein Stück weit dem Risikodenken und betrachten die Risiken der Spontangeburt und des Kaiserschnittes für Mutter und Kind. Als Grundlage sollen uns die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe der Arbeitsgruppe Medizinrecht dienen (AWMF-Leitlinie Nr. 015/054).
Ihr Risiko beim Kaiserschnitt
Die Sterblichkeit der Mutter bei einem Kaiserschnitt sank in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich und ist heute extrem gering. In den Jahren 2001 bis 2006 betrug sie nur noch 0,02 Prozent. Aktuell kommt ein mütterlicher Sterbefall auf 57 300 Kaiserschnitte. Vergleicht man das Sterblichkeitsrisiko von spontaner vaginaler Geburt und Kaiserschnitt, so beträgt das Verhältnis 1 zu 2,6.
Dieser Risikovergleich fällt für den Kaiserschnitt noch wesentlich vorteilhafter aus, wenn man nur die geplanten Kaiserschnitte betrachtet und alle Notfalleingriffe, alle eiligen oder ungeplanten Eingriffe ausblendet. Dann ist das mütterliche Risiko fast ebenso niedrig wie bei der spontanen Geburt.
Bei geplanten Kaiserschnitten gibt es heutzutage nicht mehr mütterliche Todesfälle als bei spontanen Geburten. Dies ist vor allem den Fortschritten bei den Operations- und Narkosetechniken, der konsequenten Thrombose-Vorbeugung und dem Einsatz von Antibiotika zu verdanken.
Komplikationen und Spätfolgen
Allerdings sind Komplikationen und Spätfolgen des Kaiserschnittes zu beachten, von denen eine unschöne Narbenheilung das geringste Problem darstellt. In der Folge eines Kaiserschnitts kann es zu schwerwiegenden Fehllagen des Mutterkuchens in der folgenden Schwangerschaft kommen. Man spricht
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