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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Tracht der Hochländer, den König des Festes.
    Alles das bewies, wie Simon Ford gern behauptete, daß Coal-City schon mit der Hauptstadt von Schottland rivalisiren konnte; jener Stadt, welche der Kälte des Winters, der Hitze des Sommers, der Unbill einer manchmal abscheulichen Witterung ausgesetzt war und durch ihre durch den Rauch der vielen Schornsteine verpestete Atmosphäre den Beinamen des »alten Rauchfanges« 1 gewiß rechtfertigte.
Fußnoten
    1
Auld Reesky
. Spottname für das alte Edinburgh.
     

Vierzehntes Capitel.
Am letzten Fädchen hängend.
    Jetzt, nach Befriedigung ihrer innigsten Wünsche, fühlte sich Simon Ford’s Familie wirklich glücklich. An Harry allein, der schon von Natur einen etwas verschlosseneren Charakter besaß, hätte man beobachten können, daß er mehr und mehr »in sich gekehrt« blieb, wie Madge zu sagen pflegte.
    Selbst Jack Ryan gelang es trotz seiner »ansteckenden«, guten Laune nicht, ihn umzuwandeln.
    Eines Sonntags im Monat Juni gingen die beiden Freunde am Ufer des Malcolmsees spazieren. Coal-City feierte. Draußen tobte ein stürmisches Wetter. Heftige Regengüsse entwickelten aus der erhitzten Erde einen warmen, fast erstickenden Brodem.
    In Coal-City dagegen herrschte die tiefste Ruhe, die angenehmste Temperatur, und gab es weder Regen noch Wind. Hier verrieth nichts den Kampf der Elemente in der Oberwelt. Aus Stirling und dessen Umgegend strömten Spaziergänger herzu, um sich an der angenehmen Frische des Kohlenwerkes zu erquicken.
    Die elektrischen Apparate übergossen Alles mit einem Lichtglanz, um den es die für einen Sonntag etwas gar zu nebelverhüllte Sonne Britanniens beneidet hätte.
    Jack Ryan machte seinen Kameraden Harry auf den außerordentlichen Andrang von Besuchern aufmerksam: dieser nahm seine Worte aber nur mit sehr getheilter Aufmerksamkeit auf.
    »Sieh doch, Harry, begann er, welches Gedränge von Gästen! Komm, Freund! Verscheuche Deine trüben Gedanken! Du wirst die Leute von oben auf den Gedanken bringen, daß man sie um ihr Schicksal beneiden könne.
    – Lieber Jack, antwortete Harry, sorge Dich nicht um mich! Du bist ja lustig für Zwei, das genügt schon.
    – Hol’ mich der alte Nick! versetzte Jack, wenn Deine Melancholie mich nicht zuletzt mit ansteckt! Meine Augen werden trüber, die Lippen pressen sich zusammen, das Lachen bleibt mir in der Kehle stecken und zum Singen fehlt mir das Gedächtniß. Sprich, Harry, was fehlt Dir?
    – Du weißt es ja, Jack.
    – Noch immer dieser Gedanke…
    – Noch immer.
    – Du armer Harry, erwiderte Jack Ryan achselzuckend, wenn Du, wie ich, alles das auf Rechnung der Berggeister setztest, würdest Du weit ruhiger sein.
    – Du weißt wohl, Jack, daß diese Gnomen und Feen nur in Deiner Einbildung existiren, und daß sich seit Wiederaufnahme der Arbeiten kein einziger mehr in Neu Aberfoyle hat blicken lassen.
     

    Man tanzte an den Ufern des Malcolmsees. (S. 118.)
     
    – Zugegeben, Harry! Doch wenn sich die Berggeister nicht mehr zeigen, so scheint mir nur, zeigen sich die Wesen, denen Du alles dieses zuschreiben willst, desto weniger.
    – Ich werde sie wiederzufinden wissen, Jack.
    – O Harry! Harry! Die Geister von Neu-Abersoyte sind nicht so leicht zu fangen.
     

    »Und sollte es mein Leben kosten, ich muß hier klar sehen lernen!« (S. 123.)
     
    – Ich will sie schon entdecken, Deine vermeintlichen Geister! erwiderte Harry mit einem Tone der festesten Ueberzeugung.
    – Du gedenkst sie also zu bestrafen?…
    – Zu bestrafen und sie zu belohnen, Jack. Wenn die eine Hand uns in jener Galerie eingesperrt hatte, so vergesse ich dabei nicht, daß eine andere uns zu Hilfe gekommen ist! Nein, nein, das vergesse ich niemals.
    – Bist Du aber, entgegnete ihm Jack Ryan, auch überzeugt, daß diese beiden Hände nicht ein und demselben Wesen angehören?
    – Warum, Jack? wie kommst Du auf diesen Gedanken?
    – Ja, zum Kuckuck… Du weißt… Harry! Die Wesen, welche in diesen Abgründen hausen… sind nicht so wie wir gebaut!
    – Jene aber sind ganz unseres Gleichen, Jack!
    – Nein, Harry, nein… wäre es übrigens nicht möglich, daß hier ein Geisteskranker sein Wesen triebe…
    – Ein Geisteskranker? erwiderte Harry; ein Wahnsinniger, in dessen Ideen eine solche Folgerichtigkeit herrschte! Ein Verrückter, jener Bösewicht, der seit dem Tage, da er die Leitern im Yarow-Schachte zerstörte, uns unausgesetzt zu schädigen suchte!
    – Er thut es aber nicht mehr, Harry. Seit drei Jahren ist

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