Schwanzgesteuert? Band 1
mehr und morgen – morgen will ich ihm wieder ein Eis bringen. Heute verschwindet der Handwerker stumm, ohne dass ich es mitbekomme. Er muss den Moment genutzt haben, als auf der Terrasse besonders viel los war.
Am nächsten Morgen schleicht Jack durch die Eisdiele nach hinten, während ich gerade Kunden bediene. Nachdem ich den letzten Eissüchtigen abgefertigt habe, laufe ich nach hinten, um ihn zu begrüßen. Eine Staubwolke kommt mir entgegen, als ich die Klotür vorsichtig öffne. Jack hustet und ich fühle auch einen Reiz in der Kehle. Nachdem sich der Staub etwas gelegt hat, guckt Jack mich an und murmelt ein ‚morgen‘.
„Morgen Jack, magst du einen Kaffee?“, frage ich munter.
Er nickt und wendet den Blick ab. Oh Mann, das wird wirklich ein hartes Stück Arbeit, diesen schüchternen Kerl aus der Reserve zu locken. Ich laufe zur Espressomaschine und bereite pfeifend einen Cappuccino vor, mit dem ich breit grinsend zu Jack zurückkehre. Dieser ist gerade dabei, die letzte Wand und ein Stück des Fußbodens zu spachteln. Nach einem WC sieht der Raum immer noch nicht aus, einzig die Rohre, die aus der Wand ragen, zeugen von den ehemals vorhandenen Keramikelementen.
„Jack, ein Cappuccino für dich“, flöte ich und ihm fällt vor Schreck das Werkzeug aus der Hand.
Langsam dreht er sich zu mir herum, starrt verständnislos den Becher an und streckt schließlich den Arm aus, um ihn mir abzunehmen. Er will mich mit einem gemurmelten ‚Danke‘ entlassen, aber mir steht der Sinn nach einem Pläuschchen, außerdem ist Franjo vorne und bedient die Kunden, also Zeit für eine erste Anbaggerei.
„Wohnst du in Hamburg?“, frage ich, lässig gegen den Türrahmen gelehnt.
„Ja“, wispert Jack und nimmt vorsichtig einen Schluck des Heißgetränks.
„Machst du das gerne – Rohre verlegen und so?“ Hier wackle ich anzüglich mit den Augenbrauen.
„Mhm“, brummt er.
„Und – gehst du auch mal weg – abends?“
„Nö, nicht so gern.“
„Was machst du denn so in deiner Freizeit? Ach so, bist du eigentlich verheiratet?“, frage ich und beglückwünsche mich selbst zu dem neutralen Tonfall.
„Nein, bin ich nicht“, nuschelt Jack und pustet dabei in den Becher.
„Also bist du – ledig? Dann musst du doch weggehen, um eine Frau zu finden“, sage ich jovial, wie ein väterlicher Freund, dabei kreuze ich entspannt die Füße und finde, dass ich das hier sehr gut mache.
Stille, nur unterbrochen von leisen Schlürfgeräuschen, wenn Jack an dem Becher nuckelt. Was ist los – falsche Frage?
„Jack, du kannst doch nicht zuhause sitzen und warten, bis deine Zukünftige klingelt“, hake ich nach, als es mir zu dumm wird.
„Stimmt“, gibt er zu und guckt schüchtern zu mir.
„Na dann – geh tanzen. Wir können auch mal zusammen für dich auf Brautschau gehen.“ Das ist jetzt allerdings gewagt: Nimmt er es für bare Münze, dann muss ich mit ihm durch Hetenschuppen laufen und eine Frau aussuchen. Lehnt er ab – nun, dann wäre ich einen Schritt weiter.
Jack druckst herum, trinkt den Cappuccino aus und reicht mir den Becher. Sein Blick ist gesenkt und huscht nur kurz zu meinem Gesicht. Ich sehe, wie er an seiner Unterlippe kaut und warte. Schließlich läuft ein Ruck durch den Handwerker, er strafft sich und holt hörbar Luft.
„Ich – steh nicht auf Frauen“, sagt er mit leicht belegter Stimme.
Nun sieht er so aus, als warte er auf einen Bombeneinschlag, fehlt nur noch, dass er die Arme schützend über den Kopf hält. Ich muss grinsen, zum einen wegen des Anblicks, zum anderen, weil mein Schwarm in meiner Liga spielt.
„Ich auch nicht.“ Ich zwinkere ihm vertraulich zu und drehe mich zur Tür. Jack gibt keinen Mucks von sich und ich beschließe, dass der arme Kerl das erst mal verdauen muss.
Bis zum frühen Nachmittag höre ich kaum Geräusche von hinten. Nur gelegentlich rennt Jack mit gesenktem Kopf und hochgezogenen Schultern durchs Café, um Material oder Werkzeug zu holen. Er muss inzwischen zum Fliesenleger mutiert sein, denn er schleppt Karton um Karton mit Kacheln an mir vorbei. Bei einem dieser Gänge treffen sich unsere Blicke und ich entdecke Interesse. Mein Herz springt plötzlich wie verrückt und jubelt. Ich habe eine Chance!
Diese kann ich heute allerdings nicht wahrnehmen, denn dank des Sommerwetters brummt der Laden wie verrückt. Gegen späten Nachmittag kommt Jack erneut vorbei. Das T-Shirt hat er sich um den Hals geschlungen und der Oberkörper ist
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